Der Schatz von Blackhope Hall
den Boden gezeichnete. Vor lauter Entsetzen verlor ich fast die Besinnung."
"Hat sie sich mit Schwarzer Magie befasst?" wollte Stephen wissen.
Madame Valenskaya nickte eifrig. "Deshalb schmiedete sie den unseligen Plan, der mit diesem Haus zusammenhing."
Erstaunt runzelte er die Stirn. "Mit Blackhope?"
"Ja. Unermüdlich sammelte sie Informationen über den Landsitz, die Familie St. Leger und die einstigen Bewohner. Als Ihre Schwägerin nach London kam, war Irene überglücklich, Mylord, und suchte ihre Bekanntschaft. Aber Lady Pamela interessierte sich nicht sonderlich für Séancen und erklärte, an diesen Unsinn würde sie nicht glauben. Das ärgerte meine Tochter maßlos. Dann fand sie heraus, wie tief Lady St. Leger um ihren verstorbenen Sohn trauerte – was man von seiner Witwe wahrlich nicht behaupten kann. Und so sann sie auf Mittel und Wege, um den Gram der Dowager Countess auszunutzen. Nachdem sie alles geplant hatte, weihte sie Lady Pamela ein und versprach ihr einen Teil des Geldes. Lady Pamela erzählte uns, was sie über das Landgut und ihren toten Ehemann wusste, und das half mir, Lady St. Leger vorzugaukeln, ich würde mit ihm reden."
"Sehr schlau", meinte Stephen sarkastisch.
Madame Valenskaya las Zorn und Verachtung in seinen Augen. Herausfordernd hob sie ihr Kinn. "Nicht alles, was wir taten, war verwerflich! Immerhin beglückte es Ihre Ladyschaft, sich einzubilden, sie könnte mit ihrem geliebten Roddy sprechen. Das lässt sich nicht bestreiten."
"Ebenso wenig, dass Sie meine Mutter belogen und versucht haben, aus ihrer Trauer Kapital zu schlagen."
"Wir taten ihr nichts zu Leide", entgegnete Madame Valenskaya. "Sie wollte miterleben, was bei den Séancen geschah. Und sie besitzt ein unermessliches Vermögen. Allzu viel haben wir nicht bekommen. Hin und wieder schenkte sie mir einen Ring oder ein Armband …"
"Wertvolle Juwelen, die Sie verkaufen oder verpfänden konnten."
"Die hat sie nicht vermisst. Wo ihre Schmuckschatulle doch überquillt!"
"Und Blackhope?" fragte Olivia, um den Streit zu beenden und zum Thema zurückzukehren. "Hat Ihre Tochter dafür gesorgt, dass Sie beide gemeinsam mit Mr. Babington hierher eingeladen wurden?"
"Ja, dazu überredete sie Lady St. Leger, mit Lady Pamelas Hilfe. Dabei gingen sie sehr geschickt vor. Ihre Ladyschaft glaubte sogar, es wäre ihre Idee gewesen."
"Warum legte Miss Valenskaya so großen Wert darauf?"
"Weil sie genauso wie Lady Pamela hoffte, den Märtyrerschatz zu finden. Irene inszenierte ein paar Kunststücke, die Ihnen allen weismachen sollten, auf diesem Landsitz würden sich Geister herumtreiben. Zum Beispiel wanderte der Mönch durch den Garten. Und Lady Pamela zeigte meiner Tochter den Kamin im Schulzimmer, die Kacheln, die man entfernen kann. Dann hört man im darunter liegenden Raum alles, was da oben gesprochen wird, und umgekehrt. Ihr Bruder hatte seiner Frau davon erzählt, Mylord, und erwähnt, in seiner Kindheit sei er oft mit Ihnen hinaufgelaufen, um die Damen im rosa Zimmer zu belauschen."
"Natürlich, ich hätte erraten müssen, wem Sie diese Kenntnisse verdanken, Madame", seufzte Stephen.
"Und warum war Irene dermaßen am Märtyrerschatz interessiert?" fragte Olivia. "Soviel ich weiß, gibt es andere kostbare Dinge im Haus, die wesentlich mehr Geld einbringen würden."
"Wegen ihrer … Praktiken, ihrer Begeisterung für die Schwarze Magie … Was ich vorhin sagte …" Wieder einmal blickte Madame Valenskaya nervös nach allen Seiten.
"Keine Bange, wir werden Ihrer Tochter nicht erlauben, Ihnen etwas anzutun", versicherte Stephen.
"Vielleicht können Sie das nicht verhindern, Mylord. Sie haben doch miterlebt, was Mr. Babington zugestoßen ist. Dagegen waren Sie machtlos."
"Heißt das, Irene hat ihn ins Koma versetzt?"
"Allerdings. Oder eher das Etwas, das sie herbeiruft – und dem sie sich eng verbunden fühlt. Ein gutherziges Mädchen war sie nie. Immer dachte sie nur an sich selbst – zum Teufel mit ihren Mitmenschen. Aber sie war niemals besessen , so wie jetzt. Seit Monaten redet sie nur noch über Blackhope und den Märtyrerschatz. Und diese Geheimniskrämerei! Manchmal sperrte sie sich stundenlang in diesem Zimmer ein – wo ich den Kreidestern sah."
"Sie befasst sich mit Hexerei, das erwähnten Sie bereits, Madame."
"Ja … Sie beschwört etwas Böses, Schreckliches herauf."
"Was meinen Sie mit 'Etwas'?"
"Das weiß ich nicht." Sie senkte die Stimme. "Geister, nehme ich an. Vielleicht steht sie sogar
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