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Der Schatz des Störtebeker

Der Schatz des Störtebeker

Titel: Der Schatz des Störtebeker Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ronald Gutberiet
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einzige Alternative. Aber wie sollte das vonstatten gehen? Wenden und den alten Kurs wieder aufnehmen? Dann würde ihnen der Wind zunächst ins Gesicht blasen, und sie wären für einige Zeit nahezu manövrierunfähig. Weiter Kurs halten? Die Piraten lagen besser im Wind und würden sie einholen.
    Während Hinrichs vor sich hinfluchte und seine Mannschaft ihm sorgenvolle Blicke zuwarf, beschrieb das Schiff, das sie bis eben noch verfolgt hatten, einen Bogen und schloss sich seinen Verbündeten an. Die Piratenflotte teilte sich jetzt, und je zwei Piratenschiffe hielten auf eine Hansekogge zu.
    Jan Burchard glaubte zu hören, wie Kapitän Hinrichs mit den Zähnen knirschte.
    »Ich werde mich doch von diesem Pack nicht hinterrücks überfallen lassen«, stieß er zwischen den zusammengepressten Kiefern hervor.
    Und zu Jan Burchards großem Entsetzen gab er den Befehl zum Wenden. Dann folgte das Kommando zum Reffen der Segel. Wenig später lag die Kogge bewegungslos im Wasser. Die beiden Begleitschiffe schafften es, noch rechtzeitig beizudrehen. Nun lagen sie im Abstand von etwa fünfzig Metern voneinander in leichter Dünung.
    Kapitän Hinrichs fluchte wieder. Seine Absicht war eigentlich gewesen, die drei Koggen zu einer Festung zu verbinden. Wieso nur waren die anderen beiden Kommandeure so begriffsstutzig? So, wie sie jetzt lagen, konnte jedes ihrer Schiffe von zwei Piratenkoggen in die Zange genommen werden.
    Hinrichs gestikulierte wie wild nach Steuerbord. Endlich schienen die anderen zu begreifen, was er meinte, doch es war zu spät. Die Piraten kamen unter vollen Segeln näher und hielten in unverminderter Fahrt auf ihre Ziele zu.
    »Die wollen uns doch nicht etwa rammen?«, murmelte Burchard, der merkte, wie er vor Angst zu zittern begann.
    »So versuchen sie es im Allgemeinen«, nickte der Kapitän.
    Er wandte sich an seinen Steuermann, der die ganze Zeit schweigend und mit finsterer Miene am Ruder gestanden hatte: »Sie sollen schießen, sobald diese Halunken nahe genug herangekommen sind. Aber erst auf mein Kommando.«
    Der Steuermann brüllte einige Befehle. Die Mannschaft ging an Back-und Steuerbord in Position.
    »Wir haben pro Mann eine Armbrust«, sagte Hinrichs, »damit werden wir sie empfangen.«
    Burchard blickte an sich herunter. Er trug keine Waffe bei sich, nicht mal einen Dolch. Plötzlich stand ein Mann vor ihm und hielt ihm etwas Metallenes entgegen. Ein Kettenhemd. Der Kapitän war bereits dabei, einen Ringpanzer anzulegen, den ihm ein anderer gebracht hatte. Mühsam zog sich Jan Burchard das schwere Kettenhemd über den Kopf. Dann hatte er einen Helm auf dem Kopf und ein Schwert in der Hand. Schließlich wurde ihm ein Schild gereicht.
    Er hatte keine Zeit mehr, darüber nachzudenken, wie man so ein Schwert eigentlich handhabt, denn mit einem Mal begann das Kampfgetümmel: Kaum waren die Piraten auf Schussweite herangekommen, gab der Kapitän den Befehl zu feuern. Ein Schwarm von Pfeilen schwirrte durch die Luft und prasselte auf die Decksplanken der beiden herannahenden Piratenschiffe. Doch Kapitän Hinrichs’ Optimismus erwies sich als trügerisch, denn die Piraten verfügten ebenfalls über Armbrüste und beantworteten den Angriff ihrerseits mit einem dichten Pfeilhagel. Jan Burchard ging in die Knie und duckte sich hinter eine Kiste. Einem richtigen Seegefecht hatte er noch nie beigewohnt. Er spürte, wie das Blut aus allen seinen Körperteilen entwich und sich irgendwo in der Magengegend sammelte, als kalter Klumpen Angst. Er wagte nicht aufzusehen.
    Das Deck erbebte, als sie von den feindlichen Schiffen gerammt wurden. Mit kreischendem Schaben schrammten die Piratenschiffe an den beiden Bordseiten entlang. Jan Burchard blickte auf und sah Enterhaken fliegen, Schwerter schwingende Männer über die Bordwand klettern und an Deck springen, wo sie von den tapferen hanseatischen Seemännern empfangen wurden, die ebenfalls ihre Schwerter gezückt hatten. Kriegsgeheul ertönte, wütendes Brüllen, Gejohle und Geheule, auch Schmerzensschreie, Röcheln und Stöhnen, das Scheppern gekreuzter Klingen, das Zerbersten rostiger Kettenhemden, das Krachen von Eisenklingen auf Ringpanzern – und das schauderhafte Geräusch, das eine scharfe Klinge erzeugt, die einen Schädel spaltet: Es war der Schädel des Kapitäns, der das Ziel eines brutalen Schlages wurde, als er gerade irritiert zu seinem Steuermann blickte, der vor Wut und Schmerz laut brüllend versuchte, sich den Pfeil einer Armbrust aus dem

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