DER SCHAWINSKI CODE – Die Biografie von Roger Schawinski (German Edition)
www.tele24.ch schreiben Zuschauer, was sie von Schawinski halten
«Ich spüre, ich habe ein Stück Heimat geschaffen!»
Nachwort (2): Was Roger Schawinski unbedingt noch sagen wollte
Ein Putsch in der Karibik bringt Schawinski auf die Idee, einen eigenen Radiosender zu gründen
«Hey man, today we got a revolution!»
Mieser kann ein Morgen nicht beginnen. Kaum aufgestanden, fiel ihm der Weltempfänger in die Kloschüssel – das Abschiedsgeschenk von seiner Ex-Frau Priscilla. Abgeschnitten von den News dieser Erde spazierte er nach dem Frühstück durch St.-Georges, die unbedeutende Hauptstadt auf der entlegenen Muskatinsel Grenada in den Antillen. Nichts, aber auch gar nichts deutete darauf hin, dass dieser Tag im Frühling 1979 sein Leben auf den Kopf stellen sollte.
Zuerst fielen ihm ein paar aufgekratzte Rasta-Guys auf, die auf einer Mauer einen Joint rauchten – und erstaunlicherweise waren einige von ihnen mit Pistolen bewaffnet.
«What’s happening, man?» fragte Schawinski einen der Männer.
«Hey man», antwortete dieser, «today we got a revolution!» Der verhasste Diktator Eric Gairy, der sein Volk mit brutalen Schlägertruppen in Angst und Schrecken versetzte, sei endlich besiegt.
Gegen Abend, so fand er heraus, gebe die neue Regierung die erste Pressekonferenz – und zwar im Studio von Radio Grenada.
Aufgeregt notierte Schawinski, der einzige ausländische Journalist vor Ort, das Unglaubliche: Eine Gruppe von linken Studenten, angeführt von Maurice Bishop, putschte das Terrorregime. Ausser ein paar Schusswechseln mit zwei bis drei Toten lief alles glimpflich ab.
«Wow, das ist ja ein Coup!» jubelte Schawinski, «das muss ich sofort dem Tages Anzeiger nach Zürich kabeln.» Schon lag der fertige Text vor ihm, als ihm bei einem kühlen Drink all die Schwierigkeiten in den Sinn kamen, die ihm diese Zeitung schon bereitet hatte. «Die haben immer negatives Zeug über mich geschrieben – beim Kassensturz und bei der Tat!» Beleidigt liess er es bleiben, und zwei Stunden später brach im ganzen Land die Kommunikation zusammen.
«Get up, stand up, fight for your rights!» – Auf dem Rückflug in die Schweiz hatte Schawinski diesen Reggae-Song von Bob Marley im Ohr, den Soundtrack seiner letzten Ferientage in der Karibik und die Hymne der Revoluzzer nach der Eroberung von Radio Grenada. Dabei hatte er nicht die geringste Ahnung, was er in der Schweiz machen würde. Doch seit jenen dramatischen Stunden war er im Innersten überzeugt, dass ihm im entscheidenden Augenblick eine tolle Idee zufallen werde.
Er schaute zum Fenster hinaus und sinnierte: «Eigentlich musst du nur gute Reden schwingen und lässige Musik spielen, und schon hast du das Volk auf deiner Seite…»
Zwei Tage später machte es Klick: «Ein eigenes Radio für Zürich, das ist es!» Soeben war ihm in der Neuen Zürcher Zeitung eine kurze Meldung ins Auge gestochen: Italien habe das Rundfunkmonopol abgeschafft, hiess es da, dadurch sei es möglich, drahtloses Radio zu verbreiten, was in der Schweiz gesetzlich verboten sei. «Dann gehe ich eben nach Italien und sende über die Grenze!» kombinierte Schawinski.
Zwar kannte der 34jährige kaum den Unterschied zwischen Mittelwelle und UKW. Aber es reizte ihn, mit einer eigenen Station gegen das verstaubte Schweizer Radio DRS anzutreten, das sich um die Vorlieben der jungen Hörer foutierte. «Diese Idee war damals so kühn, als würde einer sagen, ich will eine eigene Armee oder eine eigene Nationalbank», vergleicht Schawinski.
Ende der siebziger Jahre sorgten in der Schweiz selbsternannte Radiopiraten für Aufruhr im Äther. Mit selbstgebastelten Sendern besetzten sie aus dem Untergrund die Lücke, die auf dem UKW-Band zwischen 100 und 104 Megahertz von den PTT angeblich für «Kriegszeiten» freigehalten wurde. Während einige Amateure aus purer Abenteuerlust in die Illegalität abdrifteten (Radio Wällesittich, Radio Goodwave, Radio Hollywood), verbreiteten andere subversive Propaganda (Schwarzi Chatz, D’Wällehäxe, Bachtelkrähe). Gejagt wurden sie von Polizisten und PTT-Beamten mit hochsensiblen Peilgeräten – im Fall des AKW-feindlichen Senders Radio-aktiv-freies Gösgen sogar wie Terroristen mit zwei Helikoptern, Spürhunden und Dutzenden von Fahndungspatrouillen.
Den Ruf als hartnäckigster Kämpfer in der Piratenszene hatte sich Rolf Gautschi mit seinem Radio City – die Stimme Zürichs erworben. Der 33jährige Elektrotechniker verbreitete sein Programm aus
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