DER SCHAWINSKI CODE – Die Biografie von Roger Schawinski (German Edition)
zweifeln wir nicht daran, dass Herr Schawinsky zu einem sehr guten Werbefachmann werden wird.»
Schawinskis erste grosse Liebe hiess: Debora! «Sie war wunderschön, konnte gut singen – und später wurde sie Professorin für Linguistik», fasst er zusammen. Und im Gegensatz zum ziellosen Roger – der zwischenzeitlich bei der BP als «Merchandising Consultant» jobbte («Das klang zwar toll, aber ich weiss bis heute nicht, was es bedeutet» –, wusste die um zwei Jahre jüngere Gymnasiastin ganz genau, was sie wollte: «Im Herbst bringe ich die Matura hinter mich», sagte sie energisch.
«Wenn Du das kannst, schaffe ich es auch», neckte sie Roger wie zum Spass. Am nächsten Tag forderte er bei der Akademikergemeinschaft en bloc sämtliche Kursunterlagen an, um im Fernstudium die Hochschulreife zu erlangen – er habe sich nämlich vorgenommen, im Oktober die Aufnahmeprüfung an die Hochschule St. Gallen zu absolvieren.
Die Reaktion war ernüchternd: «Wir müssen Ihnen offen sagen, dass dies keine seriöse Vorbereitung auf eine solche Prüfung ist», hiess es im Antwortbrief, jegliche Erfolgsgarantie werde strikt abgelehnt.
Durch den Widerstand zusätzlich angestachelt, pinnte er in seinem Zimmer einen Terminplan an die Wand, auf dem abzulesen war, wie er den auf drei Jahre ausgelegten Stoff auf vier Monate zu komprimieren gedachte. Dann büffelte er jeden Tag von morgens um elf bis weit nach Mitternacht. Wenigstens nimmt er keine Drogen, dachte die Eltern, die um so verblüffter waren, als dass sich ihr Roger in der Schule nie durch besonderen Fleiss ausgezeichnet hatte. Damit er wenigsten nicht verhungere auf seinem Trip, brachte ihm die Mutter regelmässig feste Nahrung herein.
Bald verfärbten sich die Blätter an den Bäumen, und nach der dreitägigen Prüfung trabte Kandidat Schawinski am 15. Oktober 1966 zur Urteilsverkündigung in St. Gallen an. Professor Georg Thürer blickte ihm tief in die Augen.
«So, was haben sie für ein Gefühl?» fragte er – seltsam zögernd. Schawinski zuckte hilflos mit den Schultern. Nach einer Pause rückte es Thürer endlich heraus: «Sie haben die beste Matura von allen geschafft!»
Das war zuviel. Die Tränen liefen ihm in Strömen herunter, und als die Eltern ihren Jungen hemmungslos schluchzend antrafen, befürchteten sie bereits das Schlimmste.
«Wie ist es gelaufen», erkundigten sich sein Vater vorsichtig.
«Ich – ich…» Überwältigt von seinen Gefühlen blieben ihm die Worte ihm im Hals stecken.
Doch kaum zu Hause, setzte er sich hinter die Schreibmaschine, um den «sehr geehrten Damen und Herren» von der Akademikergemeinschaft umgehend sein Glanzresultat mitzuteilen. Und selbstverständlich liess er es sich nehmen, bei Gelegenheit noch einmal auf den Einschüchterungsversuch zurückzukommen – von wegen «keine seriöse Vorbereitung»!
«Um ehrlich zu sein, traf mich jener Brief ziemlich tief», schrieb also Roger Schawinski im Siegestaumel, «mein so sorgsam aufgebauter Optimismus erhielt durch ihn einen kräftigen Stoss, und schon dachte ich ans Aufgeben.» Aus diesem Grund bitte er, in Zukunft «nicht immer mit so grossem Geschütz aufzufahren» wie in seinem Fall. Denn: «Sicher nehmen sich viele Grosses vor, eine Minderheit erreicht schliesslich ihr Ziel.»
Wer wollte diesem Roger Schawinski verübeln, dass er nun glaubte: «Ich kann auf dieser Welt alles erreichen, wenn ich es wirklich will!»
Wie Schawinski Hunderttausende für den Kampf um sein Radio mobilisiert – und nebenbei zum Star wird
Der singende Rattenfänger unter der Dusche und seine Hinrichtung
Dass Ina die Schwägerin seines Financiers Bernd Grohe war, störte Schawinski nicht im geringsten. Im Gegenteil: Durch diese Liaison fühlte er sich nur um so stärker verpflichtet, dessen investiertes Kapital gewinnbringend einzusetzen. Dies wusste Grohe sehr zu schätzen, immerhin hatte er ein paar Jahre zuvor beim Boxkampf von Muhammad Ali gegen den Deutschen Jürgen Blinn im Zürcher Hallenstadion an einem einzigen Abend eine halbe Million Franken in den Sand gesetzt. Dem Organisator war nämlich entgangen, dass es zu einem grossartigen Fight einen passenden Gegenspieler braucht.
Im Fall von Roger Schawinski stieg der ideale Rivale gleich freiwillig in den Ring: Und zwar in der Person von Armin Walpen, einem Beamten wie aus dem Bilderbuch mit dicken Brillengläsern und oberlehrerhaftem Auftreten (seit 1996 SRG-Generaldirektor). Als übereifriger Chef des Radio- und
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