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Der Schatz im Silbersee

Der Schatz im Silbersee

Titel: Der Schatz im Silbersee Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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deinen Kriegern in das Herz treffen könnte, wenn ich wollte.«
    Der Häuptling ging zum Bäumchen. Old Shatterhand sah, daß er die Entfernungen der Löcher mit dem Daumen maß. Mehrere Rote kamen, von der Wißbegierde getrieben, aus ihren Verstecken hervor und zu ihm hin. Dies benutzte der Jäger, um schnell neue Patronen in die sich exzentrisch bewegende Kugel zu schieben.
    »Uff, uff, uff!« hörte er rufen. War es für die Indianer schon ein wirkliches Wunder, daß er so viele Schüsse abgegeben hatte, ohne zu laden, so waren sie jetzt doppelt erstaunt, zu sehen, daß nicht nur keine Kugel fehlgegangen war, sondern jede das dünne Stämmchen genau einen Daumen breit über der vorigen durchschlagen hatte. Der Häuptling kehrte zurück, setzte sich wieder nieder und forderte den Jäger durch eine
    Handbewegung auf, seinem Beispiele zu folgen. Er sah eine ganze Weile schweigend vor sich nieder und sagte dann: »Ich sehe, daß du ein Liebling des großen Geistes bist. Ich habe von diesem Gewehre gehört, es aber nicht glauben können. Nun weiß ich, daß man die Wahrheit gesagt hat.«
    »So sei also vorsichtig, und überlege wohl, was du thust! Du willst uns ergreifen und töten. Versuche es; ich habe nichts dagegen. Wenn ihr dann die Krieger zählt, welche von meinen Kugeln getroffen sind, wird sich in eurem Dorfe das Klagegeschrei der Frauen und Kinder der Gefallenen erheben; mir aber darfst du dann die Schuld nicht geben.«
    »Meinst du denn, daß wir uns treffen lassen werden? Ihr müßt euch uns ergeben, ohne daß ein Schuß zu fallen braucht. Ihr seid umringt und habt nichts zu essen. Wir belagern euch so lange, bis der Hunger euch zwingt, die Waffen zu strecken.«
    »Da kannst du lange warten. Wir haben Wasser zum Trinken und Fleisch genug zum Essen. Dort stehen ja unsre Tiere, vier Pferde, von denen wir viele Wochen lang leben könnten. Aber dazu wird es gar nicht kommen, denn wir werden uns durchschlagen. Ich gehe voran, mit meinem Zaubergewehre in der Hand, schicke euch Kugel auf Kugel zu, und wie gut ich zu treffen weiß, hast du ja gesehen.«
    »Wir werden hinter den Bäumen stehen!«
    »Meinst du, daß euch das vor meiner Zauberflinte schützen werde? Nimm dich in acht! Du würdest der erste sein, auf den ich sie richte. Ich bin ein Freund der roten Männer, und so würde es mir sehr leid thun, so viele von euch töten zu müssen.
    Ihr habt schon jetzt so schwere Verluste zu beklagen, und es werden, wenn der Kampf mit den weißen Soldaten und den Navajos beginnt, noch viele, viele eurer Männer fallen. Darum solltet ihr nicht auch noch uns, eure Freunde, zwingen, den Tod in eure Reihen zu senden.«
    Diese ernsten Worte verfehlten ihre Wirkung nicht. Der Häuptling starrte lange vor sich hin, unbeweglich wie eine Statue sitzend. Dann stieß er in beinahe bedauerndem Tone hervor: »Wenn wir nicht geschworen hätten, alle
    Bleichgesichter zu töten, so würden wir euch vielleicht ziehen lassen; aber ein Schwur muß gehalten werden.«
    »Nein. Man kann einen Schwur zurücknehmen.«
    »Aber nur, wenn die große Beratung es erlaubt.«
    »So beratet euch!«
    »Wie kannst du mir das sagen! Ich bin der einzige Häuptling hier; mit wem soll ich mich beraten!«
    Jetzt hatte Old Shatterhand den Häuptling da, wohin er ihn hatte haben wollen. Wenn derselbe schon vom Beraten sprach, so war die größte Gefahr bereits vorüber. Der Jäger kannte die Eigenart der Roten. Er hatte jetzt den beabsichtigten Erfolg errungen und wußte es, daß es am klügsten sei, denselben nicht sofort zu verfolgen. Darum schwieg er und wartete, was der »große Wolf« nun weiter sagen werde.
    Dieser ließ seine Augen prüfend über die Lichtung schweifen.
    Er dachte jedenfalls darüber nach, ob es nicht vielleicht doch möglich sei, sich hier der vier Weißen trotz des gefährlichen Zaubergewehres zu bemächtigen, und nur dann, als dieses Nachgrübeln allzu lang währte, sagte Old Shatterhand, indem er Miene machte, aufzustehen: »Der Häuptling der Utah hat nun alles gehört, was ich ihm sagen kann; es gibt nichts Weiteres zu besprechen, und ich werde also jetzt zu meinen Gefährten zurückkehren. Er mag thun, was ihm beliebt.«
    »Warte noch!« antwortete der Rote schnell. »Werdet ihr uns für feig halten, wenn wir es unterlassen, hier mit euch zu kämpfen?«
    »Nein. Ein Häuptling darf nicht nur tapfer und mutig, sondern er muß auch klug und vorsichtig sein. Kein Anführer wird die Seinen unnütz opfern. Ich selbst habe stets nur

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