Der Schädelring: Thriller (German Edition)
aber das Problem des Verschwindens des Bodys blieb ungelöst. War ein Unhold in ihr Haus eingebrochen, nur um in ihrer Reizwäsche zu wühlen? Stolzierte er in diesem Augenblick im Negligee umher und zitterte vor Erregung?
Julia spürte die beobachtenden Augen wieder. Paranoia, aber trotzdem –
Sie wandte sich zum Fenster.
Zwei helle Schimmer widerspiegelten das Licht ihres Zimmers und starrten zwischen den Vorhängen hindurch.
Die Augen verloren sich in der Dunkelheit; Julia stockte der Atem. Sie hörte einen lauten Ruf, das Brechen von Ästen und ein schmerzliches Ächzen, als menschliche Körper gegen die Hausverkleidung schlugen und zu Boden fielen.
„Hör auf oder ich breche dir den Arm“, rief jemand.
Julia stand einen Moment unentschlossen da. Dann holte sie den Baseballschläger unter dem Bett hervor und rannte zum Fenster. Im vom Licht beschienen Rechteck im Garten sah sie zwei Männer, die am Boden miteinander kämpften.
Julia eilte durch das Haus, griff im Wohnzimmer nach der Taschenlampe und stopfte den Pfefferspray in die Tasche. Mit dem Baseballschläger in der Hand fühlte sie sich ein wenig mutiger. Sie trat durch die Küchentür auf der Seite des Hauses ins Freie, schlich vorsichtig um die Ecke des Gartens und leuchtete mit der Taschenlampe vor sich hin.
„Lass mich los“, schrie eine der kämpfenden Gestalten.
Die zwei waren zum Baum gerollt, der neben dem Haus stand. Julia zeigte mit der Taschenlampe auf sie, ihre Hand zitterte jedoch so stark, dass sie die Gesichter nicht sehen konnte. „Wer ist da?“ fragte sie, aber ihre Stimme verlor sich im Lärm der raschelnden Blätter und dem Gestöhne.
Sie hob den Schläger hoch und versuchte bedrohlich auszusehen. Sie rief erneut: „Wer zum Teufel ist das?“
„Julia!“ stöhnte der Mann, der derzeit oben auf war.
„Walter?“
Sie hielt die Taschenlampe etwas ruhiger und sah, dass der untere Mann mit dem Gesicht nach unten und dem Arm hinter dem Rücken festgehalten wurde. Er schlug trotzdem mit den Beinen um sich und wand sich wie ein aufgespießter Aal. Sein Gesicht war in die Erde gedrückt und einige Blätter hingen in den Haaren. Walter saß rittlings auf seinem Rücken wie ein Pferdebändiger, dessen Ross zusammengebrochen war.
Walter schnitt eine Grimasse vor Anstrengung, als er das Handgelenk des Mannes gegen sein Schulterblatt presste. Der Mann stöhnte laut auf.
„Ich breche es dir“, sagte Walter. „Ich habe schon mit Stieren gerungen und ich werde auch mit jemandem wie du fertig.“
Walter versetzte ihm zum Beweis einen weiteren Stoß. Der Mann lag still und atmete angestrengt.
Julia kam langsam einige Schritte näher. „Was ist hier los?“ Sie war sich nicht sicher, auf welchen der beiden sie gegebenenfalls zuschlagen sollte.
„Rufen Sie die Polizei“, sagte Walter und blinzelte im Licht der Taschenlampe.
„Sie haben meine Frage nicht beantwortet“, sagte sie. Ihre Finger umklammerten den Schläger.
„Er –“ Walter keuchte vor Anstrengung. Sie fragte sich, ob es ihm gelingen würde, den anderen Mann festzuhalten. Er schien jünger zu sein als Walter und ebenso stark.
„Ich sah, wie er aus Ihrem Fenster stieg“, sagte Walter. „Nicht wahr, du Mistkerl?“
Der Mann drehte sein Gesicht vom Licht weg und schaute gegen den Wald. Julia trat langsam zurück und ging ins Haus, den Schläger noch immer in der Hand. Sie wählte 9-1-1 vom Wohnzimmer aus, ergriff das Telefon und ging zum Fenster, damit sie die Männer beobachten konnte. Walter war noch immer obenauf.
Eine kurz angebundene Männerstimme antwortete.
„Ja, ich möchte ein –“
„Ja, bitte?“
Was? Ein Unhold ? Sie dachte an all die Falschmeldungen, die sie in Memphis durchgegeben hatte, und daran, wie sie die Stadtpolizei verhöhnt hatte. Sie versuchte es mit dem Polizeijargon, den sie als Kriminalreporterin gelernt hatte. „Es ist eine Auseinandersetzung im Gange.“
„Auseinandersetzung? Meinen Sie einen Streit?“
„Ja.“
„Sind Waffen im Spiel?“
„Nicht, dass ich wüsste. Aber bitte beeilen Sie sich.“
„Könnten Sie die Adresse bestätigen, bitte?“
„102 Buckeye Creek Road in Elkwood.“
Der Mann am Boden schlug um sich wie ein Fisch auf dem Trockenen. Walter hielt ihn jedoch fest.
„Jawohl“, sagte der Beamte. „Ich werde sofort einen Streifenwagen senden. Sagen Sie mal, Sie wohnen doch in der Nähe von Mabel Covington, nicht?“
Julia seufzte. Was kam wohl als Nächstes, eine Frage nach einem
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