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Der Schichtleiter

Titel: Der Schichtleiter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alex Seinfried
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herunter.
    „Ich bin ausversehen an die Kette gekommen“, sagt Benny und deutet auf die Notdusche.
    „Das alles?“
    „Ja.“
    „Warum schreien?“
    „Weil er sich erschrocken hat wie ein Mädchen“, mische ich mich ein.
    Vitto lacht. „Ja?“ Dann schüttelt er den Kopf. „Machen Ruhe hier.“ Er legt den Zeigefinger an die Lippen, nickt und geht wieder.
    „Hast du sie noch alle?“, fragt Benny jetzt noch mal. „Ich hätte fast einen Herzinfarkt bekommen.“
    „Von dem bisschen Wasser!“
    „Hallo? Stell du dich doch mal da drunter. Das ist, als wenn dir irgendwas auf den Kopf schlägt!“
    „Echt? Und das kommt dir bekannt vor? So-so …“ Grinsend gehe ich in den Aufenthaltsraum zurück.
    Benny zieht sich um.
    Über zwei Stunden lang redet er kein Wort mit mir. Ich genieße die Zeit, die ich ungestört mit meinen Büchern verbringen kann. Benny übernimmt sogar die Temperaturüberwachung, ohne dass ich mitkommen und Händchen halten muss. Was so eine kleine Abkühlung doch bewirken kann …
    Schließlich sitzen wir alle in den Aufenthaltsräumen. Hayo und Vitto schmauchen nebenan ihre Zigaretten und Benny hat nun auch ein Buch ausgepackt. Erst, als ich auf die Uhr schaue, weil es langsam Zeit wird für die letzten Arbeitsschritte, fällt mir das Cover von Bennys Lektüre auf: zwei Jungs, die sich mit offenen Hemden auf einer Pferdekoppel anschmachten.
    „Muss das sein?“, frage ich und deute auf das Buch.
    „Was?“, fragt Benny gespielt unschuldig. „Das ist wirklich gut. Ich hab schon den ersten Teil gelesen. Geht um einen schwulen Farmboy, der unter seinem Vater leidet und …“
    „Danke für den Buchtipp!“ Ich dämpfe meine Stimme und nicke zur Tür. „Die beiden sind echt okay, ich hatte trotzdem nicht vor, mich hier zu outen …“
    „Oh, und du meinst, das nette Buchcover könnte dich verraten?“ Benny schaut erwartungsvoll auf meinen Schritt. „Sorry, aber da war schon mal mehr. Also mach dir keine Sorgen, mein Buch verrät nix.“
    „Du weißt … Ach, leck mich!“
    „Na, das wäre allerdings doch ziemlich verräterisch …“
    Ich stürme ohne Antwort hinaus. Warum muss ich mich nur immer wieder darauf einlassen? Wenn er seinen schwulen Liebesschmöker lesen will, dann soll er doch. Hayo und Vitto sitzen ohnehin ausschließlich in ihrem blauen Dunst. Ein Nichtraucherzimmer wirkt auf die wie ein Vakuum. Und selbst wenn sie Bennys Buch sehen sollten – da hat das Arschgesicht natürlich recht –, sagt das noch lange nichts über meine Orientierung aus. Im Grunde bin ich da auch gar nicht so pingelig. Nur weiß ich, dass sich solche Neuigkeiten immer schnell herumsprechen. Und die Blicke und unbeholfenen Annäherungsversuche von Werner reichen mir zur Genüge. Nicht auszudenken, wenn er sich tatsächlich Chancen ausmalt und noch zudringlicher wird. Benny allerdings würde ich es ja gönnen … Der scheint aber eh nicht wirklich was dagegen zu haben, von Werner die Schwitzarme umgelegt zu bekommen. Ekelhaft! Ob Benny das gar nicht merkt? Oder ist er in seinem sexualisierten Kosmos ohnehin daran gewöhnt, dass sich jederzeit irgendwer an ihm reibt?
    In der zweiten Werkshalle ist der Durchlauf fertig. Das in Säure aufgelöste und mit Ammoniak ausgeglichene Produkt wurde heruntergekühlt und anschließend geschleudert. Hayo hat sich mal wieder nicht zügeln können und das zusammengepresste Zeug bereits aus den Filtertüchern geschlagen. Schön, diese Arbeit mache ich ohnehin nicht so gern. Also muss ich nur noch den Wagen mit den eingetüteten Brocken hochfahren und den letzten Vorgang starten.
    „Hey! Warte!“, ruft Benny, als ich den Wagen in den Aufzug schiebe. Natürlich habe ich nicht vor, zu warten, und drücke schnell auf den Knopf. Aber Benny ahnt das schon und legt einen Sprint hin, damit er mitfahren kann. Mist!
    „Wie war das? Du sollst mir schön alles zeigen?“
    „Wenn du magst, zeig ich dir, wie man ein blaues Auge bekommt. Das geht wie der Blitz und sieht auch noch gut aus, wenn man das passende Gesicht hat. Oh, ich glaube, dir könnte das echt stehen.“
    „Ha-ha, Klemmschwester versucht witzig zu sein. Du weißt ja, was Werner gesagt hat: Ich kann jederzeit zu ihm kommen …“
    „Er meinte wohl eher mit ihm, aber so notgeil, wie du bist, dürfte dir das ja ebenso gefallen.“
    „Sagt derjenige, den ich ständig mit einer Latte in der Hose erwische …“
    Ich schiebe ruckartig den Wagen aus dem Aufzug. Schon wieder habe ich mich auf diesen Scheiß

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