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Der Schatz im Silbersee

Der Schatz im Silbersee

Titel: Der Schatz im Silbersee Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Weißen mit den Roten stattgefunden hatte. Dorthin wendete sich der »große Wolf« mit seinen Leuten. Er schien den Weg sehr genau zu kennen, denn er irrte trotz der Dunkelheit nicht ein einziges Mal und führte sein Pferd so sicher, als ob er sich auf einer breiten, deutschen Heerstraße befände.
    Der jetzige Canon hatte kein Wasser und stieg bergan. Bald erreichten die Roten die Scheitelhöhe der weiten Felsenebene, in welche das vielverzweigte Netz der Canons tief eingeschnitten ist. Da war es hell; der Mond stand leuchtend am Himmel. Im Galopp ging es über die Ebene, und nach einer halben Stunde fiel die Gegend in Gestalt eines breiten, sanften Einschnittes leise nieder. Rechts und links blieben die Felsen als schützende Wände stehen, immer höher werdend, je tiefer das Terrain sich senkte, und dann tauchten vorn üppige Wipfel auf, unter denen viele Feuer brannten. Es war ein Wald, ein wirklicher Wald, mitten auf oder in der von Stürmen glatt gefegten und von der Sonne ausgetrockneten und zu Stein gedorrten Ebene.
    Dieser Wald verdankte sein Dasein einzig nur der Depression des Bodens. Die Stürme heulten darüber hin, ohne ihn zu treffen, und die Niederschläge konnten sich sammeln, um eine Art See zu bilden, dessen Wasser das Erdreich auflöste und für die Wurzeln fruchtbar machte. Das war der P'a-mow, der Wald des Wassers, nach welchem der »große Wolf« wollte.
    Es hätte des Mondlichtes gar nicht bedurft, um sich hier zurechtfinden zu können, so zahlreich waren die Feuer, welche hier brannten. Da gab es ein reges Lagerleben, und zwar das Leben eines Kriegslagers. Man sah kein Zelt, keine Hütte. Die vielen roten Krieger, welche man erblickte, lagen an den Feuern entweder auf ihren Decken oder auf der bloßen Erde; dazwischen lagen oder standen und weideten ebenso viele Pferde. Das war der Ort, an welchem sich die Scharen der Utahs aller Stämme zum Kriegszuge zu versammeln hatten.
    Als der »große Wolf« bei dem ersten Feuer ankam, hielt er an, stieg ab, winkte seinen Leuten, hier zu warten und rief einem der am Feuer sitzenden den Namen »Nanap neav« zu. Diese beiden Worte bedeuten »alter Häuptling«. Es war also jedenfalls der Oberanführer sämtlicher Utahstämme gemeint.
    Der Angeredete erhob sich und führte den »großen Wolf« nach dem See, an welchem ein großes, von den übrigen
    abgesondertes Feuer brannte. An demselben saßen vier Indianer, alle mit der Feder des Adlers geschmückt. Einer derselben mußte das Auge ganz besonders auf sich ziehen. Er hatte sein Gesicht nicht bemalt; es war von unzähligen tiefen Falten durchzogen. Sein Haar hing schloßweiß und lang auf den Rücken herab. Dieser Mann war gewiß wenigstens achtzig Jahre alt, und doch saß er so aufrecht, stolz und kräftig da, als wären es fünfzig weniger. Er richtete das Auge scharf auf den Ankommenden, ohne aber ein Wort, einen Gruß zu sagen, auch die andern schwiegen. Der »große Wolf« setzte sich stumm nieder und blickte vor sich hin. So verging eine ganze Weile; dann endlich erklang es aus dem Munde des Alten: »Der Baum wirft im Herbst die Blätter ab; wenn er sie aber vorher verliert, so taugt er nichts und soll umgehauen werden. Vor drei Tagen trug er sie noch. Wo sind sie heute hin?«
    Diese Frage bezog sich auf die Adlerfedern, welche der »große Wolf« nicht mehr trug; sie enthielt einen für jeden tapfern Krieger niederschlagenden Vorwurf.
    »Morgen wird der Schmuck wieder prangen, und am Gürtel die Skalpe von zehn und zwanzig Bleichgesichtern!« antwortete der »große Wolf«.
    »Ist der »große Wolf« von Bleichgesichtern besiegt worden, daß er die Zeichen seiner Tapferkeit und Würde nicht mehr tragen darf?«
    »Von einem Bleichgesichte nur, aber von demjenigen, dessen Faust schwerer ist als die Hände von hundert weißen Männern.«
    »Das könnte nur Old Shatterhand sein.«
    »Er ist es.«
    »Uff!« entfuhr es dem Alten, und »uff!« stimmten die andern ein. Dann fragte er. So hat der »große Wolf« diesen berühmten Weißen gesehen?«
    »Ihn und noch viele andre, Old Firehand, Winnetou, den langen und den dicken Jäger, einen Trupp, wohl fünfmal zehn Köpfe stark. Ich bin gekommen, Euch ihre Skalpe zu bringen.«
    Der Indianer soll seine Gefühle verbergen können; besonders wird dies von den Alten und Häuptlingen verlangt; aber das, was diese vier Anführer jetzt hörten, erschütterte ihre Selbstbeherrschung derart, daß sie in Ausrufungen der Freude, der Verwunderung und des Staunens

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