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Der Schatten im Norden

Der Schatten im Norden

Titel: Der Schatten im Norden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philip Pullman
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sehr.
Ich würde alles hergeben, um ihm zu helfen, alles auf der
Welt... Alles an ihm ist mir so kostbar. Wenn ich doch
nur so viel verdiente, dass ich für ihn sorgen könnte!
Allein der Gedanke, dass er in diesem schrecklichen
Haus von Mrs. Mooney leben muss und sich nicht zeigen
darf --- er, ein Künstler von höchstem Rang! Verzeihen
Sie, das klingt sicherlich alles sehr lächerlich; eine Frau
mit... Ich darf niemals erwarten, dass er... Verzeihung,
ich hätte das alles nicht sagen sollen. Aber ich habe sonst
niemanden, mit dem ich reden kann. Ich bin so allein. «
Jim war immer noch am Abschreiben; er war froh, dass
er sie nicht anschauen musste. Er wusste nicht, was er
sagen sollte. Ihre Gefühle lagen so ungeschützt offen und
das machte sie so hilflos. Er strich mit dem Finger über
die Stickerei der Tischdecke und dachte verzweifelt nach.
»Haben Sie das gemacht?« Sie nickte.
»Ich könnte solche Sachen für Sie zu einem guten Preis
verkaufen. Sie brauchten nicht für Pfennige zu arbeiten
und in so einem winzigen Zimmer dahinkümmern. Ich
weiß schon, was Sie denken --- Sie leben hier, um sich zu
verstecken, nicht wahr? Ich wette, Sie gehen nur nachts
aus. « »Das stimmt. Aber ---«
»Hören Sie, Miss Meredith. Was Sie mir vorhin gezeigt
haben, hat mir sehr geholfen. Ich weiß nicht, ob er jemals
wieder hierher kommt; ich vermute, er hat die Flatter
gemacht. Sie müssen schon Glück haben, um ihn wieder
zu sehen. Nein« --- sie machte Anstalten, ihm zu
widersprechen ---, »ich bin noch nicht fertig. Ich gebe
Ihnen eine Visitenkarte von uns, und auf die Rückseite
schreibe ich die Adresse einer jungen Frau, Miss
Lockhart. Sie gehört ebenfalls zu unserer Firma --- sie ist
schwer in Ordnung. Wenn Sie Rat und Hilfe brauchen,
wenden Sie sich an sie. Und falls Sie Mackinnon doch
wieder sehen sollten, dann drängen Sie ihn, zu uns zu
kommen, ja? Oder geben Sie mir Bescheid. Es ist ja nur
zu seinem Besten, dieser dumme Sack, äh Kerl... Wenn
wir diesen Fall aufgeklärt haben, kann er wieder auftreten
und sein Publikum verzaubern, und wir alle werden
aufatmen. «
Draußen auf der Straße ertappte er sich beim Pfeifen,
denn er war ein gutes Stück weitergekommen. Doch dann
dachte er an das seltsame, leidenschaftliche und einsame
Leben dieser Frau und das Pfeifen verging ihm.
Gemeinheit und Betrug waren nichts Neues für ihn,
selbst Mord war eine klar umrissene Sache. Aber Liebe
blieb ihm ein Geheimnis.
Jim drückte die Türklinke und trat ein. Webster saß
friedlich am Kamin, die dampfende Pfeife im Mund, ein
Glas Whisky auf der Lehne des Sessels, die Füße auf
dem Kamingitter abgelegt, und las einen von Jims
Groschenromanen. Ihm zu Füßen lag lang hingestreckt
Chaka und nagte eifrig an einem Knochen, während
Frederick und Sally sich an den beiden Enden des
Tisches gegenüberstanden und jeden Augenblick
aufeinander losgehen wollten, »n Abend«, grüßte Jim.
Keiner beachtete ihn. Er holte sich ein Bier aus der
Speisekammer und setzte sich Webster gegenüber. »Ich
habe Mackinnon aufgespürt«, sagte er leichthin, während
er sich Bier in ein Glas goss. »Und ich weiß, was mit ihm
los ist. Außerdem habe ich herausgefunden, was Nellie
Budd meinte. Ich wette, dass ist mehr, als ihr Deppen
zustande gebracht habt. Aber ich rede wohl für mich
selbst. Kein Schwein hört zu, wie immer. « Er nahm
einen tiefen Schluck aus seinem Glas und betrachtete den
Umschlag des Groschenromans, den Webster gerade las.
»Der Schatz ist unter dem Skeleton Rock«, setzte er an
und Webster schaute auf. »Die Clancy-Bande hat ihn dort
versteckt, nachdem sie die Bank in die Luft gesprengt
hat. Deadwood Dick verkleidet sich als Bandit und
schließt sich der Bande an. Ned Buckeye --- der neue
Schurke --- ist kein anderer als Deadwood Dick, nur
kannst du das noch nicht wissen. «
Webster warf das Heft gereizt weg. »Warum sagst du
mir das?«, sagte er vorwurfsvoll. »Jetzt hast du mir alles
verdorben. « »Ich musste dich doch irgendwie
aufwecken. Was ist denn los mit den beiden?«
Webster schaute vage zu Frederick und Sally hinüber.
»Keine Ahnung«, sagte er bloß, »hab nicht zugehört. War
ganz in Deadwood Dick vertieft. Haben sie sich wieder
in den Haaren?« Frederick schlug gerade mit der Faust
auf den Tisch. »Wenn du nur etwas Verstand gehabt
hättest --- «, ereiferte er sich. »Rede du mir nicht von
Verstand«, erwiderte Sally. »Ich sagte dir doch, dass du
mir nicht in die Quere kommen solltest. Wenn du bei
einem Fall

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