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Der Schiffsjunge der Santa Maria

Der Schiffsjunge der Santa Maria

Titel: Der Schiffsjunge der Santa Maria Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Schwieger
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zu retten ist.«
    In Windeseile ließen die Männer die beiden Beiboote zu Wasser und stiegen hinein. Da die Bootenur etwa zehn Mann aufnehmen konnten, mussten sie zweimal fahren, um alle vierzig Seeleute der Santa Maria von Bord zu bringen.
    Der Admiral bestieg mit acht oder neun Männern eines der ersten beiden Boote und fuhr los. Luis, Jacomo und Ramon waren bei der zweiten Fahrt dabei. Polifemo war der Letzte, der die Santa Maria verließ. Er zögerte und war ungewohnt vorsichtig, als er über die Bordwand kletterte.
    »Was isse los?«, fragte Jacomo. »Du mussen keine Angst haben. Komm herunter!«
    »Ich hab keine Angst«, knurrte Polifemo, während er sich verkrampft an der Bordwand festhielt. Nur ein kleiner Sprung trennte ihn von dem Beiboot. »Ich kann nur nicht gut sehen, besonders nachts. Und ich kann nicht schwimmen.«
    »Du nix konne schwimmen?«, fragte Jacomo überrascht.
    »Das macht nichts«, sagte Luis. So unsicher hatte er den Einäugigen noch nie erlebt. »Ich kann auch nicht schwimmen. Und ich hab’s trotzdem geschafft. Spring einfach. Wir fangen dich auf.«
    Polifemo nickte. Dann sprang er, landete mit den Füßen auf der Kante des Bootes, rutschte jedoch ab und fiel zwischen der Santa Maria und dem Beibootins Wasser. Luis sah noch, wie Polifemo verzweifelt mit den Armen ruderte und im nächsten Moment im dunklen Wasser versank. Der Mann, der ihn vor einigen Wochen vor dem Ertrinken gerettet hatte, drohte nun selbst zu ertrinken.
    Luis zögerte keinen Augenblick. Obwohl es Irrsinn war, was er tat. Er sprang ins Wasser, packte einen von Polifemos Armen und versuchte, ihn an die Oberfläche zu ziehen. Der Einäugige hielt sich verzweifelt an Luis fest und zog ihn in die Tiefe. Luis spürte einen Ruck an seinem Hals. Er schluckte Wasser, aber er ließ Polifemo nicht los. Das Meer hier war nicht tief, aber zum Ertrinken würde es reichen.
    Plötzlich durchfuhr ein stechender Schmerz seine Kopfhaut. Jemand hatte ihn an den Haaren gepackt und zog ihn an die Oberfläche.
    »Du bisse verruckt«, hörte er Jacomo schimpfen, als der ihn auf das Beiboot zog. Luis spuckte Wasser. »Wo ist Polifemo?«, fragte er atemlos. Im nächsten Moment sah er, wie der Einäugige von Ramon und Pablo ins Boot gehievt wurde. Er prustete wie ein alter Seelöwe.
    »Was isse das für Heilig Nacht?«, schimpfte Jacomo weiter. »Erst Santa Maria fahre auf Riff. Unddann ihr beide Strohkopfe springe in Wasser. Und du bisse großte Strohkopf von allen«, sagte er zu Luis. »Du nix konne schwimmen und springe Polifemo hinterher.«
    »Halt endlich die Klappe«, sagte Polifemo. Das Wasser tropfte ihm aus den Haaren und aus dem Bart. Der Schreck stand ihm ins Gesicht geschrieben. »Es ist doch nichts passiert.«
    Er setzte sich zu Luis, der mit angezogenen Knien an der Bordwand hockte.
    »Danke, mein Junge«, sagte er und legte den Arm um Luis’ Schulter. »Aber Jacomo hat recht. Du darfst mir nicht hinterherspringen. Du kannst doch nicht schwimmen.«
    »Aber du doch auch nicht«, sagte Luis. Seine Stimme zitterte.
    Polifemo wuselte ihm durch das nasse Haar. »Hier«, sagte er, »dein Halsband.« Er hielt ihm ein Lederband hin. »Ich glaube, das habe ich dir unter Wasser abgerissen.«
    Jacomo und Pablo nahmen die Ruder und setzten das Boot in Bewegung. Neben ihnen legte sich die Santa Maria allmählich auf die Seite.
    Luis durchfuhr es eiskalt. Hatte er das silberne Kruzifix verloren, das sein Vater ihm einst von einerReise mitgebracht hatte? Er griff panisch nach dem Lederband, das Polifemo ihm hinhielt   – und atmete erleichtert aus. Das Kruzifix war noch da. Und auch der goldene Ring, den Anacano ihm geschenkt hatte. Er hatte ihn auch an dem Lederband befestigt. Luis hielt beide Anhänger in der Hand und betrachtete sie im Licht der Sterne.
    »Du hängst sehr an diesen Schmuckstücken, was?«, fragte Polifemo.
    »Ja«, sagte Luis, während das Boot sich der Niña näherte. »Den Ring hier hat mir Anacano geschenkt. Als wir ihn   …«, er stockte.
    »Schon klar«, sagte Polifemo und lächelte. »Ich werd’s dem Admiral nicht erzählen. Auf der Niña sind ja noch ein paar andere Indios, die er mitnehmen kann.«
    »Und das silberne Kreuz hier hat mir mein Vater geschenkt.«
    »Dein Vater?«, fragte Polifemo überrascht.
    »Ja, er war Seemann. So wie ich jetzt. Er ist tot. Sein Schiff ist vor vier Jahren untergegangen.«
    »Wo ist das passiert?«
    »Irgendwo im Mittelmeer. Er fuhr auf einem Schiff, das Zuckerrohr von Cádiz

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