Der Schatz von Blackhope Hall
Olivia. "Zweifellos spielt Blackhope in diesen seltsamen Ereignissen eine wichtige Rolle. Und Lord St. Leger ist der Herr dieses Landsitzes, wenn auch keiner seiner Ahnen mit dem Kampf um die normannische Festung zu tun hatte. Aber ich ? Warum werde ich in all das hineingezogen?"
"Jedenfalls geht es auch um dich", erklärte Stephen. "Wären nur das Haus und ich darin verwickelt, hätten mich die grotesken Träume schon früher heimgesucht – in den sechs Monaten seit meiner Rückkehr aus den Vereinigten Staaten. Oder vor vielen Jahren, während ich hier aufwuchs."
"Nicht nur ich kam hierher. Auch Madame Valenskaya mit ihrer Begleitung."
"Nach allem, was Stephen mir erzählt hat", wandte Rafe ein, "dachte ich, Sie würden das Medium für eine Betrügerin halten, Ma'am."
"Davon bin ich fest überzeugt", versicherte Olivia.
"Ohne jeden Zweifel sind Madame Valenskaya und ihre Komplizen hinter meinem Geld oder dem Märtyrerschatz her", sagte Stephen, "und bei den Séancen haben sie die üblichen Tricks angewendet – abgesehen von Mr. Babingtons merkwürdigem Verhalten bei der letzten Sitzung. Irgendetwas Reales muss ihn ins Koma haben fallen lassen. Auch während der Visionen und Träume waren die Russin und ihre Helfershelfer im Haus. Deshalb dürfen wir die Möglichkeit nicht ausschließen, dass sie ihre Hände im Spiel hatten."
"Jedenfalls wäre die Anwesenheit des Mediums zur gleichen Zeit wie die Träume und Visionen ein zu eigenartiger Zufall", stimmte Olivias Großonkel zu.
"Den ersten Traum hatte Lord St. Leger, bevor er Madame Valenskaya kennen lernte", gab Olivia zu bedenken.
"Aber er hatte von ihr gehört, denn sie war schon auf der Bildfläche erschienen. Lady St. Leger kannte sie bereits, nicht wahr?"
"Ja, das stimmt", bestätigte Stephen.
"Glaub mir, Onkel, wenn du Madame Valenskaya siehst, wirst du ihr so raffinierte Täuschungsmanöver wie wirklichkeitsnahe Visionen oder Träume nicht zutrauen", prophezeite Olivia.
"Und ihre Gefährten?" erkundigte sich Bellard.
"Nun, ihre Tochter ist eine unscheinbare graue Maus", antwortete Stephen. "Und Mr. Babington ist seit einiger Zeit bewusstlos."
"Vielleicht wird das alles von jemand anderem inszeniert, der gar nicht hier wohnt", meinte Rafe. "Gewissermaßen könnte er an den Fäden ziehen – und niemand weiß, wer er ist."
"Über diese Möglichkeit haben wir bereits gesprochen", entgegnete Stephen.
"Und wenn es kein Zufall war, dass Madame Valenskaya an Lady St. Leger herantrat?" Bellard kniff die Augen zusammen. "Womöglich war das alles sorgsam geplant. Wie ist Ihre Mutter diesem Medium begegnet, Lord St. Leger? Wer hat sie einander vorgestellt?"
Alle wandten sich Stephen zu, der die Achseln zuckte. "Keine Ahnung. Davon hat Mutter mir nichts erzählt. Natürlich kann ich sie danach fragen. Aber sobald es um Madame Valenskaya geht, muss ich mich in Acht nehmen. Meine Mutter weiß, dass ich nicht an die Fähigkeiten des Mediums glaube. Und das bedrückt sie. Die Russin hat nämlich behauptet, meine Skepsis würde die Geister von ihr fern halten."
"Mit solchen Argumenten bringen viele Medien ihre Kritiker zum Schweigen", fügte Olivia hinzu. "Auf diese Weise geben sie den Zweiflern die Schuld, wenn die Geister nicht auftauchen."
"Hm – ich verstehe", murmelte ihr Großonkel.
"Diese Frau sollten wir bei einer Séance beobachten", schlug Rafe vor.
Bellards Augen leuchteten auf. "Oh ja. Da könnten wir lehrreiche Erfahrungen sammeln."
"Nun, das lässt sich arrangieren", versprach Stephen. "Dieses Thema werden wir heute beim Abendessen anschneiden."
Diesmal ging es etwas lebhafter beim Dinner zu. Wie erwartet, war Lady St. Leger von Rafe McIntyres Charme entzückt und stolz, weil sie nicht nur die Tochter eines Duke, sondern nun auch den Onkel eines Duke zu ihren Gästen zählen konnte. Pamela erfüllte Olivias und Stephens Erwartungen ebenfalls, denn sie flirtete während der ganzen Mahlzeit mit dem Amerikaner.
Höflich unterhielt er sich mit ihr. Aber Olivia entdeckte einen zynischen Glanz in seinen blauen Augen. Offenbar wusste er, was zwischen Stephen und der schönen Blondine vorgefallen war. Der ironische Blick, den der Earl seinem Freund zuwarf, bestätigte diese Vermutung.
Beim Hauptgang brachte Stephen das Gespräch auf sein Anliegen. "Hoffentlich beehren Sie uns mit einer weiteren Séance, während Lord Moreland uns besucht, Madame Valenskaya. Vielleicht heute Abend?"
Die Russin blinzelte verwirrt. "Äh … eine Séance,
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