Der Schatz im Silbersee
allein; das genügt, denn du redest und rauchst im Namen der andern.«
»So nimm dein Calumet, und brenne es an.«
»Nimm lieber das deinige.«
»Warum? Ist nicht deine Pfeife ebensogut wie die meinige?
Oder bringt die deinige nur Wolken der Unwahrheit zu stande?«
»Umgekehrt ist es richtig. Mein Calumet spricht stets die Wahrheit; aber der Pfeife der roten Männer ist nicht zu trauen.«
Das war eine schwere Beleidigung; darum rief Feuerherz, indem seine Augen vor Zorn funkelten: »Wäre ich nicht gebunden, so würde ich dich töten. Wie darfst du es wagen, unser Calumet zu strafen!«
»Weil ich ein Recht dazu habe. Die Pfeife des »großen Wolfes«
hat uns wiederholt belogen, und du hast dieselbe Schuld auf dich geladen, indem du ihm Krieger gabst, uns zu ergreifen.
Nein, es wird nur aus deinem Calumet geraucht. Willst du das nicht, so nehmen wir an, daß du es nicht ehrlich meinst.
Entscheide schnell! Wir haben keine Lust, mehr Worte zu verlieren.«
»So bindet mich los, damit ich die Pfeife bedienen kann!«
»Das ist nicht nötig. Du bist Geisel und mußt gefesselt bleiben, bis wir dich im Thal der Hirsche freigeben. Ich selbst werde dein Calumet bedienen und es dir an die Lippen halten.«
Feuerherz zog es vor, nicht mehr zu antworten. Er mußte auch diese Beleidigung auf sich nehmen, da es sich um sein Leben handelte. Old Shatterhand nahm ihm die Pfeife vom Halse, stopfte sie und steckte sie in Brand. Dann stieß er den Rauch gegen oben, unten und die vier Himmelsrichtungen und erklärte dann in kurzen Worten, daß er das zwischen ihm und Feuerherz gegebene Versprechen halten werde, wenn die Utahs auf alle Feindseligkeit verzichteten. Feuerherz wurde auf die Füße gestellt und in die vier Windrichtungen gedreht. Dabei mußte er dieselben sechs Züge aus der Pfeife thun und für sich und die Seinen das Gegenversprechen leisten. Die Zeremonie war damit beendet.
Nun mußten die Utahs die noch fehlenden, den Weißen zurückbehaltenen Gegenstände abliefern. Sie thaten es, denn sie sagten sich, daß sie sehr bald wieder in den Besitz derselben kommen würden. Dann wurden die Pferde der Weißen und der Geiseln gebracht. Das war gerade, als der Tag zu grauen begann. Die Weißen hielten es für geraten, ihren Abzug möglichst zu beschleunigen. Sie mußten sich dabei der äußersten Vorsicht bedienen und durften sich nicht die mindeste Blöße geben, durch welche den Roten irgend ein Vorteil geworden wäre.
Die fünf ausgewählten Krieger und die Häuptlinge wurden auf ihre Pferde gebunden; dann nahmen je zwei Weiße einen von ihnen in die Mitte und hielten die Revolver bereit, sofort zu schießen, falls die Indianer sich gegen die Abführung der Geiseln wehren sollten. Der Zug setzte sich in Bewegung nach dem Seitencanon, aus welchem der Hobble-Frank und die Tante Droll sich in das Lager geschlichen hatten. Die Roten verhielten sich ruhig; nur die finstern Blicke, mit denen sie den Bleichgesichtern folgten, bewiesen, von welchen Gefühlen sie beherrscht waren.
Fünfzehntes Kapitel
Eine Indianerschlacht
Auf den glücklichen Ausgang dieses Abenteuers war niemand stolzer als Droll und Hobble-Frank, deren klugem Eingreifen dieser Erfolg, wenigstens die Schnelligkeit desselben, zu verdanken war. Sie ritten hinter den Gefangenen
nebeneinander. Als sie das Lager verlassen hatten, sagte Droll, indem er sein eigentümliches, listiglustiges Kichern hören ließ:
»Hihihihi, is das eene Freede für meine alte Seele! Na, werde sich de Indianersch ärgere, daß se uns so fortreite lasse müsse! Meenste nich, Vetter?«
»Freilich!« nickte Frank. »Das war een Genieschtreech, wie er nich besser im Buche schtehen kann. Und weeßte, wer die Hauptmatadoren dabei gewesen sind?«
»Nu?«
»Du und ich, wir zwee beeden. Ohne uns lägen die andern noch in Ketten und Banden, gerade wie Prometheus, der jahraus und ein nur Adlerlebern essen darf.«
»Na, weeßte, Frank, ich denke, daß die sich ooch noch herausgefunde hätte. Leute wie Winnetou, Shatterhand und Firehand lasse sich nich so leicht an de Marterpfähle binde. Die sind schon oft noch schlimmer drangewese und lebe heutigestags noch.«
»Das gloobe ich zwar ooch, aber schwer geworden wäre es ihnen doch. Ohne unsre internationale Schneidigkeet wäre es ihnen zwar nich unmöglich, aber ooch nich so leicht geworden, sich aus dieser verteufelten Falle zu kontrapunktionieren. Ich bin zwar nich schtolz droff, aber es is immerhin eene erhebende
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