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Der Schattenprinz

Der Schattenprinz

Titel: Der Schattenprinz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Gemmell
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das den Khan zeigte, stellte ihn auf seinem Pony dar, wie er die Krone der Könige trug. Zwanzig Meter über dem Boden und hinter einem geschwungenen Tor sollte die Statue Ulric darstellen, wie er vor den Mauern von Dros Delnoch wartete, seiner einzigen Niederlage. Auf seinem Kopf saß die Krone, welche die ventrischen Bildhauer dorthin gesetzt hatten, da sie sich nicht vorstellen konnten, daß ein Mann eine nach Millionen zählende Armee befehligen konnte, ohne König zu sein. Es war ein subtiler Scherz, doch Ulric hätte seine Freude daran gehabt.
    Westlich und östlich des Grabes lagerten die Armeen der verfeindeten Stammesbrüder: Shirrat Sprechendes Messer und Tsuboy Sattelschädel. Mehr als einhundertfünfzigtausend Mann warteten auf den Ausgang der Schamanen-Queste.
    Tenaka führte seine Leute ins Tal hinab. Er saß stocksteif auf seinem Drenai-Hengst, und Gitasi an seiner Seite wurde von einer Woge des Stolzes erfaßt. Er war kein Keista mehr - er war wieder ein Mann.
    Tenaka Khan ritt zu einer Stelle südlich des Grabes und stieg ab. Die Nachricht von seinem Kommen hatte sich in beiden Lagern verbreitet, und Hunderte von Kriegern strömten zu seinem Lagerplatz.
    Gitasis Frauen waren emsig damit beschäftigt, die Zelte aufzubauen, während die Männer sich um ihre Ponies kümmerten und sich dann um Te-naka Khan scharten. Er saß mit verschränkten Beinen auf der Erde und starrte das riesige Grabmal an. Seine Augen schienen in die Ferne zu blicken und verbargen seine Gedanken.
    Ein Schatten fiel auf ihn. Er wartete einige lange Sekunden, ließ die Beleidigung wachsen; dann erhob er sich geschmeidig. Dieser Augenblick mußte kommen - es war der Eröffnungszug in einem nicht allzu feinsinnigen Spiel.
    »Bist du das Halbblut?« fragte der Mann. Er war jung, etwa Mitte zwanzig, und groß für einen Nadir. Tenaka Khan blickte ihn kühl an und bemerkte die ausgeglichene Haltung, die schlanken Hüften und die breiten Schultern, die kräftigen Arme und die mächtige Brust. Der Mann war ein Schwertkämpfer, der Selbstvertrauen ausstrahlte. Er würde der Henker sein.
    »Und wer bist du, Junge?« fragte Tenaka Khan.
    »Ich bin ein wahrer Nadirkrieger, der Sohn eines Nadirkriegers. Es stört mich, daß ein Wechselbalg vor dem Grabe Ulrics steht.«
    »Dann geh und kläffe woanders weiter«, sagte Tenaka Khan.
    Der Mann lächelte.
    »Laß uns mit diesem Unsinn aufhören«, sagte er gewandt. »Ich bin hier, um dich zu töten. Laß uns beginnen.«
    »Du bist noch sehr jung, um dir den Tod zu wünschen«, sagte Tenaka. »Und ich bin alt genug, um mich zu weigern. Wie heißt du?«
    »Purtsai. Warum willst du das wissen?«
    »Wenn ich schon einen Bruder töten muß, möchte ich gern seinen Namen kennen. Das bedeutet, daß sich jemand an ihn erinnern wird. Zieh dein Schwert, Junge.«
    Die Menge zog sich zurück und bildete einen großen Kreis um die Duellanten. Purtsai zog einen Krummsäbel und einen Dolch. Tenaka zog sein eigenes Kurzschwert und fing geschickt das Messer auf, das Subodai ihm zuwarf.
    So begann der Zweikampf.
    Purtsai war gut, geschickter als die überwiegende Mehrheit der Stammeskrieger. Seine Fußarbeit war außergewöhnlich, und er besaß eine Geschmeidigkeit, wie sie unter den untersetzten, kräftigen Kriegern der Nadir nicht oft zu finden war. Seine Schnelligkeit war verblüffend, seine Nerven kühl.
    Nach zwei Minuten war er tot.
    Subodai schlenderte heran, die Hände in die Hüften gestemmt, und starrte auf den Toten hinab. Dann grinste er die zuschauenden Krieger an und spie aus. Er schob einen Fuß unter den Leichnam und drehte ihn auf den Rücken.
    »Das war der beste von euch?« fragte er die Menge. Er schüttelte in spöttischem Kummer den Kopf. »Was soll bloß aus euch werden?«
    Tenaka ging zu seinem Zelt und duckte sich unter der Klappe hindurch. Drinnen wartete Ingis auf ihn, der mit überkreuzten Beinen auf dem Fellteppich saß und einen Becker Nyis trank, einen Schnaps, der aus Ziegenmilch gebraut wurde. Te-naka setzte sich dem Kriegsherrn gegenüber.
    »Du hast nicht lange gebraucht«, sagte Ingis.
    »Er war jung und hatte noch viel zu lernen.«
    Ingis nickte. »Ich habe Sattelschädel davon abgeraten, ihn zu schicken.«
    »Er hatte keine Wahl.«
    »Nein. Und so … bist du hier.«
    »Hast du es bezweifelt?«
    Ingis schüttelte den Kopf. Er nahm den Bronzehelm ab und kratzte sich die Kopfhaut unter dem schütteren, eisengrauen Haar. »Die Frage ist, Schwerttänzer, was soll ich mit dir

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