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Der schlafende Engel

Der schlafende Engel

Titel: Der schlafende Engel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mia James
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mir vertraust. Und mir die Wahrheit sagst – endlich. Diese Ungewissheit seit unserem Umzug hierher war das Allerschlimmste. Sie hat mich völlig um den Verstand gebracht.«
    »Ich weiß, aber ich konnte nicht …«
    »Das verstehe ich doch«, unterbrach April sie. »Aber von jetzt an rede gleich mit mir, okay? Mein Bedarf an Überraschungen ist bis zu meinem Lebensende gedeckt.«
    April musterte ihre Mutter verlegen.
    »Es gibt aber noch etwas, Mum«, fuhr sie fort. »Ich finde ganz toll, was du da tust, Mum, aber ich will trotzdem lieber nichts damit zu tun haben.«
    »Aber natürlich, Schatz. Das würde ich nie wollen. Ich will, dass du das Leben führen kannst, wie es mir mit deinem Dad nie möglich war. Du sollst frei und unbelastet von alldem sein.«
    Sie sah zu Gabriel hinüber, der mit Caro über irgendetwas lachte.
    »Und wenn dieser Junge der Richtige für dich ist, sollst du ihn auch bekommen.«
    Silvia hatte eine riesige Lederhandtasche über der Schulter – um Platz für die Tonnen an Papiertaschentüchern zu haben, vermutete April, doch nun zog sie ein in rot getupftes Geschenkpapier gewickeltes Päckchen heraus.
    »Hier«, sagte sie. »Für dich.«
    April runzelte die Stirn. Silvias Geste hatte eine merkwürdige Endgültigkeit an sich, als wäre dies das Letzte, was sie noch zu tun hatte.
    »Du willst doch nicht etwa nach Schottland zurück, Mum …«
    Silvia lachte.
    »Nein, mein Schatz, ich gehe nirgendwohin. Und ich hoffe, du auch nicht – zumindest nicht sofort.«
    April grinste. Noch vor zwei Monaten wären mindestens zehn Pferde notwendig gewesen, um sie in das Haus am Pond Square zurückzubringen, aber inzwischen wäre sie nirgendwo lieber als in dem kleinen Zimmerchen im Dachgeschoss mit dem Ausblick auf die Baumkronen.
    »Nein, ich gehe auch nirgendwo hin«, sagte April. »Aber was willst du mir damit sagen?« Sie schwenkte das Päckchen vor Silvias Nase.
    »Das wirst du schon sehen«, sagte sie und nickte in Gabriels Richtung. »Es ist für euch beide. Macht es auf, wenn ihr allein seid.«
    Als sie sich zum Gehen wandte, trat Peter zu ihr.
    »Zwei Dinge. Erstens: Dein Vater wäre stolz auf dich gewesen, besser gesagt, er ist es.«
    »Hör auf.« April schlang die Arme um ihn. »Sonst fange ich nur wieder an zu weinen.«
    »Und zweitens möchte Davina dich sprechen.«
    Er deutete auf das Mädchen, das halb verdeckt auf einem der überwucherten Friedhofswege stand und April herüberwinkte.
    »Sag Gabriel, dass ich gleich nachkomme«, bat April und folgte ihr den Pfad entlang.
    »Und wohin geht es jetzt?«, fragte sie, als sie zwischen die ringsum aufragenden Bäume traten.
    »Das wirst du gleich sehen«, antwortete Davina.
    »Ich meine, was du jetzt vorhast. Vermutlich ist Ravenwood nicht mehr derselbe sichere Hafen für dich wie früher.«
    Davina seufzte. »Ich habe mir überlegt, einen Sprung über den großen Teich zu wagen. Vielleicht schaffe ich es ja, auf dem Rodeo Drive einen schicken Silicon-Valley-Multimilliardär aufzugabeln.«
    »Du gehst nach Hollywood ?«
    Davina lächelte schief. »An den einzigen Ort auf der Welt, wo es zum Tagesgeschäft gehört, fotografiert zu werden? Kein allzu kluger Schachzug für eine Untote, denkst du nicht auch? Außerdem würde ich all das hier viel zu sehr vermissen«, erklärte sie mit einer ausholenden Geste in Richtung der überwucherten Gräber.
    »Den Friedhof? Ehrlich?«
    »Nein, den Friedhof natürlich nicht. Die Wege hier sind nichts für Highheels-Liebhaberinnen. Ich rede von den Millionen Vampiren in der Gegend, die irgendwie auch meine Familie sind. Außerdem gibt es eine dringende Aufgabe zu erledigen.«
    »Eine Aufgabe? Was für eine Aufgabe?«
    »Hat Silvia es dir nicht erzählt? Ich soll ihr bei der Umsetzung ihres Plans helfen, die Blutsauger aus dem Verkehr zu ziehen.«
    April starrte sie ungläubig an, dann brach sie in Gelächter aus. »Du?«
    »Wieso denn nicht?« Davina schien aufrichtig gekränkt zu sein.
    »Ich will dir ja nicht zu nahe treten, Davina, aber du hast die vergangenen zwei Jahre den Vampiren dabei geholfen, die Weltherrschaft an sich zu reißen. Deshalb wärst du nicht gerade meine erste Wahl, wenn ich vorhätte, sämtliche Blutsauger auszulöschen.«
    »Das stimmt. Andererseits kennt man doch das Sprichwort vom Bock und dem Gärtner, oder? Außerdem braucht Silvia jemanden mit meinen … äh … Qualifikationen und Fähigkeiten, wenn es heikel wird.«
    April nickte nachdenklich. Vielleicht hatte Davina ja recht.

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