Der Schatz von Blackhope Hall
Sie zu sehen!"
"Wir wussten nicht, was passiert war." Grinsend wandte er sich zu Lord St. Leger. "Nicht wahr?"
"Unglücklicherweise hatte ich keine Ahnung", gab Stephen zu und ergriff seine Laterne. "Mutter war völlig hysterisch und behauptete, die Geister hätten euch geholt. Bis ich sie besänftigen konnte, verstrich eine halbe Ewigkeit."
Auf dem Weg zum Haupttrakt unterhielten sie sich lebhaft. Stephens Arm umfing Belindas Schultern noch immer. Aber Olivia hatte sich inzwischen gefasst und hielt diskret Abstand. Tom Quick ging voran und beleuchtete die dunklen Korridore mit seiner Lampe. Hin und wieder drehte er sich um und warf einen Kommentar ein, während der Earl schilderte, wie sie das ganze Haus und den Garten abgesucht hatten. Erst danach waren sie auf die Idee gekommen, den unbenutzten Flügel zu durchstöbern.
"Eine Dienerin erzählte, sie habe euch zur Hintertreppe laufen sehen, und so stiegen wir hinauf. Im Dienstbotenquartier fanden wir eine offene Tür, die in den alten Teil des Hauses führte. Und da konnten wir uns denken, wohin ihr geraten wart."
"Oh, es war so grauenhaft", seufzte Belinda. "In diesem Labyrinth haben wir uns hoffnungslos verirrt. Dann wurde es dunkel, und mittlerweile war das Schluchzen verstummt. Wir versuchten durch einen Hinterausgang ins Freie zu gelangen. Aber die Tür war versperrt."
"Wer hat denn geschluchzt?" Erstaunt runzelte Stephen die Stirn. "Wovon redest du?"
"Hat Lady St. Leger nichts erwähnt?" fragte Olivia.
"Nichts, was hilfreich gewesen wäre. Sie teilte mir nur mit, ihr würdet einen Geist verfolgen, und Madame Valenskaya faselte von 'verlorenen, einsamen Seelen'. Da nahm ich an, ihr hättet irgendwen bei einem Trick ertappt und wolltet ihn dingfest machen. Verständlicherweise sorgte ich mich um euch. Deshalb holte ich Tom, trommelte ein paar Diener zusammen, und wir suchten nach euch."
"Wir tranken Tee und hörten jemanden weinen", berichtete Belinda. "Aber niemand war in der Nähe, obwohl es so klang, als wäre die Person im Zimmer. Ich bekam eine Gänsehaut. Dann meinte Olivia, die Stimme würde aus dem Kamin dringen, rannte in den Flur hinaus und …"
"Natürlich!" fiel Stephen ihr ins Wort. "Mutter sagte, ihr hättet im rosa Zimmer gesessen."
"Ja, im zweiten Stock", bestätigte Olivia verwirrt.
Inzwischen hatten sie eine Doppeltür erreicht. Er öffnete einen Flügel, und sie betraten den Haupttrakt.
"So nahe waren wir unserem Ziel!" rief Belinda.
Ihr Bruder nickte. "Hätten wir unsere Suche im Erdgeschoss begonnen statt in den oberen Stockwerken, hätten wir euch viel früher gefunden."
Während sie durch einen langen Korridor zur Halle gingen, fragte Olivia: "Was haben Sie mit 'natürlich' gemeint, Sir?"
"Wie bitte? Ach ja … Durch den Kamin im Schulraum hört man alles, was im darunter liegenden rosa Wohnzimmer gesprochen wird. Früher saß ich mit Roderick oft davor und belauschte Mutter, wenn sie mit ihren Freundinnen plauderte. Man muss nur ein paar Kacheln entfernen, die sich ganz leicht lösen lassen. Zweifellos klappt das auch umgekehrt."
"Oh, das dachte ich mir!" triumphierte Olivia. "Da oben hat irgendjemand geweint, um einen Geist zu spielen."
"Warum wusste ich nichts davon?" beschwerte sich Belinda. Empört schüttelte sie Stephens Arm ab. "Niemand hat mir erzählt, dass man im Schulzimmer vor dem Kamin sitzen und den Leuten nachspionieren kann."
"Das stellten Roderick und ich fest, während du noch in den Windeln lagst. Als du dich dafür interessiert hättest, waren wir schon erwachsen. Nur durch Zufall haben wir's herausgefunden. Eines Tages suchten wir ein Versteck für einen unserer 'Schätze' und entdeckten die lockeren Fliesen im Kamin. Dahinter gab es kein Versteck, aber wir hörten zwei Dienstmädchen im Wohnzimmer unter uns schwatzen."
Nun erreichten sie die Halle und sahen Lady St. Leger, Pamela, Madame Valenskaya und deren Konsorten am Fuß der Treppe stehen. Olivia zögerte und verlangsamte ihre Schritte. Aber Stephen legte seinen Arm um ihre Taille und zwang sie weiterzugehen.
Stöhnend rang die Hausherrin die Hände, und die Russin tätschelte beschwichtigend ihren Arm.
Da blickte Irina auf und entdeckte die Neuankömmlinge. "Mutter! Mylady! Da sind sie!"
Lady St. Leger drehte sich um und begann zu weinen. Die Arme ausgestreckt, eilte sie ihrer Tochter entgegen. "Belinda, Darling! Alles in Ordnung? Ich dachte, irgendwas Entsetzliches wäre dir zugestoßen. Und Lady Olivia! Dem Himmel sei Dank, dass Sie
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