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Der Schatten im Norden

Der Schatten im Norden

Titel: Der Schatten im Norden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philip Pullman
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ruhige Straße gerichtet. »Ja?«,
Frederick ließ nicht locker.
»Das war letzten Sommer. Oben in Schottland. Bei den
Pferderennen. Wir haben uns nur im Vorübergehen
gegrüßt. Er konnte aus Rücksicht auf seine Familie nicht
reden, ja, und das war's auch schon. « »Besteht
irgendeine Verbindung zwischen ihm und Bellmann?
Oder zwischen ihm und Mackinnon? Ich nenne
Bellmanns Namen nur, weil ich neulich alle drei am
gleichen Ort gesehen habe. « »Nein«, sagte sie. »Das
kann ich mir nicht vorstellen. Ich weiß auch gar nicht,
wer dieser Bellmann ist... «
Sie schaute immer noch weg. Frederick wartete noch
eine Weile schweigend, dann sagte er: »Nun, jedenfalls
vielen Dank, Mrs. Budd.
Sollte Ihnen noch etwas einfallen, wäre ich Ihnen sehr
verbunden, wenn Sie es mich wissen ließen. Hier ist
meine Adresse... « Er legte eine Visitenkarte auf den
Tisch und stand auf. Als sie sich daraufhin umdrehte, um
ihm die Hand zu geben, merkte er, dass sie ihr ganzer
Elan verlassen hatte; sie sah beinahe wie eine alte Frau
aus, geschminkt, gepudert und verängstigt.
»Jetzt habe ich Ihre Fragen beantwortet«, sagte sie zum
Schluss, »und Sie haben gar nichts von sich erzählt. Wer
sind Sie und was machen Sie?«
»Ich bin Privatdetektiv«, sagte Frederick, »und arbeite
zur Zeit an zwei Fällen, die auf merkwürdige Weise
miteinander verbunden scheinen. Sie benachrichtigen
mich doch, wenn Ihnen noch etwas einfällt?«
Mit einem unechten Lächeln brachte sie ihn an die Tür
und verabschiedete ihn.
Unterdessen war Sally auf dem Weg zu Bellmann. Sie
hatte sich überlegt, dass sie nichts zu verlieren hatte,
wenn sie die Initiative ergriffe, ja möglicherweise würde
ihr Gegner sogar für kurze Zeit aus dem Gleichgewicht
geraten. Diese Taktik hatte sie von ihrem Vater gelernt.
Sie benutzte sie beim Schachspielen mit Webster.
Manchmal klappte es.
Um zehn Uhr kam sie mit Chaka am Baltic House an.
Draußen stand ein kräftiger Portier, der sie schneidig
begrüßte und keine Anstalten machte, sie vom Eintreten
abzuhalten. Sein Gesicht verriet abgrundtiefe Dummheit.
Sie folgerte daraus, dass man Portiers hier eher nach
Leibesumfang als nach Intelligenz einstellte. Der
Bediente im Haus war etwas rascher von Begriff. »Das
ist ganz unmöglich. Niemand wird zu Mr. Bellmann
vorgelassen, wenn keine schriftliche Anmeldung hier in
meinem Buch vorliegt. « Er schüttelte den Kopf und
wollte Sally den Weg versperren. »Chaka«, sagte Sally
und ließ das Halsband des Hundes los. Das mächtige Tier
knurrte und ging auf den Portier los. »Schon gut! Schon
gut! Rufen Sie ihn zurück. Ich werde sehn, was ich tun
kann, Miss... « Sally packte Chaka wieder fest am
Halsband, worauf der Mann losging, um eine Person mit
höheren Befugnissen zu holen. Kurze Zeit später kam er
mit einem eleganten, jungen Schnurrbartträger wieder,
der lächelnd die Hände ausstreckte.
»Miss - Lockhart, nicht wahr? - Es tut mir ja so Leid,
aber Mr. Bellmann ist im Augenblick so beschäftigt - «
»Kein Problem«, sagte Sally. »Ich kann fünf Minuten
warten. « »Donnerwetter! Was für ein prächtiges Tier!
Irischer Wolfshund?«, erkundigte sich der junge Mann
mit einem freundlichen, gewinnenden Lächeln, das aber
nur Fassade war. Er näherte seine sorgfältig manikürte
Hand dem Kopf des Hundes. »Leider ist es keine Frage
von fünf Minuten --- Verflixt! Lass los! So helfen Sie mir
doch! - Ahh -«
Chaka hatte nach der ausgestreckten Hand geschnappt
und spielte nun damit wie mit einer Ratte.
»Keine Angst«, beruhigte ihn Sally. »Er lässt gleich
wieder los. Er mag nur richtiges Fleisch. «
Der Klang ihrer ruhigen Stimme genügte, damit der
Hund die Hand losließ und sich neben sein Frauchen
setzte, nicht ohne ihr einen glücklichen Blick
zuzuwerfen. Der junge Mann wankte zum nächsten
Stuhl, ließ sich nieder und pustete auf seine Hand.
»Schauen Sie nur!«, entrüstete er sich. »Er hat mich
blutig gebissen!«
»So kenne ich ihn gar nicht. Vielleicht hat sich Mr.
Bellmann nun von seinen Geschäften frei machen
können. Würden Sie wohl so freundlich sein und ihm
sagen, dass ich hier bin und jetzt mit ihm sprechen
möchte?«
Um Antwort verlegen, erhob sich der junge Mann
unsicher und eilte davon. Der Bediente blieb kurz im
Korridor, schaute um die Tür und verzog sich wieder.
Zwei Minuten vergingen. Sally suchte in ihrer
Handtasche nach der Karte mit Nellie Budds Adresse, die
ihr Frederick gegeben hatte. Vielleicht konnte sie
nachher bei ihr vorbeischauen. Dann

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