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Der Schakal

Der Schakal

Titel: Der Schakal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frederick Forsyth
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auf das Rodins.
    Wäre er nichts weiter als ein hartgesottener Fanatiker gewesen, hätte man Rodin einen zwar gefährlichen, aber doch berechenbaren Mann nennen können. Es gab eine Menge anderer Männer dieses Kalibers, die in den frühen sechziger Jahren bereit gewesen waren, sich für die OAS zu schlagen. Aber Rodin war mehr als das. Der alte Schuhmacher hatte einen Sohn großgezogen, der präzise denken konnte, wenngleich diese Fähigkeit weder durch eine entsprechende Schulbildung noch durch den Dienst in der Armee jemals gefördert worden war. Rodin hatte sich selbst fortgebildet, und das auf seine eigene Weise.
    Solange es um Frankreich und die Ehre der Armee ging, zeigte er sich als ebenso blinder Eiferer wie jeder andere OAS-Führer. Wenn er sich jedoch einem rein taktischen Problem gegenübersah, konnte er dem mit konzentriertem logisch-pragmatischem Denken zu Leibe rücken, das wirksamer war als alle fanatische Begeisterung und sinnlose Gewalttätigkeit. Eben diese Fähigkeit war es, die er auf das Problem, mit dem er sich am Vormittag jenes 11. März befaßte, methodisch ansetzte : das Problem, wie man Charles de Gaulle umbringen konnte. Er war nicht so töricht zu meinen, daß es leicht zu lösen sei. Im Gegenteil, das Debakel von Petit-Clamart und der mißlungene Anschlag in der Ecole Militaire hatten das Problem ungemein erschwert. Einen Killer anzuwerben war jederzeit möglich. Die Schwierigkeit lag darin, einen Mann oder einen Plan zu haben, welcher einen einzigen durchschlagenden Faktor aufwies, der so wenig vorherzusehen war, daß er alle den Präsidenten seit den jüngsten Vorkommnissen konzentrisch umgebenden Sicherheitsmechanismen ausschalten konnte.
    Seit Petit-Clamart hatte sich die Lage grundlegend geändert. Die Unterwanderung der höheren Chargen und Kader der OAS durch Agenten des Aktionsdienstes hatte alarmierende Ausmaße erreicht. Die kürzlich erfolgte Entführung von Rodins eigenem Vorgesetzten Argoud machte deutlich, zu welchen Anstrengungen der Aktionsdienst entschlossen war, um die Führer der OAS in Gewahrsam zu nehmen und zu verhören. Dafür war man sogar bereit,scharfe Demarchen der deutschen Regierung in Kauf zu nehmen. Zwei Wochen, nachdem der seither endlosen Verhören unterzogene Oberst Argoud dingfest gemacht worden war, wurde es auch für die letzten OAS-Führer Zeit, sich abzusetzen oder unterzutauchen. Bidault fand an Publicity und öffentlicher Selbstdarstellung auf einmal keinen Geschmack mehr. Andere Mitglieder des Nationalen Widerstandsrates (CNR) flohen, von Panik ergriffen, nach Spanien, Amerika und Belgien. Urplötzlich setzte eine rasch steigende Nachfrage nach falschen Papieren und Flugtickets zu entlegenen Orten ein.
    Das alles hatte sich auf die Moral des Fußvolks der OAS verheerend ausgewirkt. In Frankreich legten jetzt Männer, die bisher bereit gewesen waren zu helfen, steckbrieflich gesuchte Kameraden zu beherbergen, Waffenkisten zu schleppen, Meldungen weiterzugeben und Informationen zu übermitteln, mit einer gemurmelten Ausrede den Telephonhörer auf. Nach dem Fehlschlag von Petit-Clamart und den Verhören der Festgenommenen mußten drei ganze réseaux schleunigst stillgelegt werden. Mit genauen Informationen versorgt, durchsuchte die französische Polizei ein Haus nach dem anderen, hob ein Waffenlager nach dem anderen aus und deckte zwei weitere auf die Beseitigung Charles de Gaulles abzielende Konspirationen auf: als die Verschwörer zu ihrer zweiten Besprechung zusammentraten, wurden sie von einem Riesenaufgebot an Polizei gestellt.
    Knapp bei Kasse, im Begriff, sowohl die nationale und internationale Unterstützung als auch ihre Mitglieder - und damit ihre Glaubwürdigkeit - zu verlieren, drohte die OAS von den massierten Aktionen des französischen Geheimdienstes und der Polizei zermalmt zu werden. Die Exekution Bastien-Thirys konnte die Moral nur noch weiter untergraben. Es würde schwer sein, Männer zu finden, die in dieser Phase des Kampfes bereit waren, sich für die Sache einzusetzen. Und die Gesichter derjenigen, welche auch jetzt noch weitermachen wollten, hatten sich jedem französischen Polizisten ins Gedächtnis gegraben - und einigen Millionen Staatsbürgern ebenfalls. Jeder neue Plan würde, weil er zu diesem Zeitpunkt eine Vielzahl von Vorbereitungen wie auch die Koordination verschiedener Gruppen erforderte, »auffliegen«, noch bevor der Attentäter auch nur näher als hundert Kilometer an de Gaulle herangekommen wäre.
    Am Ende

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