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Der Schakal

Der Schakal

Titel: Der Schakal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frederick Forsyth
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vierundzwanzig Stunden waren die beiden Männer in Wien. René Montclair war mit einem gemieteten Wagen aus Bozen gekommen, André Casson per Flugzeug aus Rom. Beide reisten unter falschem Namen und mit gefälschten Papieren, denn sowohl in Italien als auch in Österreich führten die dort residenten Agenten des SDECE Montclair und Casson als dringend gesuchte O AS- Anhänger in ihren Akten und gaben eine Menge Geld aus, um an Grenzübergängen und auf Flughäfen Agenten und Informanten anzuwerben.
    André Casson traf als erster in der Pension Kleist ein, sieben Minuten vor Beginn der auf elf Uhr angesetzten Besprechung. Er ließ das Taxi an der Ecke Brucknerallee halten und verwandte ein paar Minuten darauf, sich vor dem Schaufenster eines Blumenladens die Krawatte zu richten, bevor er sich mit raschen Schritten in die Pension begab.
    Rodin hatte sich wie immer unter einem von zwanzig nur seinen engsten Mitarbeitern bekannten falschen Namen eingeschrieben. Jeder der beiden Herbeigerufenen hatte am Tag zuvor ein mit »Schulze« unterzeichnetes Telegramm erhalten. Rodins Codenamen wechselten vereinbarungsgemäß in zwanzigtägigem Rhythmus.
    Casson blickte den jungen Mann hinter dem Empfangstisch fragend an. »Herr Schulze, bitte?«
    »Zimmer vierundsechzig. Werden Sie erwartet, mein Herr?«
    »Allerdings, ja«, entgegnete Casson und stieg rasch die Treppe hinauf. Im ersten Stock ging er den Korridor entlang bis zum Zimmer Nummer vierundsechzig. Als er die Hand hob, um an die Tür zu klopfen, wurde sie von hinten beim Gelenk gepackt. Er wandte sich um und starrte in ein blauwangiges Gesicht über ihm. Unter den zu einem Gestrüpp schwarzer Haare zusammengewachsenen Brauen blickten Augen auf ihn herab, die keinerlei Gefühlsregung, geschweige denn Neugier verrieten.
    Der Mann war ihm gefolgt, als er an einem vier Meter entfernten Alkoven vorüberkam, und obwohl der Veloursteppich abgetreten war, hatte Casson keinen Laut gehört.
    » Vous désirez?« sagte der Riese in einem Tonfall, als könne ihm nichts gleichgültiger sein als die Beantwortung seiner Frage. Aber der Griff, mit dem er Cassons Handgelenk gepackt hielt, lockerte sich nicht.
    Einen Augenblick lang drehte sich Casson der Magen um, weil er an Argouds Verschleppung aus dem Eden-Wolff-Hotel in München denken mußte. Aber dann erkannte er in dem Hünen einen polnischen Fremdenlegionär aus Rodins Kompanie in Indochina und Algerien. Er erinnerte sich, daß Rodin Viktor Kowalsky gelegentlich zu Spezialaufgaben heranzog.
    »Ich habe eine Verabredung mit Oberst Rodin, Viktor«, entgegnete er leise.
    Die Nennung seines eigenen wie auch des Namens seines Herrn bewirkte, daß Kowalskys Brauen sich zu einem noch dichteren Dickicht runzelten.
    »Ich bin André Casson«, fügte er hinzu.
    Kowalsky schien nicht beeindruckt zu sein. Er langte mit der Linken um Casson herum und pochte an die Tür von Zimmer vierundsechzig.
    Drinnen antwortete eine Stimme: »Oui?«
    Kowalsky trat nahe an die hölzerne Türfüllung heran. »Ich habe da einen Besucher«, knurrte er, und die Tür öffnete sich einen Spaltbreit. Rodin blinzelte hindurch und machte sie dann ganz auf. »Mein lieber André! Tut mir leid, das.« Er nickte Kowalsky zu. »Schon gut, Corporal. Ich habe diesen Mann erwartet.« Casson rieb sich das rechte Handgelenk, das der Pole endlich losgelassen hatte, und trat in das Zimmer. Rodin wechselte auf der Schwelle noch ein paar Worte mit Kowalsky und schloß dann die Türe wieder. Der Pole ging zum Alkoven zurück, wo er erneut Posten bezog.
    Rodin schüttelte Casson die Hand und führte ihn zu den beiden Sesseln, die vor der Gasheizung standen. Obschon es Mitte Juni war, herrschte regnerisches, kühles Wetter, und beide Männer waren an das heiße Klima Nordafrikas gewöhnt. Rodin hatte die Gasheizung voll aufgedreht. Casson zog seinen Mantel aus und setzte sich.
    »Solche Vorsichtsmaßnahmen haben Sie doch sonst nie getroffen, Marc«, bemerkte er.
    »Es ist nicht meinetwegen«, entgegnete Rodin. »Wenn irgend etwas passieren sollte, werde ich schon allein klarkommen. Aber ich muß ein bißchen Zeit gewinnen, um diese Papiere da loszuwerden.« Er deutete auf den Schreibtisch am Fenster, auf dessen Platte ein dicker Heftordner neben seiner Aktentasche lag. »Deswegen habe ich Viktor mitgebracht. Was auch immer los sein mag, er wird mir die sechzig Sekunden verschaffen, die ich brauche, um die Papiere zu vernichten.«
    »Sie müssen ziemlich wichtig sein.«
    »Schon

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