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Der Schattenprinz

Der Schattenprinz

Titel: Der Schattenprinz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Gemmell
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hundert Krieger ritten ins Lager. Tenaka beachtete sie nicht und kaute seelenruhig weiter auf einem Streifen Trockenfleisch.
    Die Reiter brachten ihre Pferde zum Stehen. »Du bist auf Wolfsschädelland«, sagte der erste Krieger und glitt aus dem Sattel. Er trug einen mit Pelz verbrämten bronzenen Helm und eine lackierte, schwarze Brustplatte mit goldenen Verzierungen.
    Tenaka Khan sah zu ihm auf. Der Mann war knapp fünfzig Jahre alt, und seine kräftigen Arme waren von einem dichten Netz von Narben überzogen. Tenaka deutete auf einen Platz am Feuer.
    »Willkommen in meinem Lager«, sagte er leise. »Setz dich und iß.«
    »Ich esse nicht mit Keistas«, sagte der Mann. »Du befindest dich auf Wolfsschädelland.«
    »Setz dich und iß«, wiederholte Tenaka, »oder ich töte dich gleich hier.«
    »Hast du den Verstand verloren?« fragte der Krieger und packte sein Schwert fester. Tenaka Khan beachtete ihn nicht, und der Mann holte wütend mit seinem Schwert aus. Doch Tenakas Bein schoß vor, hakte sich um seine Beine und riß ihn von den Füßen. Er fiel polternd, als Tenaka sich nach rechts abrollte, ein blitzendes Messer in der Hand. Die Spitze ruhte an der Kehle des Mannes.
    Ein zorniges Gebrüll kam von den Reitern.
    »Schweigt in Gegenwart von Höhergestellten!« brüllte Tenaka. »Also, Ingis, willst du dich jetzt hinsetzen und essen?«
    Ingis blinzelte, als das Messer fortgenommen wurde. Er hob sein Schwert auf und setzte sich.
    »Schwerttänzer?«
    »Sag deinen Männern, sie sollen absteigen und sich friedlich verhalten«, sagte Tenaka. »Heute Abend wird es kein Blutvergießen geben.«
    »Wieso bist du hier, Mann? Das ist Wahnsinn.«
    »Wo sollte ich sonst sein?«
    Ingis schüttelte den Kopf, befahl aber seinen Männern abzusteigen. Dann wandte er sich wieder an Tenaka.
    »Sattelschädel wird verwirrt sein. Er wird nicht wissen, ob er dich töten oder zum General machen soll.«
    »Sattelschädel war schon immer verwirrt«, erwiderte Tenaka. »Es überrascht mich, daß du ihm folgst.«
    Ingis zuckte die Achseln. »Er ist wenigstens ein Krieger. Dann bist du also nicht zurückgekommen, um ihm zu folgen?«
    »Nein.«
    »Ich werde dich töten müssen, Schwerttänzer. Du bist zu mächtig, um dich als Feind zu haben.«
    »Ich bin nicht gekommen, um Sprechendem Messer zu folgen.«
    »Warum dann?«
    »Sag du es mir, Ingis.«
    Der Krieger blickte Tenaka in die Augen. »Jetzt weiß ich, daß du verrückt bist. Wie kannst du nur hoffen zu herrschen? Sattelschädel hat achtzigtausend Krieger. Sprechendes Messer ist schwach, er hat nur sechstausend. Wie viele hast du?«
    »Alle, die du hier siehst.«
    »Wie viele sind das? Fünfzig? Sechzig?«
    »Vierzig.«
    »Und du glaubst, du kannst den Stamm übernehmen?«
    »Hältst du mich für verrückt? Du hast mich gekannt, Ingis. Du hast mich aufwachsen sehen. Bin ich dir da wahnsinnig erschienen?«
    »Nein. Du hättest .« Ingis fluchte und spie ins Feuer. »Aber du bist fortgegangen. Bist ein Herr bei den Drenai geworden.«
    »Sind die Schamanen schon zusammengekommen?« fragte Tenaka.
    »Nein. Asta Khan hat für morgen Abend den Rat einberufen.«
    »Wo?«
    »An Ulrics Grab.«
    »Ich werde dort sein.«
    Ingis beugte sich vor. »Du scheinst nicht zu verstehen«, flüsterte er. »Es ist meine Pflicht, dich zu töten.«
    »Warum?« fragte Tenaka ruhig.
    »Warum? Weil ich in Sattelschädels Diensten stehe. Selbst hier zu sitzen und mit dir zu reden, ist Verrat.«
    »Wie ich schon sagte, Ingis, meine Truppe ist sehr klein. Du verrätst niemanden. Aber denk mal darüber nach: Du bist verpflichtet, dem Khan der Wölfe zu folgen, doch er wird erst morgen gewählt.«
    »Ich will nicht mit Worten spielen, Tenaka. Ich habe Sattelschädel meine Unterstützung gegen Sprechendes Messer zugesagt. Das werde ich nicht zurücknehmen.«
    »Das solltest du auch nicht«, erwiderte Tenaka.
    »Sonst wärst du kein Mann. Aber ich bin auch gegen Sprechendes Messer, und das macht uns zu Verbündeten.«
    »Nein, nein, nein! Du bist gegen beide, und das macht uns zu Feinden.«
    »Ich bin ein Mann mit einem Traum, Ingis - Ul-rics Traum. Diese Männer hier bei mir waren einst Doppelhaar. Jetzt gehören sie mir. Der Stämmige da hinten beim Zelt ist ein Speer. Jetzt gehört er mir. Diese vierzig Krieger stehen stellvertretend für drei Stämme. Vereint gehört uns die Welt. Ich bin niemandes Feind. Noch nicht.«
    »Du hattest schon immer einen scharfen Verstand und einen guten Schwertarm. Hätte ich

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