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Der Sandner und die Ringgeister

Der Sandner und die Ringgeister

Titel: Der Sandner und die Ringgeister Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roland Krause
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Kaffee nimmer. Das ist pietätlos.«
    »Deine Qual, meine Lust.«
    Der Sandner verzieht das Gesicht. Er wirft einen Blick auf die Uhr. Wenn sie heute noch etwas reißen wollen, müssen sie die Pferde satteln. Bis dato hat es keinen Moment gegeben, der sie vorangebracht hatte. Als wenn sie dir aus »Krieg und Frieden« ein mickriges Blattl in die Bratzen drücken und du dir den Roman daraus fitzeln sollst.
    Die Fendts wird er aufsuchen, die aufopferungsvollen Pflegeeltern, immerhin – vielleicht hat sich der Dennis bei ihnen gemeldet, bezüglich seines Sohnes. Die Eltern von der Janine sind auch im Rennen, Familienzeit. Da wird die Wiesner vorbeischauen. Sie ruft den Kare an und gibt ihm den neuesten Stand durch. Ihr Handy auf Lautsprecher gestellt, hören sie ihm zu.
    »Der Herr Fendt ist ein rasanter Autofahrer, sonst ein unbeschriebenes Blatt, aber der liebe Papa von der Janine, das ist schon eine andere Nummer. Also Fetzner Ricco ...«
    »Schöner Name.«
    »Der hat die Kollegen schon öfter beschäftigt. Eine ganze Litanei. Körperverletzung, Trunkenheit am Steuer, Erschleichung von Leistungen, häusliche Gewalt, Drogen – a staubiger Bruder, sag ich euch. Vor drei Jahren hat er auf der Wiesn einem Kerl mit dem Maßkrug den Scheitel nachgezogen, aber Schwein gehabt, bei der Verhandlung. Seine Spezln haben ausgesagt, dass sein Kontrahent mit dem Hirschfänger rumgefuchtelt hätte. Und die Gemahlin, Drogen, Körperverletzung und Betrug.«
    »Klingt sympathisch – Kinder?«
    »Ja, die Janine halt und den Pascal, der ist – warte mal – fünfzehn, wenn ich richtig rechne, und noch zu Hause.«
    Der Sandner wirft der Wiesner einen Blick zu.
    »Wenn du zu denen fährst, nimmst du dir bittschön einen großen, kräftigen Bullen mit, Zivil soll er anhaben. Das ist eine Anweisung.«
    »Darf ich den behalten, Papa?«
    »Kommt nicht infrage, was glaubst du, was so einer am Tag verfrisst!« Der Sandner schaut nach draußen. »Ich bräucht dein Wagen.«
    »Das letzte Mal bist du zwei Tage damit rumgefahren, Sandner. Und wenn ich dir den Schlüssel nicht abgeknöpft hätte ...«
    »Also? Du kannst dich hier von unserem Escort-Service abholen lassen, und ich fahr hinterher in die Hansastraße, oder wir telefonieren.«
    Die Wiesner nickt ganz gegen ihre Überzeugung und greift zum Handy, um die Dienststelle zu informieren.
    Der Mann neben ihr wippt manisch im Takt. Jede Textzeile brabbelt er mit, ein Fan. Jan Delay. In einer Lautstärke, dass die Wiesner ihn erst einmal anplärren muss, er solle den Krach leiser stellen, damit sie ihm die Situation erklären könne, ohne heiser zu werden.
    Er nickt immerzu, und sie ist nicht sicher, ob er ihr zuhört oder als Wackeldackel zum Dienstwageninterieur gehört. Fesch ist er trotzdem, höchstens Mitte zwanzig, das Hemd spannt sich über den Muskeln, Schnäppchen aus der Kinderabteilung. Stretch selbstredend, sonst drohten die Knöpfe beim Einatmen die Windschutzscheibe zu durchschießen. Blonde Mähne, markantes Kinn, und die schwarze Lederjacke flackt auf dem Rücksitz.
    Du Tarzan, ich Sandra.
    »Scheißdreck«, kommentiert er, als er sich im Gewirr der Straßen verirrt und zurücksetzen muss. Rund um den Innsbrucker Ring wetteifern die Mehrfamilienhäuser um die größtmögliche Eintönigkeit. Straße für Straße der gleiche Anblick. Häuserwüste als Ratebildchen für die Kleinsten. Finde fünf Unterschiede, da kannst du lange knobeln. Hohe Kinderfahrradquote vor den Eingängen und fast überall dieselben blauen, verwitterten Eingangstüren.
    »Die Zweite rechts«, kommandiert die Wiesner. Sie hat einmal um die Ecke gewohnt und kennt sich aus.
    Vor dem Haus ein buntes Kinderknäuel, alle Altersklassen sind vertreten – neugierige Blicke.
    Wortlos gehen die beiden Beamten durch die offene Eingangstür. Im zweiten Stock werden sie fündig. Auf einem Blechschild an der verschrammten Wohnungstür – Fetzner. Auf ihr Klingeln macht ihnen ein Mann auf, den die Wiesner zuerst für einen Freund des Hauses hält. Er passt so gar nicht zum Bild, das der Kare ihnen vermittelt hat. Sie bereut, dass sie vom blonden Kleiderschrank begleitet wird.
    »Ja?«, fragt der Mann unsicher. Sein Blick geht eine Etage höher.
    »Herr Fetzner?«, vergewissert sich die Polizistin.
    »Polizei?«, mutmaßt er. Da kennt er sich aus, gute Witterung. Klein ist er, die Wiesner überragt ihn um einen Kopf, mit schütteren, schwarzen Haaren und flackernden Augen. Pausbäckig, Bäuchlein und gestreifter

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