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Der Schatten des Schwans

Der Schatten des Schwans

Titel: Der Schatten des Schwans Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrich Ritzel
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begriff. Der fremde Mensch würde aufdecken, dass mein Vater nicht Twienholt hieß. Dass er den Namen gestohlen hatte. Dass mein Vater Hendrik Hendriksen war. Der Kriegsverbrecher Hendriksen. Der Mann, der die kleinen graublauen Tabletten verteilte, und dann wussten die Pfleger, wer am nächsten Tag in das Eisbecken gelegt wurde.«
     
    Mit penetranter Routine durchsuchte Cornelia Hufbauer Yvonnes Spiegelschrank. Es dauerte nur wenige Augenblicke,
dann holte sie die Schachtel mit dem unechten Schmuck heraus.
     
    »Lassen Sie das aufzeichnen, Chef?«, fragte Tamar halblaut.
    »Aber ja«, sagte Berndorf. »Nur – es kann überhaupt nicht verwendet werden.«
     
    »Und dann haben wir den fremden Menschen nach Ulm eingeladen«, sagte Anne-Marie Schülin. »Er ist mit seinem Wagen gekommen und wir haben ihn in der Garage parken lassen, und dann haben wir mit ihm Tee getrunken. Mein Vater, mein Mann Eberhard und ich. Sehr höflich waren wir und sehr formell, und der Mensch erzählte uns, dass er unsere Anschrift auf einer CD-Rom mit den deutschen Telefonanschlüssen gefunden habe. Und dann zeigte er uns einen Aktenordner mit ein paar Schwarzweißfotos von einem blonden pummeligen jungen Mann und einer dunklen unscheinbaren Frau. Und gerührt las er uns die zwei oder drei banalen Briefe vor, die diese banalen kleinen Leute gewechselt haben und in denen sie von einem kleinen Glück träumten. Und er tat so, als könnte er ernsthaft in Erwägung ziehen, mein Vater sei auch der seine. Ich betrachtete die Fotos und betrachtete meinen Vater und den fremden Menschen aus Görlitz – und wusste plötzlich, dass alles an den Tag kommen würde, dass dieser fremde Mensch alles zerstören und bloßstellen würde, bis die entsetzlichen Toten des Hendrik Hendriksen aufstehen und mit ihren fauligen Fingern auf meinen Vater und auf mich zeigen würden, und auf meine Tochter.«
    Anne-Marie Schülin brach ab und bat noch einmal um einen Schluck Wasser. Eine Polizistin brachte ihr einen Becher Kaffee. Der Reporter mit den Rasta-Locken ergriff das Mikrofon und erklärte den Zuschauern mit gedämpfter Stimme, dass die Mutter der Geisel jetzt ihre Lebensbeichte unterbrochen habe und dass eine Polizistin ihr jetzt einen Becher Kaffee bringe.

     
    Steinbronner bekam einen Anruf Englins durchgestellt. Der Castor-Transport hatte Ulm passiert. Vielleicht wurde es doch noch etwas mit Englins Direktorenstelle.
     
    »Sagen Sie mir, wohin diese Schlüssel gehören?«, fragte die Flachsgelbe und steckte das Schlüsselmäppchen mit spitzen Fingern in eine Cellophanhülle. »Das hab’ ich gefunden«, sagte Yvonne. »Muss jemand auf der Donaubrücke verloren haben.«
     
    »Heinz Tiefenbach, so hieß der Mann aus Görlitz«, fuhr Anne-Marie Schülin fort. »Ich sah es ihm am Gesicht an, dass er zu viel trank; so bot ich ihm einen Cognac an, und in den Cognac hatte ich ein Mittel getan. Er ist umgefallen, und mein Mann und ich haben den fremden Menschen in das kleine Zimmer meiner Praxis getragen, wo sich Patienten ausruhen können. In den folgenden Tagen habe ich darauf geachtet, dass er nicht mehr zu sich kam. Mein Mann war nach Görlitz gefahren und ist mit den Schlüsseln des Mannes nachts in dessen Wohnung gegangen; Tiefenbach hatte uns erzählt, dass er geschieden sei und allein lebt. Aber in der Wohnung fand mein Mann keinen Hinweis mehr auf uns, hat er bei der Rückkehr erzählt, er war vergebens nach Görlitz gefahren.«
    »Und dann habe ich ihm, diesem fremden Menschen, der in meiner Praxis vor sich hin dämmerte, die letzte und tödliche Dosis gegeben. Mein Mann hat den Toten in dem Auto mit der Görlitzer Nummer auf die Autobahn gefahren und ich bin ihm gefolgt, wir wollten den Wagen in Stuttgart abstellen, aber dann kam der Schnee und mein Mann hat den Autobahnzubringer verlassen und ist in den Steinbruch nach Blaustein gefahren und hat das Görlitzer Auto dort abgestellt. Dann fuhren wir zusammen zurück. Mein Vater war nicht zufrieden. Wir seien im Begriff, das Familienvermögen zu verspielen, sagte er nur. Sein Problem sei das nicht mehr.«
Im Wagen der Einsatzleitung klingelte das Telefon. »Diese Geschichte hilft Ihnen vielleicht«, sagte Thalmann. »Aber nicht mir. Ich verlange eine klare Aussage, aus der hervorgeht, dass mir Unrecht zugefügt worden ist. Lassen Sie sich was einfallen. Es eilt.«
    Dann legte er auf. Steinbronner wandte sich kopfschüttelnd an Berndorf. »Nettes Geständnis. Schade, dass wir es nicht verwenden

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