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Der Sandner und die Ringgeister

Der Sandner und die Ringgeister

Titel: Der Sandner und die Ringgeister Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roland Krause
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Büro ...«
    »Sie hätten schon ein saubernes Motiv.« Die Wiesner weicht nicht und hat nicht vor, sich in Rauch aufzulösen.
    »Was?« Jetzt ist sein Kopf knallrot, und seine Angetraute wirft die Kippe in die Spüle.
    »Ich soll den umgebracht haben? Spinnts ihr Bullen denn völlig? Kommts daher und verzapfts so einen Schmarrn!«
    Tarzan, der dezent am Türrahmen gelehnt hat, macht einen Schritt auf ihn zu.
    »Und gestern auf d’ Nacht, wo waren wir da?«, schnurrt er sanft. Er hatte der Wiesner im Auto wohl doch ein Ohr geschenkt oder ist spontaner Eingebung gefolgt.
    »Gleich um die Ecke, im ›Rondewuh‹, wo sonst, bis um zwei oder so und dann daheim. Fragts halt den Boris, der schenkt dort aus, der hat gestern Geburtstag gefeiert.«
    »Wir überprüfen das. Sie können die Angaben Ihres Mannes bestätigen, Frau Fetzner?«
    Die Angesprochene zuckt die Achseln und zündet sich eine neue Zigarette an.
    »Ja, klar«, schnaubt sie, verdreht die Augen.
    Die Wiesner wendet sich um und geht durch den Gang zur Tür. Das war’s, mehr ist nicht zu holen. Abgesehen davon, dass sie noch hätte verlangen können, dass der Fetzner ihr ein Pentagramm vortanzte.
    »Wiederschaun, wenn noch was ist, laden wir Sie in die Dienststelle vor, und wenn Ihnen noch was einfällt, rufen Sie an«, sagt sie. Schweigen. Nach dem Pascal hätte sie fragen sollen, aber sie muss raus. Ihr Visitenkärtchen auf dem überladenen Flurkästchen inmitten des Krimskrams zu deponieren, wäre eine Topleistung in Jenga. Sie schnippt es auf den Teppich. Da liegt nicht so viel Konkurrenz.
    »Wiederschaun«, sagt ihr Begleiter.
    Die Tür knallt hinter ihnen zu.
    Eine Zigarette benötigt sie. Rauch für innere und äußere Reinigung.
    Vor der Haustür noch immer die Ansammlung von Kindern.
    »Wer von euch ist der Pascal, es geht um seine Schwester«, ruft die Wiesner in die Runde.
    Drei Jungen nähern sich zögerlich.
    «Bullen?«, fragt einer.
    »Was ist mit der Janine?«, will ein anderer wissen.
    »Bist du der Pascal? Komm, wir gehen ein Stück«, meint sie zu ihm. Einer der Burschen hat sich direkt vor ihnen aufgebaut, die Augenbrauen bilden ein drohendes V. Er beglubscht ihren Tarzan. »Dürft ihr das?«
    Der Mann starrt zurück. Die beiden berühren sich beinahe. Archaisches Männerballett, altes Gewand wird aus der Imponierkiste gezogen.
    »Was schaugst’n du so? Bin i a Kino?«, fragt der Polizist, um lässig hinzuzufügen, »schleich di, sonst schnupf i di, Grischberl, windiges.«
    Ihre Blicke kreuzen die Klingen, dann dreht sich der Junge um.
    »Hey Domi, kommst mit Kippen holen?« Zu zweit verschwinden sie mit ausholender Gestik um die Hausecke.
    Die Wiesner ist very amused. Sonst schnupf i di? Lernt man das auf der Polizeischule zum Thema Deeskalation? Auf jeden Fall ist er ein Polizei-Frischling, blutjunges Ferkelchen aus einem verschlafenen Kaff, Hintertupfing. Eigentlich der klassische Finger-weg-Kandidat, leider aber der wandelnde Schlüsselreiz. Und ja – ein primitives Klischee auf muskulösen Beinen, mit all den antrainierten Wülsten und der hübschen Schnauze. Ein vernünftiger Satz von ihm, Subjekt – Prädikat – Objekt, und sie hätte Lust, dem Bürschchen ihre Handynummer zu stecken.
    Nein, besser keine Nummer, sie kann sich nicht entscheiden, ob das unter die Kategorie »mannstoll« fiele oder unter »gesundes Selbstvertrauen«.
    In Gedanken schlendert sie in Richtung des geparkten Dienstwagens, zündet sich eine Zigarette an. Den Blonden mit den übergroßen Hosen und dem schwarzen Kapuzenshirt hat sie im Schlepptau. Offensichtlich Pascal. Sie bleibt stehen, wendet sich ihm zu.
    »Krieg ich eine?«, fragt er.
    Sie hält ihm die Packung hin.
    Er greift zu und steckt sich die Zigarette hinters Ohr.
    »Ich heiß Sandra Wiesner.«
    »Mhm, was ist mit Janine?«, will er wissen. Er ist dicht neben ihr, sie riecht sein Haargel und billiges Moschusgebräu.
    »Du weißt ja, dass sie verschwunden ist?«
    Er nickt, schaut sie kurz an. So sollten Augen eines Fünfzehnjährigen nicht in die Welt sehen, hart, unstet und misstrauisch, ein gebeutelter Straßenkater. Immer auf dem Sprung, mit verborgenen Ängsten und keinen Träumen mehr.
    Sie hat nur die brutale Wahrheit für ihn im Gepäck.
    »Dennis Weiß ist umgebracht worden.«
    »Den hab ich ein paar Mal gesehen, in der Karl-Valentin-Straße. Scheiße, der war schon okay. Wie ist er denn ...?«
    »Heute Nacht haben wir ihn tot gefunden.«
    »Krass.«
    »Ja, das ist es.«
    Der Junge

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