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Der Schattengaenger

Der Schattengaenger

Titel: Der Schattengaenger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Monika Feth
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Tatsächlich hatten wir uns dieses piekfeine Gutshofocker eigens im Baumarkt mischen lassen.
    »Genau.« Merle grinste. So gefiel sie mir schon viel besser. »Nach altem Landadel und einem verwunschenen Rosengarten …«
    »… mit lauter schottischen Sorten. Und alle Blüten sollten aussehen wie aus Porzellan.«
    »Kriege ich ein Gewächshaus? Es muss nicht groß sein, Jette. Mir reicht ein klitzekleines.«
    »Und dann wirst du deine Begabung fürs Gärtnern entdecken?«
    »Wer weiß? Wir könnten den Hof doch auch wieder bewirtschaften. Hast du mal darüber nachgedacht?«
    »Hühnermist und Schafdung. Danach hab ich mich immer schon verzehrt.«
    Merle legte den Farbroller ab und streckte sich. »Ein bisschen heile Welt, wär das nicht schön?«
    Meine Welt war in Scherben gefallen, als meine Eltern sich scheiden ließen und mein Vater mit Angie, seiner Sekretärin, einen Sohn bekam. Sie hatte sich nicht mehr kitten lassen,  meine Welt, im Gegenteil. Sogar die Scherben waren noch einmal zu Bruch gegangen. Damals.
    »Heile Welt? Das ist vorbei«, sagte ich leise.
    Der sehnsüchtige Ausdruck verschwand von Merles Gesicht. »Scheiß drauf«, sagte sie. »Wozu brauchen wir eine heile Welt? Wir haben doch uns.«
    Sie reichte mir eine ockerfarbene, glitschige Hand. Ich nahm sie und sah Tränen in Merles Augen.
    »Guck nicht so!« Sie tupfte sich die Augenwinkel vorsichtig mit einem Zipfel ihres Pullis. »Ich hab nur was ins Auge gekriegt.«
    Schweigend arbeiteten wir weiter. Heile Welt, summte es in meinem Kopf, heile, heile Welt. Ein Märchen, längst vergessen. Wahrscheinlich hatte ich einmal daran geglaubt, mit vier oder fünf. Inzwischen war ich erwachsen geworden.
     
    Bert hatte sich vorgenommen, es am Wochenende ruhig angehen zu lassen und den Samstag mit überfälligen kleinen Arbeiten zu vertrödeln - ein bisschen in der Garage aufzuräumen, den lockeren Porzellanknauf an der mittleren Schublade des Esszimmerschranks wieder festzuschrauben, die durchgebrannte Glühbirne im Wäschekeller auszuwechseln und ganz grundsätzlich Zeit für die Familie zu haben.
    Vielleicht konnte er Margot zu einem Kinobesuch am Abend überreden. Sie waren einmal leidenschaftliche Kinogänger gewesen, früher, am Anfang ihrer Ehe. Jeden neuen Film hatten sie sich angeschaut und ihn danach stundenlang in irgendeiner verräucherten Imbissstube diskutiert.
    Bert sehnte sich auf einmal nach dieser Zeit zurück. Nach einem richtig guten Film, einem anschließenden Candle-Light-Dinner beim Italiener oder beim Griechen und einem langen Spaziergang durch die Nacht.
    Er hatte Sehnsucht danach, etwas Verrücktes zu tun.
    Wie damals, als sie in einer warmen Sommernacht unter der Fontäne eines neu installierten Springbrunnens getanzt hatten. Das war im Stadtpark gewesen, und es hatte nach geschnittenem Gras geduftet und nach den Rosenstöcken, die die weiten Rasenflächen begrenzten. Sie hatten einander umarmt, die nassen Kleider hatten an ihren Körpern geklebt, und Bert hatte gar nicht mehr aufhören können, Margot zu küssen. Später waren sie bibbernd und triefend und kichernd nach Hause gelaufen und die Leute waren ihnen aus dem Weg gegangen.
    Weil Glück etwas Heiliges ist, dachte Bert. Weil es die Außenstehenden scheu macht und andächtig.
    Wann hatte er das zuletzt empfunden, Glück?
    Eine Szene aus Cabaret kam ihm in den Sinn, die Szene, in der Liza Minelli in einer Unterführung steht und aus Leibeskräften schreit, während oben ein Zug über sie hinwegdonnert.
    Schreien. Aus purer Lebenslust. Wann hatte er zuletzt so etwas getan?
    Lange her.
    Als er die Garagentür öffnete, kehrten seine Gedanken zum Vortag zurück. Der Chef hatte ihn zu einem Gespräch zitiert und ihn hinter seinem einschüchternden Schreibtisch erwartet, das alte Psychospiel, er wurde seiner einfach nicht überdrüssig. Der Schreibtisch war so gut wie leer gewesen, kein Ordner, kein Notizbuch, nicht mal ein Blatt Papier oder ein Kugelschreiber hatten auf der polierten, spiegelnden Fläche gelegen.
    Ohne höfliche Umwege war der Chef zum Thema gekommen. »Fortschritte in der Sache Thalheim, Melzig?«
    Zur Sache kommen, das konnte Bert auch. »Nein. Keine Fingerabdrücke, keine Spuren, nichts.«
    »Was ist mit den Anrufen und den E-Mails? Haben Sie die zurückverfolgen können?«
    Bert hatte den Kopf geschüttelt. »Dieser Mann hat uns noch nicht den Gefallen getan, einen Fehler zu machen.«
    »Woher wissen wir, dass wir es mit einem Mann zu tun haben? Schon klar

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