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Der Schatten erhebt sich

Der Schatten erhebt sich

Titel: Der Schatten erhebt sich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Jordan
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es der Brauch war, begann der Ogier. Er stand auf und sang. Sein Grollen in tiefstem Baß klang, als sänge die Erde selbst. Die Aiel erhoben sich, und die menschlichen Stimmen erklangen mit ihrem eigenen Lied. Selbst die tiefsten Stimmen unter ihnen lagen noch eine Oktave höher als die der Ogier. Und doch harmonierten die beiden Gesänge. Dann nahm Someschta die beiden Melodien auf und verwob sie in seinem Tanz. Er glitt mit langen, schwingenden Schritten über den Acker, die Arme weit gespreizt. Schmetterlinge umschwärmten ihn und landeten auf seinen Fingerspitzen.
    Coumin hörte im Hintergrund die Gesänge an den anderen Äckern, hörte die Frauen rhythmisch in die Hände klatschen, um die Männer anzufeuern. Es war der Rhythmus und der Herzschlag neuen Lebens, doch dieses Wissen war fern und lag in einem Winkel seines Hinterkopfes. Das Lied berauschte ihn und sog ihn in sich auf. Er selbst war es, den Someschta in die Erde und um die Samen herum verwob. Es waren aber keine Samen mehr. Zemaisschößlinge bedeckten den ganzen Acker, und sie waren überall dort größer, wo sie der Fuß des Nyms berührt hatte. Keine Krankheit würde diese Pflanzen gefährden, kein Insekt sie kahlfressen. Aus den besungenen Samen würden Pflanzen wachsen, mehr als zwei Männer groß. Sie würden die Silos der Stadt füllen. Dafür war er geboren worden, um dieses und viele weitere Lieder zu singen, um Samen zu besingen. Er bedauerte es nicht, daß ihn die Aes Sedai mit zehn Jahren abgelehnt hatten, weil sie sagten, ihm fehle der Funke. Es wäre wunderbar gewesen, zum Aes Sedai ausgebildet zu werden, aber diese Augenblicke jetzt wogen alles auf.
    Das Lied verklang langsam. Die Aiel ließen es gemeinsam ausklingen. Someschta tanzte noch ein paar Schritte weiter, nachdem die letzten Stimmen verklungen waren, denn es schien, als liege immer noch ein Hauch des Liedes in der Luft, solange er sich bewegte. Dann blieb er stehen, und es war vorüber.
    Coumin war überrascht, als er bemerkte, daß die Stadtbewohner verschwunden waren. Er hatte allerdings keine Zeit, darüber nachzudenken, warum sie weg waren und wohin. Die Frauen kamen lachend heran, um die Männer zu beglückwünschen. Jetzt war er selbst einer dieser Männer und kein Junge mehr. Wenngleich sich die Frauen bei ihm noch nicht entschieden haben zu schienen: die einen küßten ihn auf den Mund, während die anderen emporfaßten und ihm über das kurzgeschnittene rote Haar strichen.
    Da wurde er des Soldaten gewahr, der nur wenige Schritt entfernt stand und sie beobachtete. Er hatte seine Schocklanze und den Tarnumhang irgendwo liegen lassen, trug aber noch seinen Helm. Wie ein riesiger Insektenkopf sah dieser aus. Die ›Beißwerkzeuge‹ verbargen sein Gesicht, obwohl er das schwarze Schockvisier hochgeschoben hatte. Als sei ihm gerade klar geworden, daß er immer noch wie ein Fremdkörper wirkte, nahm der Soldat nun den Helm ab. Ein junger Mann wurde so enthüllt, der höchstens vier oder fünf Jahre älter war als Coumin. Der feste Blick aus seinen braunen Augen traf Coumin, und der Junge schauderte. Das Gesicht mochte ja nur vier oder fünf Jahre älter wirken, doch diese Augen... Auch der Soldat war bestimmt mit zehn Jahren ausgewählt worden, um seine Ausbildung zu beginnen. Coumin war froh, daß den Aiel diese Auswahl erspart blieb.
    Einer der Ogier, Tomada, kam herüber. Seine behaarten Ohren zeigten fragend nach vorn. »Habt Ihr Neuigkeiten, Krieger? Ich sah Erregung unter den Jo-Mobilen, während wir sangen.« Der Soldat zögerte. »Ich denke, ich kann es Euch sagen, obwohl es noch unbestätigt ist. Es wurde berichtet, daß Lews Therin die Gefährten heute morgen bei Sonnenaufgang zu einem Angriff auf den Shayol Ghul führte. Die Verbindung ist wohl gestört, doch im Bericht hieß es, der Riß sei versiegelt und die meisten der Verlorenen befänden sich drinnen. Vielleicht auch alle.« »Dann ist alles vorbei.« Tomada atmete auf. »Endlich vorbei, das Licht sei gepriesen.« »Ja.« Der Soldat blickte sich um. Mit einem Mal wirkte er verloren. »Ich... denke schon. Ich glaube... « Er sah seine Hände an und ließ sie dann wieder fallen. Er machte einen innerlich erschöpften Eindruck. »Die Leute hier konnten es kaum erwarten, mit dem Feiern zu beginnen. Wenn die Nachricht sich als richtig erweist, wird das tagelang so gehen. Ob sie wohl... ? Nein, sie werden nicht wollen, daß sich Soldaten ihnen anschließen. Wie ist es mit Euch?« »Heute abend vielleicht«,

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