Der Schatten im Norden
investieren.
Sehen Sie nun den Anteil, den Sie daran haben? Sie
haben heimlich und vorsätzlich den Bankrott der Firma
verursacht. Damit haben Sie viele Menschen um ihr Geld
gebracht. Alle haben Anspruch auf Entschädigung, aber
nicht alle sind meine Klienten. Alles, was ich von Ihnen
haben möchte, ist ein Scheck in Höhe von
dreitausendzweihundertvierzig Pfund, zahlbar an Miss
Susan Walsh. Der Betrag ist hier aufgeführt. «
Sie legte ein gefaltetes Papier auf den Schreibtisch.
Bellmann rührte sich nicht.
»Und ich möchte ihn jetzt haben. « Chaka, der zu ihren
Füßen lag, knurrte leise. Plötzlich bewegte sich
Bellmann. Er schnippte das Blatt auf, las es, zerriss es
und warf es in den Papierkorb. Sein blasses Gesicht hatte
sich verfinstert.
»Verlassen Sie augenblicklich mein Büro. «
»Ohne den Scheck? Ich nehme an, Sie schicken ihn mir.
Sie kennen ja meine Büroadresse. « »Ich werde Ihnen
nichts schicken. «
»Nun gut. « Sie schnippte mit den Fingern, und Chaka
erhob sich. »Ich habe nicht vor, Zeit mit gegenseitigen
Anschuldigungen zu vertun. Was ich über sie weiß,
reicht für einen sehr interessanten Artikel in den
Zeitungen: North Star zum Beispiel, Nordenfels.
Außerdem weiß ich jetzt, wo ich weitersuchen muss, und
das werde ich tun und es dann veröffentlichen. Ich
bekomme das Geld, Mr. Bellmann, täuschen Sie sich
nicht. « »Ich täusche mich nie. « »Mir schien es aber so.
Guten Tag. «
Er erwiderte nichts. Niemand kam ihr nahe, als sie das
Haus verließ. Erst nach einer halben Stunde in einem
Teesalon, bei Tee und Rosinenbrötchen, hatte sich ihr
Zittern gelegt. Schließlich musste sie sich zu ihrem
Verdruss die Frage stellen, ob nicht sie es war, die sich
getäuscht hatte.
Kaum hatte sie das Büro verlassen, da stand Bellmann
hinter seinem Schreibtisch auf, um die Karte aufzuheben,
die aus ihrem Handschuh gefallen war. Er hatte nichts
gesagt, als er sie auf den Teppich fallen sah. Er bückte
sich, hob sie auf und las: >Mrs Budd 147 Tollbooth Road
Streatham<
Er trommelte kurz mit den Fingern auf dem
Schreibtisch, dann ließ er Mr. Windlesham kommen.
LAVENDEL
Jim Taylor meinte ein Interesse an Alistair Mackinnon
zu haben, ungefähr so, als ob er Aktien bei ihm gekauft
hätte. Bei aller Abneigung, die er für den Mann empfand,
ärgerte es ihn doch, dass Frederick ihn hatte entwischen
lassen. Frederick versuchte sich damit zu rechtfertigen,
man könne von niemandem erwarten, einen Mann
ständig im Auge zu behalten, der sich in Rauch auflösen
und durch Schlüssellöcher schlüpfen konnte. Worauf Jim
erwiderte, dann habe Frederick wohl seine fünf Sinne
nicht mehr beisammen, da er nicht einmal mehr auf seine
Taschenuhr achten könne. Beim nächsten Mal würde
man ihm wohl seine Hosen abnehmen. Daher machte er
sich nun selbst auf die Suche nach Mackinnon. Er fragte
in jedem Haus in der Oakley Street, Chelsea, wo
Mackinnon nach seinen eigenen Worten wohnte, doch
vergebens. Er fragte den Manager des Varietees, aus dem
er Mackinnon gerettet hatte, erhielt aber nur die
Auskunft, keiner kenne seine Adresse. Er erkundigte sich
auch an mehreren anderen Varietee-Theatern, aber auch
dort hatte er kein Glück.
Doch er gab nicht auf. Im Laufe seines kurzen,
krummen Lebens hatte er eine erstaunliche Anzahl von
Bekanntschaften gemacht: auf dem Rennplatz und am
Theater, in der Halbwelt und in ganz ehrenwerter
Gesellschaft. Allen aber war gemein, dass er mit jedem
durch irgendeine Gefälligkeit verbunden war: Tipps für
Pferdewetten, kleine geliehene Geldsummen, ein
diskreter Hinweis, wie der Polizeispitzel im Viertel
aussehe usw. Folglich gab es kaum etwas, was Jim nicht
in Erfahrung bringen konnte, wenn er nur wollte.
Und so kam es, dass er am Abend des Tages, an dem
Sally einen Besuch bei Axel Bellmann gemacht hatte,
sich am Tresen eines Pubs in Deptford neben einen
drahtigen kleinen Mann mit weißem Schal stellte und ihn
an die Schulter tippte. Der Mann zuckte augenblicklich
zusammen.
»N' Abend, Dippy!«, sagte Jim aufgeräumt. »Wie geht's,
Kumpel?« »Wie? Ach du bist es, Jim. Danke der
Nachfrage. « Dippy Lumsden schaute sich verstohlen
um, aber das tat er berufsmäßig: Er war ein Taschendieb.
»Hör mal, Dippy«, sagte Jim. »Ich suche da einen Kerl.
Der Typ heißt Mackinnon --- ein Zauberkünstler. So 'n
Schotte, aber ohne wehendes Röckchen. Er tingelt seit
ein oder zwei Jahren durch die Varietees. Da könntest du
ihn gesehen haben. « Dippy nickte sogleich. »Hab ich.
Und
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