Der Schatten erhebt sich
Amys, »und die Gesichtszüge sowohl von ihr wie auch von seinem Vater, aber Couladin sah natürlich nur seine Kleidung und sein Pferd. Das wäre allerdings bei den anderen Shaido genauso gewesen, und wahrscheinlich auch bei den Taardad. Fremde dürfen diesen Boden nicht betreten, und nun sind gleich fünf von Euch da. Nein, vier: Rand al'Thor ist kein Fremder, wo er auch aufgewachsen sein mag. Aber einem haben wir bereits gestattet, Rhuidean zu betreten, obwohl es verboten ist. Die Veränderungen kommen wie eine Lawine, ob wir wollen oder nicht.« »Es muß sich alles ändern«, sagte Bair, und es klang etwas unglücklich. »Das Muster setzt uns an den Platz, den es für uns erwählt.« »Ihr kanntet Rands Eltern?« fragte Egwene vorsichtig. Was sie auch sagen mochten, so dachte sie doch an Tam und Kari al'Thor, wenn es um Rands Eltern ging.
»Das ist seine persönliche Geschichte«, sagte Amys, »falls er sie hören will.« Nach der Haltung ihres Kinns zu schließen, würde sie kein Wort mehr darüber sagen.
»Kommt«, sagte Bair. »Jetzt müssen wir uns nicht mehr beeilen. Kommt. Wir bieten Euch Wasser und Schatten an.« Egwene versagten beinahe die Beine, als sie das Wort ›Schatten‹ hörte. Das einst tropfnasse Tuch, das sie um ihre Stirn gewickelt hatte, war schon beinahe trocken. Ihr Kopf fühlte sich vollkommen ausgedörrt an, und der Rest ihres Körpers nicht weniger. Auch Moiraine schien dankbar, den Weisen Frauen hinauf zu der kleinen Gruppe der niedrigen, an der Seite offenen Zelte folgen zu dürfen.
Ein hochgewachsener Mann in einem weißen Gewand mit Kapuze nahm ihnen die Zügel der Pferde ab. Sein Aielgesicht wirkte eigenartig, so eingebettet in die tiefe, weiche Kapuze. Die Augen hatte er niedergeschlagen.
»Gib den Tieren Wasser«, sagte Bair, und dann bückte sie sich und trat geduckt in das niedrige Zelt hinein. Der Mann verbeugte sich hinter ihr her, wobei er die Stirn mit der Hand berührte.
Egwene zögerte, ihr Pferd von dem Mann wegbringen zu lassen. Er schien durchaus selbstbewußt, aber was verstand ein Aiel schon von Pferden? Nun ja, sie glaubte andererseits nicht, daß er ihnen Schaden zufügen werde, und im Zelt war es wunderbar dunkel und dann auch noch herrlich kühl, wenn man es mit draußen verglich.
Am höchsten Punkt des Zelts befand sich eine Öffnung, doch selbst hier konnte man kaum aufrecht stehen. Wohl als Ausgleich für die eintönigen und faden Farben der Aielkleidung, lagen überall große, rote Kissen mit Goldfransen auf leuchtend bunten Teppichen verstreut. Die Teppiche lagen übereinandergeschichtet, so daß man den harten Boden darunter nicht spürte. Egwene und Moiraine taten es den Weisen Frauen gleich. Sie ließen sich auf den Teppichen nieder und stützten sich mit einem Ellbogen auf eines der Kissen. Sie saßen schnell alle im Kreis, nahe genug beieinander, um sich zu berühren.
Bair schlug einen kleinen Messinggong, und zwei junge Frauen kamen mit silbernen Tabletts herein, beide in die gleichen weißen Gewänder mit den großen Kapuzen gehüllt wie der Mann draußen, der sich um die Pferde kümmerte. Trotz der gebückten Haltung bewegten sie sich mit natürlicher Anmut. Den Blick hatten auch sie zu Boden gesenkt. Sie knieten in der Zeltmitte nieder. Eine füllte für jede der sitzenden Frauen einen silbernen Becher mit Wein, während die andere größere Pokale mit Wasser füllte. Wortlos erhoben sie sich und gingen unter Verbeugungen rückwärts hinaus. Die schimmernden Tabletts und Krüge, von denen Wassertropfen rannen, blieben im Zelt stehen.
»Hier habt Ihr Wasser und Schatten«, sagte Bair und erhob ihren Pokal mit Wasser. »Wir geben Euch beides gern und mit Freude. Laßt nichts zwischen uns stehen. Alle hier sind willkommen, so wie Erstschwestern willkommen wären.« »Laßt nichts zwischen uns stehen«, murmelten Amys und die beiden anderen. Nach einem Schluck Wasser stellten sich die Aielfrauen offiziell vor: Bair von der Haido-Septime der Shaarad Aiel. Amys aus der Neun-Täler-Septime der Taardad Aiel. Melaine aus der Jhirad-Septime der Goshien Aiel. Seana aus der SchwarzklippenSeptime der Nakai Aiel.
Egwene und Moiraine schlossen sich dem Ritual an, auch wenn Moiraine leicht den Mund verzog, als sich Egwene als Aes Sedai von den Grünen Ajah bezeichnete.
Als habe die Vorstellung und die Gabe des Wassers den Bann gebrochen, änderte sich die Stimmung im Zelt fühlbar. Die Aielfrauen lächelten, entspannten sich und gaben zu erkennen, daß
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