Der Schiffsjunge der Santa Maria
Ich nicht und auch Luis nicht, der euch, wie er mir erzählt hat, nur eine Last war, habe ich recht?«
Juana senkte ihren Blick verschämt auf den schmutzigen Boden.
»Ich werde ihn mit mir nehmen«, sagte Antonio und legte den Arm um Luis. »Er ist mein Sohn und er wird es gut bei mir haben. Tausendmal besser als bei euch.«
Luis spürte, wie ihm ganz warm wurde. So wohl hatte er sich in dieser Schankstube noch nie gefühlt.
»Und jetzt will ich dich nicht länger von der Arbeit abhalten, Juana. Du hast genug zu tun, wie ich sehe.« Antonio schaute sich in dem schmuddeligen Raum um und rümpfte die Nase. »Komm, mein Sohn«, sagte er zu Luis. »Wir gehen jetzt in eine
anständige
Kneipe, wo wir etwas
Anständiges
zu essen bekommen.«
»Leb wohl«, sagte Luis zu Juana, als er die Schankstube verließ. Er folgte seinem Vater nur zu gerne hinaus auf die Straße. Dort atmete er erleichtert aus. Tausend Gedanken jagten gleichzeitig durch seinen Kopf, er wusste gar nicht, welchen er zuerst packen sollte.
»So, das wäre erledigt«, sagte Antonio. »Kennst du eine gute Kneipe in der Nähe, die geöffnet hat? Ich könnte einen ganzen Pottwal verdrücken.«
»Wir können in den Goldenen Anker gehen«, sagte Luis. Er ging neben seinem Vater durch die schmale Gasse. »Zwei Straßen weiter. Das Essen dort ist prima.«
»Das klingt gut«, sagte Antonio und schnalzte mit der Zunge. »Das klingt wirklich gut.«
»Papa?« Luis hatte endlich einen seiner tausend Gedanken festhalten können.
»Ja?«
»Was machen wir eigentlich nach dem Besuch beim Königspaar? Wenn wir aus Barcelona zurück sind.«
»Ich wüsste da schon was«, sagte Antonio.
»Ich hab da auch so eine Idee«, sagte Luis.
»Don Christoph will noch in diesem Jahr wieder aufbrechen. Um Indien doch noch zu finden. Und er braucht erfahrene Seeleute.«
»Solche, wie wir es sind?«, fragte Luis.
»Genau solche«, sagte Antonio lächelnd und nahm die Hand seines Sohnes.
Informationen zum Buch
Spanien, 1492: Luis schmuggelt sich als blinder Passagier auf die Santa Maria und ist einfach nur froh, endlich seiner Stiefmutter und ihrem üblen Freund entkommen zu sein. Er hat auch noch Glück: Nach seiner Entdeckung schmeißt ihn Kapitän Kolumbus nicht von Bord. Luis wird sogar Schiffsjunge und darf dabei sein auf der aberwitzigen Fahrt über den Ozean. Ziel: das sagenhafte Zipangu …
Informationen zum Autor
Frank Schwieger
, geboren 1968, wuchs in Holstein auf. Nach einem Latein- und Geschichtsstudium ist er seit 1999 als Gymnasiallehrer tätig. Er lebt mit seiner Familie in der Nahe von Rendsburg.
Peter Knorr
wurde 1956 in München geboren und lebt heute als freischaffender Illustrator mit seiner Familie in Nierstein am Rhein. Er hat viele Bilderbücher gezeichnet, noch mehr Bücher ausgestattet und zusammen mit seiner Frau Doro Göbel auch eigene Buchprojekte verwirklicht.
Doro Göbel
, geboren 1958, studierte Kunsterziehung in Mainz und arbeitet seit 1986 als freischaffende Künstlerin und Illustratorin. Sie ist mit Peter Knorr verheiratet.
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