Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Schatten erhebt sich

Der Schatten erhebt sich

Titel: Der Schatten erhebt sich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Jordan
Vom Netzwerk:
beispielsweise auf einem Dachfirst zu tanzen.
    »Du willst doch nicht etwa irgendwas... Verrücktes... unternehmen, oder?« fragte Mat. »Ich will nämlich lebendig zurückkommen.« »Ich auch«, antwortete Rand. »Ich auch.« Sie waren schnell außer Hörweite und wurden immer kleiner dort unten am Abhang. Als sie nur noch winzige Gestalten waren, kaum noch als Menschen zu erkennen, ließen die Weisen Frauen endlich ihre Stolen wieder sinken.
    Egwene zupfte ihr Kleid zurecht und wünschte sich, nicht ganz so zu schwitzen. Dann kletterte sie mit ihrem Pferd im Schlepptau das kurze Stück Abhang zu ihnen hinunter. »Amys? Ich bin Egwene al'Vere. Ihr habt gesagt, ich solle... « Amys unterbrach sie mit erhobener Hand und blickte hinüber zu Lan, der nun Mandarb, Pips und Jeade'en am Zügel hielt und etwas hinter Moiraine und Aldieb stand. »Das hier ist nur eine Angelegenheit für Frauen, Aan'allein. Ihr müßt uns verlassen. Geht zu den Zelten. Rhuarc wird Euch Schatten und Wasser anbieten.« Lan wartete auf Moiraines leichtes Nicken, bevor er sich verbeugte und in der gleichen Richtung wie zuvor Rhuarc davonschritt. Dieser farbverändernde Umhang auf seinem Rücken ließ ihn manchmal wie einen Geist erscheinen, von dem man nur Kopf und Arme vor den drei Pferden über den Boden dahinschweben sah.
    »Warum nennt Ihr ihn so?« fragte Moiraine, als er sich außer Hörweite befand. »Den Einen Mann. Kennt Ihr ihn?« »Wir wissen von ihm, Aes Sedai.« Bei Amys klang der Titel wie eine Anrede unter Gleichgestellten. »Der letzte der Malkieri. Der Mann, der nicht aufhört, gegen den Schatten zu kämpfen, obwohl seine ganze Nation durch diesen Krieg zerstört wurde. Es ist sehr viel Ehrenhaftes an ihm. Aus dem Traum wußte ich, falls Ihr herkämt, würde Aan'allein höchstwahrscheinlich dabei sein, aber ich wußte nicht, daß er Euch gehorcht.« »Er ist mein Behüter«, sagte Moiraine einfach.
    Egwene glaubte, die Aes Sedai sei trotz ihres leichten Tonfalls beunruhigt, und sie wußte auch, warum. Höchstwahrscheinlich werde Lan mit ihr kommen? Lan folgte Moiraine immer. Er würde ihr ohne Zögern in der Krater des Todes folgen. Und es war beinahe genauso interessant für Egwene, daß Amys gesagt hatte: ›Falls Ihr herkämt.‹ Hatten die Weisen Frauen nun gewußt, daß sie kämen, oder nicht? Vielleicht war die Auslegung eines Traums doch nicht so einfach, wie sie gehofft hatte. Sie wollte schon danach fragen, als Bair sagte: »Aviendha? Komm her.« Aviendha hatte verloren an der Seite gehockt, die Arme um die Knie geschlungen, und auf den Boden geblickt. Sie stand langsam auf. Falls Egwene das nicht besser gewußt hätte, hätte sie annehmen müssen, die Frau habe Angst. Aviendha schlurfte förmlich hinüber zu den Weisen Frauen und legte sich die Tasche und die Rolle mit den Wandbehängen vor die Füße.
    »Es wird Zeit«, sagte Bair nicht unfreundlich. Trotzdem war in ihren Augen keine Kompromißbereitschaft zu erkennen. »Du bist mit den Speeren gelaufen, solange es ging. Länger, als du solltest.« Aviendha hob trotzig den Kopf. »Ich bin eine Tochter des Speers. Ich will keine Weise Frau werden. Ich will nicht!« Die Gesichter der Weisen Frauen verhärteten sich. Das erinnerte Egwene an die Versammlung der Frauen zu Hause, wenn man eine Frau verhörte, die im Begriff war, etwas Dummes zu tun.
    »Du bist sowieso schon viel sanfter behandelt worden, als das zu meiner Zeit üblich war«, sagte Amys mit steinerner Stimme. »Auch ich weigerte mich, als ich berufen wurde. Meine Speerschwestern haben vor meinen Augen meine Speere zerbrochen. Sie brachten mich nackt und an Händen und Füßen gebunden zu Bair und Coedelin.« »Und mit einer hübschen, kleinen Puppe unter deinen Arm geklemmt«, sagte Bair trocken, »um dich daran zu erinnern, wie kindisch du dich benommen hast. Wie ich mich erinnere, bist du im ersten Monat neunmal weggelaufen.« Amys nickte grimmig. »Und dafür mußte ich wie ein Kind um Verzeihung bitten - jedesmal. Im zweiten Monat bin ich nur fünfmal weggelaufen. Ich hielt mich für so stark und hart, wie eine Frau nur sein kann. Aber ich war nicht schlau genug. Ich brauchte ein halbes Jahr, bis ich merkte, daß du härter und stärker warst, als ich jemals sein würde, Bair. Schließlich begriff ich dann, was meine Pflicht war, die Verpflichtung meinem Volk gegenüber. So, wie du es lernen wirst, Aviendha. Solche Frauen wie du und ich sind einfach dazu verpflichtet. Du bist kein Kind mehr. Es ist Zeit,

Weitere Kostenlose Bücher