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Der Schattengaenger

Der Schattengaenger

Titel: Der Schattengaenger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Monika Feth
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»Und die Mails, haben Sie die gespeichert?«
    »Ich wusste doch nicht, dass das wichtig sein könnte.«
    Natürlich nicht. Man lebte normalerweise nicht auf Sparflamme und übervorsichtig, nur weil irgendwann irgendetwas passieren könnte.
    »Schon gut«, sagte Bert.
    Sie atmete tief aus. Als hätte sein Verständnis sie von jeder Schuld befreit. Es gelang ihr sogar zu lächeln. Die Fältchen, die dabei um ihre Augen entstanden, waren Bert schon vertraut.
    Viel zu sehr.
    Er räusperte sich. »Sind Ihnen Menschen aufgefallen, die Ihnen zu nahe gekommen sind? Flüchtige Berührungen im Gedränge, die möglicherweise nicht unabsichtlich entstanden sind? Hat jemand Sie angerempelt? Sich auffallend ausführlich entschuldigt? Sind Sie angestarrt worden …«
    »Ich werde ständig angestarrt und angerempelt, und ständig versuchen Menschen, mir nahezukommen. Das liegt an meinem Beruf. Autoren zum Anfassen, das ist es, was heutzutage gewünscht wird. Schriftsteller leben nicht mehr im Elfenbeinturm.« Sie machte eine kleine Pause, bevor sie weitersprach. »Und wenn Sie mich fragen, dann haben sie dort auch nichts verloren.«
    Sie starren dich nicht an, weil du bekannt bist, dachte Bert. Sie starren dich an und suchen deine Nähe, weil du schön bist und sie faszinierst.
    »Das Bad in der Menge kann schützen«, sagte sie. »Und es kann einen zur Zielscheibe machen. Es ist eine Frage der Betrachtungsweise.«
    »Nein.« Bert schüttelte den Kopf. »In der Menge ist man höchstens dann aufgehoben, wenn man sich als Unbekannter unter Unbekannten befindet, Teil davon ist.«
    So kamen sie nicht weiter. Bert kritzelte Strichmännchen auf das Blatt Papier, das vor ihm lag.
    PunktPunktKommaStrichfertigistdasMondgesicht.
    Er erlebte das nicht oft, dass er neben sich stand und sich  selbst beobachtete. Im Augenblick war es so. Es war kein angenehmes Gefühl.
    »Wann werden Sie abreisen?«, fragte er, nur um seine Stimme zu hören.
    »Ich habe mich noch nicht festgelegt.« Imke Thalheim schlug die Beine übereinander. Der Stoff ihres knöchellangen schwarzen Rocks raschelte.
    »Und wovon hängt das ab?«
    Sie schaute zum Fenster und schien zu frösteln. Bert stand auf und machte es zu. Sein Blick fiel auf die Straße. Hier war immer was los. Rund um die Uhr. Da unten war das Leben. Warum konnte er diese Frau nicht an der Hand nehmen und mit ihr im Gewimmel verschwinden?
    Weil wir verschiedenen Seiten angehören, dachte er. Nicht nur, dass sie reich ist und prominent, nicht nur, dass sie in einer anderen Welt verkehrt und eine Intellektuelle ist - sie ist auch Teil eines Falls.
    Und ich bearbeite ihn.
    Außerdem lebt sie in einer glücklichen Beziehung.
    Was ist schon Glück, nörgelte die besserwisserische Stimme in seinem Innern. Woher weißt du überhaupt …
    »Ich werde abreisen, sobald ich den Mut dazu aufbringe.«
    Sobald sie den Mut dazu aufbrachte?
    Ihre Finger spielten mit einem Fadenknötchen auf dem Ärmel ihres Jacketts. »Die Einsamkeit unterwegs ist schrecklich.«
    »Und wenn Sie sich von jemandem begleiten lassen?«
    Sie hob den Kopf, reckte trotzig das Kinn. »Ich kann schon selbst auf mich aufpassen, Herr Kommissar.«
    Daran hatte Bert erhebliche Zweifel, doch das konnte er ihr schlecht sagen. Er lenkte vom Thema ab, indem er ihr für ihren Aufenthalt im Sauerland ein paar Sicherheitsinstruktionen gab. Imke Thalheim hörte sie sich geduldig an und nickte.
    Bert sprach eindringlich auf sie ein. Er hoffte, sie würde seine Worte auch wirklich beherzigen.
     
    Merle war damit beschäftigt, das Freigehege der Katzen zu reinigen. Der Winter war zurückgekehrt. Es war noch einmal richtig kalt geworden. Der Reif auf den Dächern hatte sich den ganzen Tag gehalten und es war so dunkel wie an einem Nachmittag im Dezember.
    Die meisten Katzen hatten es sich im Katzenhaus gemütlich gemacht. Nur wenige Hartgesottene hielten sich im Freigehege auf. Das Fell gegen den scharfen Wind aufgeplustert und mit unter den Bauch gezogenen Vorderbeinen lagen sie auf ihren Lieblingsplätzen und beobachteten Merles Anstrengungen aus schmalen Augen.
    Merle war froh darüber, dass sie sich körperlich abreagieren konnte. Die neue Praktikantin hatte gegen Mittag nach nur zwei Tagen den Job hingeworfen. Sie hatte in ihrem Bewerbungsschreiben zwar angegeben, Tiere zu lieben, doch den Umgang mit ihnen hatte sie sich wohl anders vorgestellt.
    Nicht so schwierig und nicht so schmutzig.
    Kot, Kotze und Urin beseitigten sich nicht von allein. Man konnte

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