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Der Schatz des Blutes

Der Schatz des Blutes

Titel: Der Schatz des Blutes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Whyte
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mitgekämpft haben – je die Worte Kreuzzüge oder Kreuzritter gehört. Diese Begriffe wurden Jahrhunderte später geprägt, als die Historiker sich mit den Eroberungen der christlichen Armeen im Nahen Osten zu befassen begannen. Und der Begriff, den die Kreuzfahrer für das Heilige Land benutzten, war Outremer – das Land jenseits des Meeres. Auch das mittelalterliche Europa wurde nicht Europa genannt. Es hieß die Christenheit oder Christenwelt, weil seiner Länder christlich waren. Der Name Europa wurde erst sehr viel später gebräuchlich.
    Noch schwerer fällt es vielen modernen Menschen zu begreifen, dass es im mittelalterlichen Europa keine Mittelklasse gab – nur die eine, allumfassende Kirche. Es gab keinen Raum für religiösen Protest, und es gab noch keine Protestanten. Martin Luther wurde erst Jahrhunderte später geboren. Es gab nur zwei Sorten von Menschen in dieser Welt, die Wohlhabenden und die Habenichtse (es gibt Dinge, die ändern sich nie), auch als Aristokraten und gemeines Volk bekannt, und Frauen besaßen weder Rechte noch eine eigene Identität. Je nach Region führte das gemeine Volk das Leben von Bauern, Leibeigenen oder Sklaven, die keinerlei Bildung genossen und weitgehend als wertlos galten. Die Aristokraten dagegen besaßen und beherrschten das Land, und auch sie waren in zwei Gruppen eingeteilt – Ritter und Kirchenmänner. Andere Möglichkeiten gab es nicht. Wenn man der Erstgeborene war, erbte man den Familienbesitz. War man nicht der Erstgeborene, wurde man entweder Ritter oder Geistlicher. Von Letzteren wurde erwartet, dass sie sowohl schreiben als auch rechnen konnten; Ritter brauchten keine Bildung. Ihre Aufgabe war der Kampf, und wenn sie Hilfe dabei brauchten, ein Dokument zu verfassen, konnten sie ja einen Kirchenmann anheuern. Die Ritter präsentierten die weltliche Ordnung, die Geistlichen Gott und die Kirche, und beide Seiten waren sich nicht sonderlich grün. Sehr vereinfacht gesagt, war der Lebenszweck der Ritter der Kampf, und der Lebenszweck der Geistlichen war es, sie vom Morden abzuhalten. Damit waren Konflikte vorprogrammiert, die in die Anarchie und ins Chaos führten.
    Die Tempelritter waren der erste religiöse Orden, der je die Erlaubnis bekam, im Namen Gottes zu töten. Sie waren die Ersten und die Größten ihrer Art, und dies ist ihre Geschichte.
     
    Jack Whyte Kelowna,
    Britisch Kolumbien, Kanada Mai 2006

D IE A NFÄNGE : A NNO D OMINI 1088

1
    S
    IR HUGH!« Die Wachen zu beiden Seiten des Tors nahmen Haltung an und salutierten ihm, doch nicht einmal das scheppernde Klirren ihrer Rüstungen drang in das Bewusstsein des stirnrunzelnden jungen Mannes mit dem Wuschelkopf durch, der jetzt auf sie zukam. Er war tief in Gedanken versunken, trug den Kopf gesenkt und ging langsam, ein schweres Breitschwert mitsamt Scheide wie ein Joch über seinen Nacken gelegt und die Arme so ausgestreckt, dass sie lose über Knauf und Spitze der langen Waffe hingen.
    Es waren die Bewegungen der Wachen, die schließlich seine Aufmerksamkeit erregten, denn sie traten rasch vor und schwangen die breiten, schweren Torhälften auf, um ihn einzulassen. Er blickte auf, blinzelte, nickte dem Befehlshaber der Wachen freundlich zu und ließ die linke Hand vom Ende des Schwertes sinken und fing im selben Moment den Knauf mit der Rechten auf, sodass die lange Klinge aufrecht schwang, bevor er sie wieder auf seine Schulter gleiten ließ.
    »Trainiert Ihr, M’lord?«
    Die Frage des Befehlshabers war rhetorisch gemeint, doch Hugh de Payens blieb stehen und senkte den Blick auf sein Schwert, dann ließ er es nach vorn schnellen, packte mit beiden Händen den dicken Stahlknauf und streckte die Klinge mitsamt Scheide mit geraden Armen vor, bis ihr Gewicht die Muskeln in seinen kräftigen Armen, seinem Hals und seinen Schultern wie Seile hervortreten ließ. Dann ließ er es mit der Linken los und wirbelte es mühelos mit der Rechten herum, bis die Klinge wieder auf seiner rechten Schulter landete.
    »Ob ich trainiere, Sergeant? Aber nicht mit dem Schwert, nicht diesmal. Ich habe mein Gedächtnis trainiert … nachgedacht.«
    Er nickte den beiden anderen Wachen zu und schritt durch die geöffneten Tore, aus dem Nachmittagslicht des Hofes in die kühle Dunkelheit des zentralen Burgturms, wo er einige Sekunden stehen blieb, geblendet von der Veränderung von gleißendem Sonnenschein zu plötzlichem Dunkel. Dann wurde sein Gesicht ernst, und er durchschritt die immense Halle. Seine Schritte wurden

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