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Der Schatten erhebt sich

Der Schatten erhebt sich

Titel: Der Schatten erhebt sich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Jordan
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nicht zu viele davon bei sich tragen, hatte Thom immer behauptet. Aber er benötigte keines mehr.
    Einen Augenblick lang glaubte er sogar, die Karten und die Gestalten seien verschwunden. Oder daß er sich alles nur eingebildet habe. Vielleicht war auch er derjenige, der wahnsinnig wurde. Dann erblickte er die Karten, wieder in normaler Größe. Sie waren von seinen noch zitternden Messern an die dunkle Holztäfelung genagelt worden. Er atmete tief und ächzend ein.
    Der Tisch lag umgekippt auf der Seite. Münzen rollten noch immer über den Fußboden, auf dem die jungen Adligen und die Diener gleichermaßen herumkrochen. Sie starrten Mat und seine Messer mit weit aufgerissenen, verängstigten Augen an - sowohl die Messer in seinen Händen wie auch die an der Wand. Estean schnappte sich einen silbernen Krug, der aus irgendwelchen Gründen nicht mit umgestürzt war, und begann, sich den Wein in den Mund zu kippen. Ein Teil des Weins lief ihm über das Kinn und auf die Brust hinunter.
    »Nur weil dein Blatt nicht gut genug ist, um zu gewinnen«, sagte Edorion heiser, »mußt du nicht gleich... « Er brach schaudernd ab.
    »Ihr habt es doch auch gesehen.« Mat steckte die Messer wieder in ihre Scheiden zurück. Ein dünnes Rinnsal Blut lief ihm von der winzigen Wunde über den Handrücken. »Tut nicht so, als wärt ihr blind!« »Ich habe nichts gesehen«, sagte Reimon hölzern. »Nichts!« Er begann, über den Boden zu kriechen, Gold und Silber aufzusammeln, wobei er sich so auf die Münzen konzentrierte, als seien sie das Wichtigste auf der Welt. Die anderen machten es ihm nach, bis auf Estean, der herumkrabbelte und alle Becher untersuchte, ob in einem vielleicht noch etwas Wein übriggeblieben sei. Einer der Diener hatte das Gesicht in den Händen verborgen, der andere betete leise in weinerlichem, atemlosem Ton mit geschlossenen Augen.
    Mat knurrte einen Fluch und ging hinüber, wo seine Messer die drei Karten an die Wand genagelt hatten. Sie waren nur noch gewöhnliche Spielkarten, einfach Pappe mit leicht gesprungenen Lackfarben. Aber die Gestalt der Amyrlin hielt noch immer den Dolch anstelle der Flamme in der Hand. Er schmeckte Blut und ihm wurde bewußt, daß er an dem Schnitt in seinem Handrücken saugte.
    Hastig riß er seine Messer heraus und zerriß jede Karte in zwei Hälften, bevor er das entsprechende Messer wegsteckte. Nach einem Augenblick des Überlegens suchte er die Karten auf dem Fußboden ab, bis er die Herren der Münzen und des Windes aufgespürt hatte. Die zerriß er ebenfalls. Er fühlte sich dabei wohl etwas närrisch, da ja alles vorüber war, und die Karten wieder nur Karten, aber er konnte nicht anders.
    Keiner der jungen Adligen, die auf den Knien herumrutschten, versuchte, ihn aufzuhalten. Sie krabbelten ihm aus dem Weg und blickten ihn nicht einmal an. Heute nacht würde es keine Kartenspiele mehr geben und vielleicht auch an den nächsten Abenden nicht. Auf jeden Fall nicht mit ihm. Was auch geschehen war, es hatte eindeutig ihm gegolten. Und was noch eindeutiger war: Es hatte mit der Einen Macht zu tun. Und damit wollten sie nichts zu tun haben.
    »Seng dich, Rand!« knurrte er leise. »Wenn du schon verrückt wirst, dann laß mich aus dem Spiel!« Seine Pfeife lag in zwei Teilen am Boden. Er hatte den Stiel glatt durchgebissen. Wütend schnappte er sich seinen Geldbeutel vom Fußboden und stolzierte aus dem Raum.
    In seinem dunklen Schlafgemach wälzte sich Rand unruhig auf einem Bett herum, das breit genug war für fünf. Er träumte.
    Moiraine trieb ihn mit einem spitzen Stock durch einen düsteren Wald zu einer Lichtung, auf der die Amyrlin ihn schon erwartete. Sie saß auf einem Baumstumpf und hatte ein für ihn bestimmtes Henkerseil in der Hand. Zwischen den Bäumen bewegten sich dunkle Gestalten, die er nur undeutlich wahrnehmen konnte, lauerten, hetzten ihn. Hier blinkte ein Dolch im Dämmerlicht, dort wartete ein Strick, um ihn zu fesseln. Moiraine, schlank und so klein, daß sie ihm kaum bis an die Schulter reichte, ließ einen Gesichtsausdruck erkennen, den er bei ihr noch nie gesehen hatte. Angst. Sie schwitzte, stieß ihn fester, versuchte, ihn dem Henkerseil der Amyrlin schneller zuzutreiben. Schattenfreunde und die Verlorenen lauerten im Wald, die Leine der Weißen Burg vor und Moiraine hinter ihm. Er duckte sich unter Moiraines Stock hindurch und floh.
    »Dazu ist es zu spät!« rief sie ihm nach, aber er mußte zurück. Zurück.
    Im Schlaf vor sich hin murmelnd,

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