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Der Schattengaenger

Der Schattengaenger

Titel: Der Schattengaenger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Monika Feth
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- er hat mit Frau Thalheim telefoniert und nennt sich  der Schattengänger - aber könnte es nicht sein, dass die Stimme verfremdet war und der Name uns irreführen soll?«
    »Er scheint sie lediglich verstellt zu haben. Frau Thalheim ist sich hundertprozentig sicher, mit einem Mann telefoniert zu haben.«
    »Und dann hat sie ihn ja auch gesehen, nicht wahr?«
    »Nur schemenhaft. Es war Nacht.«
    »Gibt es ein Täterprofil?«
    »Wir arbeiten daran.«
    Der Chef hatte Bert noch einmal eindringlich vor Augen gehalten, dass in dieser Angelegenheit alles Erdenkliche getan werden musste, dann hatte ein Anruf das Gespräch beendet.
    Das Täterprofil …
    Bert stellte sich einen großen Karton zurecht, um darin die Abfälle zu sammeln. Er hatte sich dazu entschlossen, in der Garage reinen Tisch zu machen und sich von allem zu trennen, was er in den vergangenen Jahren nicht angerührt hatte, denn das war ein Indiz dafür, dass er es vermutlich auch in den folgenden Monaten nicht brauchen würde. Er warf Polierpaste, eingetrocknete Farbreste und zerfressene Autoschwämme weg, ließ einen kaputten Wecker, eine zerbrochene Taucherbrille und eine verrostete Luftpumpe in den Karton fallen.
    Das Täterprofil. Isa hatte ihm eindringlich und herzlich ihre Unterstützung angeboten. Er würde darauf zurückkommen. Er war dankbar für jede Hilfe, die er bekommen konnte.
     
    Obwohl er keinen Notdienst hatte, war Tilo in die Praxis gefahren, um sich dort mit einem jungen Mann zu treffen, der ihm seit einiger Zeit Sorgen bereitete. Imke wusste nichts Genaueres. Sie hatte längst akzeptiert, dass die Schweigepflicht Tilo heilig war. Er hatte ihr lediglich anvertraut, dass er sich seit Wochen bemühte, diesen Patienten von der Notwendigkeit einer stationären Therapie zu überzeugen. Bis dahin war er für ihn da, wie auch für jeden anderen Patienten, der ihn brauchte, und das bedeutete, dass er tatsächlich rund um die Uhr über sein Notfallhandy erreichbar blieb.
    »Ich würde anschließend gern noch ein paar liegen gebliebene Arbeiten erledigen«, hatte Tilo gesagt. »Geht das in Ordnung?«
    »Lass dir Zeit«, hatte Imke geantwortet. »Ich habe auch noch jede Menge zu tun.«
    Sie hatte ihn zur Tür gebracht und ihm nachgeschaut, als er davongefahren war. Sein Wagen war wieder intakt. Irgendetwas mit dem Vergaser hatte nicht gestimmt.
    Tilo hatte sich für die zwei Tage, in denen er auf seinen Mazda verzichten musste, einen Leihwagen genommen.
    »Aber du kannst doch mein Auto …«, hatte Imke ihm angeboten und erschrocken innegehalten. Für einen Moment hatte sie es vergessen: In der Situation, in der sie sich zurzeit befand, konnte es lebenswichtig sein, hier draußen in der Abgeschiedenheit über einen Wagen zu verfügen.
    Immer wenn Tilo wegfuhr, ließ er eine Stille zurück, die das Haus bis in den letzten Winkel füllte. Eigentlich hatte Imke niemals mehr von einem Mann abhängig sein wollen. Es tat zu weh, ihn irgendwann wieder zu verlieren. Sie hatte nicht vorgehabt, sich jemals wieder zu verlieben.
    Liebe machte schwach. Sie machte verletzlich und hinterließ Wunden, die niemals heilten. Hatte sie das nicht mühsam erfahren müssen?
    Und dann war Tilo gekommen und hatte all ihre Gedanken und Vorsätze, ihr Selbstmitleid und ihren Größenwahn über den Haufen geworfen. Immer tiefer hatte er sich in ihr Leben geschlichen, in ihren Kopf und ihr Herz, und war schließlich geblieben.
    Imke ging in die Küche und beseitigte das Chaos, das noch vom Frühstück dort herrschte. Sie horchte auf das Klappern des Geschirrs, lauschte ihren Schritten, hörte ein Flugzeug am Himmel und spürte, wie die Stille sich zurückzog.
    Sie nahm sich vor, die Wochenendeinkäufe zu erledigen, bevor sie sich an den Schreibtisch setzte. Fing sie erst einmal mit dem Schreiben an, würde sie später keine Lust mehr haben, die Arbeit zu unterbrechen.
    Draußen war es nass und kalt. Feiner Sprühregen benetzte ihr Gesicht. Die leeren Wasserflaschen klapperten in dem Kasten, den Imke mit beiden Händen trug. Der graue Himmel hing tief über dem trostlosen Land, als wollte er auch noch den Rest von Lebendigkeit ersticken.
    Imke merkte, dass sie sämtliche Muskeln angespannt hatte. Im Haus gelang es ihr meistens, ihre Ängste zu verdrängen, doch sobald sie es verließ, fühlte sie sich wehrlos und angreifbar.
    Der Schuppen war so weit weg. So groß. Und so dunkel.
    Imke verspürte den fast unwiderstehlichen Impuls, das Leergut fallen zu lassen, umzukehren und

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