Der Schatten im Norden
zusammenarbeiten willst --- «
»Haltet mal beide die Klappe«, rief Jim laut
dazwischen. »Und lasst das Gezerre. Wenn ihr was
Neues hören wollt, dann setzt euch und stellt die
Lauscher auf. «
Einen Augenblick blieben sie noch stehen, immer noch
knisterte es zwischen ihnen. Dann schob Frederick einen
Stuhl zu Sally hinüber und setzte sich selbst auf einen
Hocker. Auch sie setzte sich. »Also?«, fragte sie.
Jim berichtete ihnen von Isabel Meredith und las ihnen
den Wortlaut des Zeitungsausschnittes vor, den er
abgeschrieben hatte. »Meiner Ansicht nach«, folgerte er,
»versucht Mackinnon Bellmann zu erpressen. Er hat den
Zeitungsausschnitt in die Finger gekriegt, hat die
Verbindung mit dem Trance-Hokuspokus gesehen und
versucht Bellmann nun zu melken. Der wehrt sich
natürlich. Elementar. Wie denkt ihr darüber?«
»Welche Beziehung besteht zwischen Nellie Budd und
Mackinnon?«, fragte Frederick.
»Hol's der Geier, das weiß ich nicht«, gab Jim zu.
»Vielleicht gehören beide so einem spiritistischen
Bäumchen-wechsle-dich-Verein an. Vielleicht ist sie
auch Bellmanns Strohpuppe. « »Und diese
Erbschaftsgeschichte«, fragte Sally. »Sein Vater soll eine
hoch gestellte Persönlichkeit sein --- hat sie das gesagt?«
»Das hat sie. «
»Vielleicht stimmt es ja. Vielleicht ist er der Erbe von
etwas, das Bellmann gern hätte. «
»Wenn es stimmt«, betonte Frederick. »Immerhin sind
wir etwas weitergekommen. Hast du den Eindruck, dass
man dieser Miss Meredith trauen kann?«
»Oh ja«, bekräftigte Jim. »Schließlich hat sie den ersten
Schritt gemacht. Sie hätte das nicht tun brauchen, wenn
sie etwas hätte verbergen wollen. Sie hat nur einen
Gedanken, ihn in Sicherheit bringen... Bestimmt würde
sie auch lügen, wenn es ihm nützte, aber sie hat mich
nicht angelogen, darauf würde ich schwören. « »Hm«,
machte Frederick und rieb sich das Kinn. »Begraben wir
das Kriegsbeil, Sally?«
»Na gut«, sagte sie widerwillig. »Aber ich hoffe, du
sagst mir ohne Zaudern, wenn du etwas
herausbekommen hast. Hätte ich gewusst, dass Bellmann
der Mann ist, der Mackinnon jagt, hätte ich bei meinem
Besuch bei ihm einen Trumpf mehr im Ärmel gehabt. «
»Es war schon ziemlich töricht, das überhaupt zu tun,
wenn du mich fragst«, sagte Frederick. »So ohne
Deckung losstürmen und ---« »Ja, aber ich frage dich ja
gar nicht«, schnappte Sally. »Du hast schon -«
»Schluss jetzt!«, befahl Jim. »Wer möchte was
Zünftiges zum Abendessen? Mr. Webster? Und du,
Chaka, schmeckt der Knochen?« Chaka fegte mit dem
Schwanz den Boden, als Jim ihn hinter den Ohren
kraulte. Frederick holte einen Laib Brot und Käse, Sally
räumte ab, und ein paar Minuten später saßen alle bei
Tisch und aßen. Danach stellten sie die Teller auf die
Bank hinter ihnen, und Jim holte die Karten für eine
Partie Whist. Sally spielte zusammen mit Frederick
gegen Jim und Webster. Bald lachten sie wieder wie in
alten Tagen, als ihre Freundschaft noch neu und Sally
noch nicht nach Cambridge gegangen war; als sie sich
noch nicht dauernd in den Haaren lagen. Wer sie jetzt
zusammen sieht, dachte Jim bei sich, müsste annehmen,
sie seien ineinander verliebt. Aber keine hoffnungslose,
zum Scheitern verurteilte Leidenschaft wie die der armen
Isabel Meredith verband sie, sondern Liebe, wie sie sein
sollte: verspielt und fordernd, aufregend und auch
gefährlich und mit scharfem Verstand. Die beiden waren
einander ebenbürtig - Tiger alle beide. Sie konnten alles
auf der Welt erreichen, wenn sie nur zusammenhielten.
Warum bekämpften sie sich nur?
DER WINTERGARTEN
Am Montagmorgen kam Charles Bertram mit einer
Neuigkeit in den Laden. Er hatte einen Freund, der bei
Elliott & Fry arbeitete (dem schicksten Fotoatelier
Londons, wo sich die Schönen und Reichen vor
extravaganten Kulissen fotografieren ließen), und dieser
Freund hatte ihm von einer Bestellung berichtet, die sie
kürzlich erhalten hätten. Es gehe darum, das
Verlobungsbild von Axel Bellmann und Lady Mary
Wytham aufzunehmen. Frederick pfiff durch die Zähne.
»Wann?«, fragte er. »Heute Nachmittag, in Wythams
Haus am Cavendish Square. Ich dachte, du wärest
vielleicht interessiert. Elliot & Fry machen immer großen
Bahnhof: Der Fotograf hat einen Blitzlichthalter zur
Seite, einen Gehilfen, der die Linsen putzt, und einen, der
das Stativ aufstellt... «
»Wie heißt denn dein Freund? Ist es nicht zufällig
Protherough junior?
»Genau der ist es. Kennst du ihn?«
»Ja, und er schuldet mir noch etwas. Gut
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