Der Schatten erhebt sich
wälzte er sich herum, lag still, und dann atmete er kurze Zeit etwas leichter.
Er befand sich zu Hause im Wasserwald. Der Sonnenschein trieb breite Lichtbalken zwischen den Bäumen hindurch und glitzerte auf dem Teich vor ihm. Die Felsbrocken auf seiner Seite des Teichs waren grün bemoost, und dreißig Schritt entfernt am anderen Ufer blühten Blumen. Hier hatte er als Kind schwimmen gelernt.
»Du solltest jetzt ein wenig schwimmen.« Er fuhr erschrocken herum. Da stand Min in ihrer Jungenkleidung und grinste ihn an. Daneben stand Elayne. Ihr rotgoldenes Haar leuchtete über einem grünen Seidenkleid, das auch in den Palast ihrer Mutter gepaßt hätte.
Min war diejenige, die gesprochen hatte. Nun fügte Elayne hinzu: »Das Wasser wirkt einladend, Rand. Niemand wird uns hier stören.« »Ich weiß nicht«, begann er leise, doch Min unterbrach ihn, legte ihm die Arme um den Hals und zog sich auf die Zehenspitzen hoch. Dann gab sie ihm einen Kuß.
Sie wiederholte Elaynes Worte sanft und leise: »Niemand wird uns hier stören.« Dann trat sie zurück und warf ihren Mantel zur Seite, begann, die Bänder ihres Hemdes zu lösen.
Rand starrte sie entgeistert an, und seine Augen wurden noch größer, als er bemerkte, daß Elaynes Kleid auf dem moosbewachsenen Waldboden lag. Die Tochter-Erbin beugte sich gerade mit überkreuzten Armen vor, um sich das Hemd über den Kopf zu ziehen.
»Was macht ihr da?« fragte er mit erstickter Stimme.
»Wir machen uns fertig, um mit dir schwimmen zu gehen«, antwortete Min.
Elayne lächelte ihn an und zog das Hemd hoch.
Er drehte ihr schnell den Rücken zu, obwohl er eigentlich gern zugeschaut hätte. Und da fiel dann sein Blick auf Egwene, deren große, dunkle Augen ihn traurig anblickten. Wortlos wandte sie sich um und verschwand im Wald.
»Warte!« rief er ihr nach. »Ich kann es erklären!« Er fing an zu rennen. Er mußte sie finden. Aber als er den Waldrand erreichte, ließ Mins Stimme ihn stehenbleiben.
»Geh nicht, Rand!« Sie und Elayne befanden sich bereits im Wasser. Nur ihre Köpfe waren zu sehen, als sie sich entspannt in die Mitte des Teichs treiben ließen.
»Komm zurück«, rief Elayne und hob einen schlanken Arm, um ihm zuzuwinken. »Hast du nicht zur Abwechslung einmal verdient, was du gern haben möchtest?« Er trat unsicher von einem Fuß auf den anderen. Er wollte sich bewegen, war aber nicht in der Lage, sich für eine Richtung zu entscheiden. Was er gern haben wollte. Das klang eigenartig. Was wollte er eigentlich? Er hob eine Hand an sein Gesicht, um wegzuwischen, was ihm als Schweiß von der Stirn zu rinnen schien. Verfaulendes Fleisch hatte beinahe den in seine Handfläche gebrannten Reiher ausgelöscht. Zwischen den ekligroten Wundrändern blitzten weiße Knochen.
Mit einem Ruck fuhr er hoch und war wach. Er lag vor Kälte zitternd in der dunklen Nachthitze. Seine Unterwäsche war schweißgetränkt, genau wie das leinene Bettuch unter seinem Rücken. Seine Seite brannte, wo die alte Wunde noch immer nicht richtig verheilt war. Er fuhr mit den Fingern die Narbe nach einen Kreis von mehr als zwei Finger Durchmesser, wo die Haut nach all dieser Zeit noch immer empfindlich war. Selbst Moiraines Aes-Sedai-Heilkunst konnte die Heilung nicht bewerkstelligen. Aber noch verfaule ich nicht. Und ich bin auch noch nicht wahnsinnig. Noch nicht. Noch nicht. Das sagte alles. Er hätte gern gelacht, fragte sich aber gleichzeitig, ob das ein Anzeichen für den beginnenden Wahnsinn sei.
Von Min und Elayne zu träumen, und dann noch auf diese Art und Weise...
Nun ja, Wahnsinn war es nicht, aber verrückt schon. Keine der beiden hatte ihn je auf diese Art angesehen, wenn er wach war. Er war beinahe mit Egwene verlobt gewesen, und das seit ihrer Kindheit. Sicher war die Verlobungsformel nicht vor der Versammlung der Frauen gesprochen worden, aber jeder in und um Emondsfeld herum hatte gewußt, daß sie eines Tages heiraten würden.
Natürlich würde dieser Tag nun niemals kommen, nicht bei dem Schicksal, das einen Mann erwartete, der die Macht lenkte. Auch Egwene mußte das begriffen haben. Sie war vollauf damit beschäftigt, zur Aes Sedai zu werden. Trotzdem - Frauen waren schon seltsam:
Vielleicht dachte sie, sie könne Aes Sedai sein und ihn dennoch heiraten, ob er nun die Macht benutzen konnte oder nicht. Wie konnte er ihr sagen, daß er sie nicht mehr heiraten wollte, daß er sie wie eine Schwester liebte? Aber es war sicher nicht mehr notwendig, ihr das zu
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