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Der Schattenprinz

Der Schattenprinz

Titel: Der Schattenprinz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Gemmell
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niedermachten.
    Der letzte Legionskrieger wurde von der Mauer geschleudert, und die Skoda-Männer nahmen ihre Bögen und schickten die Eindringlinge damit bis außer Schußweite zurück.
    »Schafft die Toten von der Brüstung!« rief Ana-nais.
    Eine Zeitlang tat sich nichts, während die Männer ihre Frauen und Töchter, Schwestern und Mütter umarmten. Andere knieten bei den Toten und weinten.
    »Dafür haben wir jetzt keine Zeit«, sagte Ana-nais, doch Rayvan nahm ihn beim Arm.
    »Dafür ist immer Zeit, Schwarzmaske. Das macht uns zu Menschen. Laß sie.«
    Ananais nickte und sank an der Brüstung zusammen, lehnte seinen schmerzenden Rücken an die Mauer.
    »Du erstaunst mich, Frau!«
    »Dann bist du aber leicht zu erstaunen«, sagte sie und glitt neben ihn an die Mauer.
    Er blickte sie an und grinste. »Ich wette, in jungen Jahren warst du eine Schönheit.«
    »Du auch, soviel ich gehört habe.«
    Er kicherte und schloß die Augen.
    »Warum heiraten wir nicht?« schlug er vor.
    »Wir werden morgen tot sein.«
    »Dann sollten wir von einer langen Verlobungszeit Abstand nehmen.«
    »Du bist zu alt für mich, Schwarzmaske.«
    »Wie alt bist du?«
    »Sechsundvierzig«, antwortete Rayvan.
    »Perfekt.«
    »Du mußt ganz schön verzweifelt sein. Und du blutest - geh und laß deine Wunden versorgen.«
    »Ein Heiratsantrag - und schon kommandierst du mich herum.«
    »Frauen sind nun mal so. Und jetzt ab mit dir!«
    Sie sah ihm nach, wie er zum Krankenhaus ging; dann zog sie sich hoch und blickte zur Legion hinunter. Sie formierte sich neu.
    Rayvan wandte sich zu den Verteidigern. »Bringt die Toten von der Mauer, ihr Holzköpfe!« rief sie. »Kommt schon. Bewegt euch. Ihr Frauen, nehmt euch Schwerter und sucht euch Helme«, setzte sie hinzu. In ihrer Nähe lag ein toter Legionssoldat, und sie nahm ihm den Helm ab, ehe sie ihn über die Brüstung rollte. Der Helm war aus Bronze und hatte einen schwarzen Federbusch. Er paßt gut, dachte sie, als sie den Kinnriemen festschnürte.
    »Du siehst hinreißend aus, Rayvan«, sagte Thorn.
    »Du stehst wohl auf Behelmte, was, du alter Hirsch?«
    »Ich habe immer auf dich gestanden, Weib! Seit dem Tag auf der Nordweide.«
    »Ach, du erinnerst dich? Das ist ein Kompliment.«
    Thorn lachte. »Ich glaube nicht, daß dich je ein Mann vergessen könnte.«
    »Nur du kannst mitten in einer Schlacht an so etwas denken. Du bist ein brünftiger Hirsch, alter Mann! Ananais hatte wenigstens den Anstand, mich zu fragen, ob ich ihn heiraten will.«
    »Hat er es endlich geschafft? Tja, er kann seine Augen nicht bei sich behalten, und in deinem Fall kann ich’s ihm nicht verdenken.«
    »In einem Tag werden seine Augen nicht weit wandern können«, sagte sie.
    Die Legion griff erneut an.
    Eine Stunde lang kämpfte sie, um einen Fußbreit auf der Brüstung zu gewinnen, doch die Verteidiger hatten frische Kraft und neuen Mut gesammelt. Lake hatte säckeweise kleine Steine sammeln lassen, die er in die Schalen seiner riesigen Bögen schüttete. Dreimal pfiffen die Geschütze und trafen die Legion, ehe eins der Geräte unter der Last zusammenbrach.
    Die Eindringlinge wichen zurück.
    Als die Sonne am dritten Tag aufging, hielt die Mauer noch immer.
    Ananais rief Balan zu sich. »Was gibt es Neues aus Tarsk?«
    »Es ist seltsam«, sagte Balan. »Heute Morgen hat ein Angriff stattgefunden, dann nichts mehr. Die Armee sitzt bloß da.«
    »Ich wünschte beim Himmel, das würden sie hier auch tun«, sagte Ananais.
    »Sag mir, Schwarzmaske, glaubst du?«
    »An was?«
    »Du hast vom Himmel gesprochen.«
    »Ich weiß nicht genug, um zu glauben.«
    »Decado hat mir versprochen, ich würde nicht allein sein. Und doch bin ich es. Die anderen sind nicht mehr. Entweder sind sie tot, und ich bin ein Narr, oder die Quelle hat sie aufgenommen und mich nicht.«
    »Warum sollte sie dich nicht aufnehmen?«
    Balan zuckte die Achseln. »Ich hatte niemals den Glauben, ich hatte nur Talent. Mein Glaube war Teil eines Gemeinschaftsglaubens. Verstehst du? Die anderen glaubten, und ich spürte ihren Glauben. Jetzt, da sie fort sind … ich weiß nicht mehr.«
    »Ich kann dir nicht helfen, Balan.«
    »Das kann niemand.«
    »Vielleicht ist es besser zu glauben, als nicht zu glauben«, meinte Ananais.
    »Es gibt Hoffnung, das Böse auf der Welt besiegen zu können«, sagte Balan.
    »Irgend so etwas. Sag mir, bleiben Männer und Frauen in eurem Himmel zusammen?«
    »Ich weiß nicht. Darüber wird seit Jahrhunderten gestritten«, sagte

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