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Der Scherbensammler

Der Scherbensammler

Titel: Der Scherbensammler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Monika Feth
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doch bloß darauf, dass ich einen Fehler mache! Und du sagst, sie haben nichts getan?«
    »Bitte, Ben! Wir sind doch nicht wie … Max. Oder wie der Vater.«
    »Bist du dir da …«, Ben hob Minas Kinn an und küsste sie flüchtig auf den Mund, »… so sicher?«
    Merle beobachtete, wie Mina die Augen aufriss. Wie ihre Unterlippe zu zittern begann. Wie sie kaum merklich den Kopf schüttelte.
    »Nein«, flüsterte sie. »Glaubst du, Gott wird mir vergeben?«
    Verwirrt starrte Ben sie an.
    »Vergeben? Was soll er dir vergeben?«
    »Dass ich eine … Mörderin bin.«
    »Eine …«
    »Ich habe den Vater ermordet, Ben.«
    Es dauerte eine Weile, bis Ben begriff, was sie da gesagt hatte. Der Ausdruck ungläubigen Erstaunens verschwand von seinem Gesicht. Für einen Moment war es vollkommen leer. Dann steckte Ben das Messer weg und fing an zu lachen.
    »Du?«
    Sein Lachen war so unerwartet und so schrecklich, dass Merle sich am liebsten die Ohren zugehalten hätte. Bens ganzer Körper bebte unter diesem Lachen. Nur seine Augen blieben davon unberührt. Ganz plötzlich wurde er wieder ernst.
    »Ich hab den Alten umgebracht! Ja! Schau mich nur an mit deinen großen Kinderaugen! Ich hab’s für dich getan! Damit er aufhörte, dich zu quälen! Und damit du wieder nach Hause kommen konntest!«
    Mina wich vor ihm zurück, bis sie mit dem Rücken gegen die Theke stieß.
    »Er hatte den Tod verdient! Genau wie Max!«
    Aus Minas Gesicht war alle Farbe gewichen. Ihre Augen spiegelten das Grauen, das sie empfand.
    »Habe ich dich nicht immer beschützt? Immer, immer und immer?«
    »Du hast …«
    Minas Stimme war leiser als ein Wispern.
    »Es war ganz leicht, Mina. Ganz leicht. Bei beiden. Es ging fast von allein.«
    Merle griff sich unwillkürlich an den Hals. Und obwohl sie auf den Anblick vorbereitet war, erschrak sie, als sie das Blut an ihren Fingern sah.
    Ganz leicht, hallte es in ihrem Kopf nach, fast von allein.
    Wieder fing Ben an zu lachen. Niemals, das wusste Merle, niemals in ihrem ganzen Leben würde sie dieses Lachen vergessen. Falls sie je hier herauskämen.
     
    Aus der einen Flasche Rotwein waren schließlich zwei geworden, und jetzt bezahlte Bert dafür mit einem Brummschädel, der bei der kleinsten Bewegung höllische Schmerzen produzierte. Die Morgenbesprechung hatte er schweigend über sich ergehen lassen, was nicht schwierig gewesen war, weil der Chef sich selbst ganz gern reden hörte. Anschließend hatte er sich in sein Büro zurückgezogen und sich noch einmal die Pinnwand vorgenommen.
    Irgendwo unter all diesen Notizen, Zeitungsausschnitten, Fotos und Skizzen musste der Hinweis verborgen sein, den er suchte. Es lag alles offen da, er brauchte nur zuzugreifen.
    Der Gedanke machte ihn verrückt. Die Lösung vor der Nase zu haben und nicht darauf zu kommen, das war der reine Hohn. Als machte sich der große Puppenspieler da oben, der alle Fäden in den Händen hielt, über ihn lustig.
    Namen. Orte. Alles war irgendwie miteinander verflochten. Wenn er nur die Zusammenhänge erkennen könnte! Die Mädchen waren in Gefahr, und er war gezwungen, langsam und bedächtig einen Schritt nach dem andern zu tun. Ein einziger vorschneller Schluss, und er würde das Wesentliche übersehen.
    Sein Blick überflog die Namen, blieb kurz bei St. Marien  hängen und wanderte weiter. Zwei Mordfälle. Ein und derselbe Täter, das war inzwischen sicher. Ein multiples Mädchen, tief in die Morde verstrickt.
    Ein religiöser Zirkel, der seine Tentakel weit ausstreckte, bis hin zum Bürgermeister. Eine Kindheit mit Misshandlungen physischer und psychischer Art. Eine Liebe und eine Zurückweisung. Eine Entführung mit Geiselnahme.
    Auf der anderen Seite Jette und Merle. Tilo Baumgart, Minas Psychotherapeut. Imke Thalheim, seine Lebensgefährtin und gleichzeitig Jettes Mutter.
    Jette hatte Kontakt zum St. Marien. Merle zu Claudio und seinem Pizzaservice, dem Tierheim und den militanten Tierschützern.
    Wo lag der Schlüssel zum Aufenthaltsort der Mädchen?
    Bert nahm einen Rotstift und umkreiste St. Marien. Claudio. Tierheim. Tierschützer. Er schaute auf die Uhr. So früh am Morgen würde er am ehesten im St. Marien jemanden antreffen.
    Also gut, dachte er. Fange ich damit an. Die Aspirin, die er genommen hatte, wirkten endlich. Er setzte sich in den Wagen und fuhr los.
     
    Eine Katze. Am Fenster. Saß da und guckte herein. So ein weiches Fell. Und die Schnurrhaare lang und weiß.
    Lauf weg, Kätzchen. Lauf.
    Sie war noch jung. Die

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