Der Schatz von Blackhope Hall
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"Willst du mir etwa einreden, du wärst in dieses Gänschen verliebt?" zischte sie, die Wangen hochrot vor Wut.
"Gar nichts werde ich dir einreden, Pamela. Was du sagst, tust oder denkst, interessiert mich nicht."
"Natürlich, du versuchst mich zu kränken. Das weiß ich. Vor all den Jahren habe ich deine Gefühle verletzt. Und nun willst du dich rächen."
"Ich habe keineswegs vor …"
"Nein!" Abwehrend hob sie die Hand, schwankte graziös und suchte Halt an der Lehne eines Stuhls. "Wie ich mich damals verhielt – das war völlig falsch. Sobald es geschehen war, empfand ich bittere Reue. Aber du warst bereits abgereist, und ich konnte meinen Fehler nicht wieder gutmachen, obwohl ich's wollte …"
"Bitte, Pamela …"
"Das muss ich dir gestehen. Niemals habe ich Roderick geliebt – nicht so wie dich. Ich war jung und dumm. Und der Titel deines Bruders hat mir den Kopf verdreht, sein Reichtum, der Gedanke an Gold und Juwelen …" Sie seufzte tief auf und wandte sich ab. "Wie ich schon bald erkannte, bedeutete mir der Luxus nichts. Denn ich musste mein Leben und mein Bett mit einem Mann teilen, den ich nicht liebte. Jahrelang bedauerte ich meinen Entschluss, ihn zu heiraten, jeden Tag wünschte ich, du wärst an meiner Seite – nicht er … Und wann immer er mich küsste oder berührte, stellte ich mir vor, du wärst es."
"Hör auf", entgegnete er in eisigem Ton. "Warum demütigst du dich? Das ist völlig sinnlos."
Er ging zu ihr, umfasste ihren Arm und drehte sie zu sich herum. In ihren blauen Augen schimmerten Tränen. Ihr Gesicht wirkte leidvoll und verletzlich, die rosigen Lippen zitterten.
Grimmig fuhr er fort: "Das Bild, das du jetzt bietest, würde zweifellos die meisten Männer betören. Versuch dein Glück bei einem anderen. Nicht bei mir. Du vergisst, dass ich dich kenne, Pamela. Ständig spielst du irgendeine Rolle, um dieses oder jenes Ziel zu erreichen und andere Menschen auszunutzen. Im Grunde weiß niemand, wie du wirklich bist, weil du unentwegt lügst."
"Diesmal sage ich die Wahrheit, das schwöre ich!"
"Dann tust du mir Leid. Dein Unglück hast du nur dir selbst zuzuschreiben."
"Ja, das stimmt", bestätigte sie ernst und ergriff seine Hand. "Aber ich habe aus meinen Fehlern gelernt. Nun weiß ich, dass ich dich liebe – nur dich."
Stephen schnitt eine Grimasse. "Das glaube ich sogar", erwiderte er und entzog ihr seine Hand. "Inzwischen trage ich den Titel der St. Legers und besitze ihr Vermögen. Doch es ist belanglos, ob ich dir glaube oder nicht. Ich empfinde nichts mehr für dich."
Entsetzt schüttelte sie den Kopf. "Das kann nicht sein. Du liebst mich."
"Vor langer Zeit war ich verrückt nach dir. Diese Gefühle sind erloschen." Ohne eine Antwort abzuwarten, ging er zur Tür, und sie starrte ihm verzweifelt nach.
Am Abend versammelten sie sich im kleinen Speiseraum, um eine Séance abzuhalten. Ehe sie ihre gewohnten Plätze einnahmen, bemerkte Stephen beiläufig: "Heute sollten wir die Sitzordnung ändern, Madame Valenskaya. Ich würde gern neben Ihnen sitzen. Sicher würde mir das helfen, Ihre Methoden besser zu verstehen. Meinen Sie nicht auch?"
"Nein!" protestierte die Russin, sichtlich erschrocken. "Dann würden die Geister meinen Ruf nicht hören. In meiner Nähe dürfen sich nur Menschen aufhalten, die an meine Fähigkeiten glauben."
"Tatsächlich?"
"So ist es", bekräftigte Irina. "Mama muss zwischen Mr. Babington und mir sitzen. Dadurch entsteht eine bessere Verbindung zur Geisterwelt. Ein Zweifler würde das Band zerreißen."
"Vielleicht sollte Lady St. Leger neben Madame Valenskaya Platz nehmen", sagte Stephen. "Damit wärst du doch einverstanden, Mutter?"
"Oh ja!" Lady Eleanor lächelte erfreut. "Welch eine wundervolle Idee! Wenn es Ihnen recht ist, Madame …"
"Das … ist nicht gut", murmelte das Medium zögernd.
"Oder Belinda?" fuhr Stephen unbarmherzig fort. "Oder Lady Olivia?"
"Nein, nein." Madame Valenskaya warf Olivia einen kurzen, stechenden Blick zu. "Nicht sie ! Irina und Mr. Babington müssen neben mir sitzen."
"Aber Lady St. Leger glaubt an Ihre übersinnlichen Kräfte, Madame. Deshalb würde es keinen Unterschied machen, wenn sie an Ihrer Seite wäre."
Widerstrebend schaute Madame Valenskaya ihre Gönnerin an, die geradezu darauf brannte, sich neben ihr niederzulassen. Sie kaute ein paar Sekunden lang an ihrer Unterlippe, und schließlich nickte sie. "Also gut. Heute Abend wollen wir – wie drückt man es in Ihrer Sprache aus –
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