Der Schädelring: Thriller (German Edition)
Dr. Forrest war in Elkwood, achthundert Meilen weit weg, und Julia war hier allein, auf den Knien im trockenen Heu. Sie schloss die Augen und presste die Stirne auf den Boden.
Der Mantel der Panik senkte sich auf sie herab und drohte sie zu ersticken.
Tief atmen , sagte sie sich. Der Gedanke war jedoch nur einer von vielen. Er wurde vom Tod und dem heißen Messer verdrängt und von dem Mann mit dem Schädelring und von dem kalten Stein und den bösen Menschen um sie herum; von den bösen Menschen, die sie berührten, die lachten und sangen; die bösen Menschen, die beobachteten, wie das Messer ihren Magen berührte, wie der Stahl in ihr Fleisch drang und rote Tropfen hervor quellten und von der Hand mit dem Schädelring und dem Mann mit der Kapuze und dem Gesicht unter der Kapuze und –
Sie kroch vorwärts; ihre Hände fanden eine Trennwand. Sie spürte einen Splitter in der Handfläche, doch sie hielt sich fest und richtete sich mühsam auf. Von Tränen aufgeweichter Staub klebte auf dem Gesicht. Sie atmete die schmutzige Luft ein und versuchte, ihren Herzschlag zu ignorieren.
Panik existiert nur im Kopf ertönte die mentale Bandaufnahme von Dr. Forrest.
Julia schaute wild um sich. Das Licht, das durch die viereckige Tür der Scheune einfiel, war wie ein Tor in das Gelobte Land. Sie dachte daran, Mitchell zu rufen, wusste jedoch nicht, ob sie genug Kraft dazu hatte. Zudem würde er sie vom Auto aus sowieso nicht hören. Sie drückte mit dem Rücken gegen die Wand, hob die Arme und stützte sich auf halber Höhe auf. Sie stand breitbeinig da wie eine Märtyrerin, die auf das Einschlagen der Nägel in ihren Körper wartete.
Panik existiert nur im Kopf wiederholte Dr. Forrest.
Julia öffnete ihre verkrampften Finger. Sie stellte sich vor, ihre Hände wären warme Luftballone, Ballone in allen möglichen Farben, die sich in der Sonne bewegten. Die Vorstellung gelang ihr. Sie lag in einem Park auf dem weichen Gras, sie konnte atmen. Die Luft schmeckte nach Himmel und Leben und Wolken, aber dann reizte sie der Staub und sie musste husten. Sie befand sich in der Scheune, der Scheune. DIE SCHEUNE.
Sie schloss erneut die Augen.
Die bösen Menschen umkreisten sie, die Kerzen flackerten, der dicke Rauch aus dem Schmelztiegel kroch empor wie graue Drachen im Mondlicht und ihr Körper war so kalt und klamm wie der Stein unter ihr. Der Mann mit dem Schädelring, der Hohe Priester, erhob das Messer und wandte sich an den verwesten Ziegenkopf, der vom umgekehrten Kreuz herunterhing.
„Macht der Dunkelheit, Satan, Meister der Welt, nehme dieses Opfer deiner demütigen und treuen Sklaven an, damit du uns weiterhin deinen Segen gibst.“ Die dunkle Stimme ertönte und füllte den Hohlraum der Scheune. „So möge es sein.“
Das Messer senkte sich, Julia schrie, der Atem strömte aus ihren Lungen und ihr Körper erschlaffte.
13
Als Julia erwachte, wusste sie nicht, wo sie sich befand. Sie drehte den Kopf und einige Halme alten Strohs fielen aus ihrem Haar. Der Boden roch nach Erde. Sie schaute nach oben und sah die alten Schotendornbretter der Scheune, die rechteckigen Spalten im Heuboden, das alte Blech des Dachs in den düsteren Schatten.
Ihr Herz schlug etwas schneller als normal aber regelmäßig. Sie hatte das Gefühl, ihre Glieder wären mit nassem Zement gefüllt. Der eingetrocknete Schweiß klebte an ihr.
Wie lange lag sie schon hier?
Sie schaute auf die Uhr. Selbst das Heben des Arms war anstrengend. Die Uhr zeigte 15:37. Sie befand sich schon beinahe zwanzig Minuten lang in der Scheune.
Sie zwinkerte mit den Augen, um die letzten Fetzen Erinnerungen zu vertreiben, und erhob sich mühsam auf die Knie. Die Panikattacken überschütteten sie immer wie eine Flutwelle, bebten dann langsam ab und ließen sie geschlagen und durchnässt zurück. Dies war nicht der längste Anfall gewesen aber einer der intensivsten.
Sie nahm alle Kraft zusammen und stand auf. Ihre Beine fühlten sich wacklig an. Die Panik konnte sie überschwemmen, über ihr zusammenbrechen, aber sie würde sie nicht in das verrückte, graue Meer ziehen. Sie hielt sich am Haltegurt von Dr. Forrests Ermutigungen und ihrer Erfahrung fest.
„Panik existiert nur im Kopf“, sagte Julia sich. Das Geflüster verstummte in den hölzernen Ställen.
Mitchell.
Wunderte er sich nicht, wo sie war? Wartete er noch immer in der Einfahrt und klopfte mit seinen manikürten Fingern auf das Steuerrad? Oder war er weggefahren und murmelte
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