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Der Schatten erhebt sich

Der Schatten erhebt sich

Titel: Der Schatten erhebt sich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Jordan
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Augen und die gleiche Art, den Kopf schräg zu halten, wenn sie etwas betrachteten. Die anderen Jenn blickten nervös zu Boden und mieden die Aiel, bis eben auf diese drei.
    »Ich heiße Dermon«, sagte der Mann mit tiefer, kräftiger Stimme. Seine blauen Augen musterten Mandein durchdringend wie die eines Aiels. »Das hier sind Mordaine und Narisse.« Er deutete nacheinander auf die beiden Frauen in seiner Begleitung. »Wir sprechen für Rhuidean und die Jenn Aiel.« Unruhe machte sich unter den Männern in Mandeins Umgebung breit. Den meisten von ihnen paßte es genausowenig wie ihm, wenn sich die Jenn ebenfalls als Aiel bezeichneten. »Warum habt Ihr uns hierher bestellt?« wollte er wissen. Es ärgerte ihn allerdings, zugeben zu müssen, herzitiert worden zu sein.
    Statt seine Frage zu beantworten, fragte Dermon: »Warum tragt Ihr kein Schwert?« Das brachte ihm zorniges Gemurmel der Aiel ein.
    »Es ist verboten«, grollte Mandein. »Selbst ein Jenn sollte das wissen.« Er hob seine Speere empor, berührte kurz das Messer an seiner Hüfte und den Bogen auf seinem Rücken. »Das sind genug Waffen für einen Krieger.« Das Gemurmel klang nun zustimmend, selbst von Männern, die einst geschworen hatten, ihn zu töten. Das würden sie nach wie vor, falls sie eine Gelegenheit hatten, aber sie fanden gut, was er gesagt hatte. Und sie schienen es zufrieden, daß er für sie alle sprach, und das unter den Augen dieser Aes Sedai.
    »Ihr wißt nicht, warum«, sagte Mordaine, und Narisse fügte hinzu: »Es gibt zuviel, was Ihr nicht wißt. Aber Ihr müßt es erfahren.« »Was wollt Ihr?« fragte Mandein.
    »Euch.« Dermon sah einen nach dem anderen der Aiel an und machte ihnen eindeutig klar, daß er sie alle meinte. »Wer immer unter Euch Menschen führen will, muß nach Rhuidean kommen und dort erfahren, woher wir kamen und warum Ihr keine Schwerter tragt. Wer nicht lernen kann, wird nicht weiterleben.« »Eure Weisen Frauen haben mit Euch gesprochen«, sagte Mordaine, »sonst wärt Ihr nicht hier. Ihr wißt, welchen Preis die zahlen, die sich weigern.« Charendin drängte sich nach vorn und blickte abwechselnd Mandein und die Jenn zornig an. Mandein hatte ihm die lange Narbe auf der Wange zugefügt. Sie hatten sich gegenseitig schon dreimal beinahe umgebracht. »Einfach zu Euch kommen?« fragte Charendin. »Wer von uns zu Euch kommt, der wird die Aiel führen?« »Nein.« Das Wort wurde fast geflüstert, und doch konnte jeder es verstehen. Es kam von der dunkeläugigen Aes Sedai, die in ihrem geschnitzten Stuhl saß und eine Decke über ihre Beine gelegt hatte, als fröre sie unter der brennenden Sonne. »Das kommt erst später«, sagte sie. »Wenn der Stein fällt, der niemals erobert werden kann, dann wird er kommen. Er wird vom Blute sein, aber nicht vom Blut aufgezogen. Er wird zur Abenddämmerung aus Rhuidean kommen und Euch mit Banden aneinanderfesseln, die Ihr nicht zerreißen könnt. Er wird Euch zurückbringen, und er wird Euch vernichten.« Einige der Septimen-Häuptlinge rührten sich und schienen gehen zu wollen, aber keiner machte mehr als ein paar Schritte. Jeder hatte letzten Endes der Weisen Frau seiner Septime gelauscht. Stimme zu, oder wir werden vernichtet, wie es nie zuvor geschah. Stimme zu, oder wir zerstören uns selbst.
    »Das ist ein Trick!« schrie Charendin, doch unter den Blicken der Aes Sedai senkte er seine Stimme und sagte lediglich zornig: »Ihr wollt auf diese Art die Septimen beherrschen. Aber Aiel beugen ihr Knie weder vor Männern noch Frauen.« Er riß seinen Kopf herum und mied die Blicke der Aes Sedai. »Vor niemandem«, knurrte er.
    »Wir wollen keine Kontrolle ausüben«, sagte Narisse zu ihnen.
    »Unsere Tage schwinden«, sagte Mordaine. »Der Tag wird kommen, da es keine Jenn mehr gibt, und nur Ihr bleibt übrig, um die Aiel nicht der Vergessenheit zu überantworten. Ihr müßt überleben, oder alles war umsonst und ist verloren.« Ihr Tonfall und ihre Selbstsicherheit ließen Charendin verstummen, doch Mandein hatte noch eine Frage: »Warum? Wenn Ihr von Eurem eigenen Untergang Kenntnis habt, warum tut Ihr dann dies alles?« Er deutete auf die Bauten, die sich in einiger Entfernung erhoben.
    »Das ist der Zweck unseres Daseins«, antwortete Dermon ruhig. »Viele Jahre lang haben wir nach diesem Ort gesucht, und nun bereiten wir ihn vor, wenn auch nicht für den Zweck, den wir dabei im Auge hatten. Wir tun, was wir tun müssen, und wir halten die Treue.« Mandein musterte das

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