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Der schlafende Engel

Der schlafende Engel

Titel: Der schlafende Engel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mia James
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Wieso nicht? Sie war hinterlistig, skrupellos und die geborene Manipuliererin – keine Eigenschaften für eine Grundschullehrerin, aber ideal für das, was Silvia vorhatte. Und wenn Davina von »heikel« sprach, war in Wahrheit »blutig« damit gemeint, denn es war höchst unwahrscheinlich, dass die Vampire kampflos den Ruhestand antraten. Mit Davina an Silvias Seite konnte April ihre Mutter wesentlich beruhigter in ihren Geheimkrieg ziehen lassen.
    »Aber darf ich trotzdem fragen, wieso? Ich freue mich ja, dass du auf Silvias Seite stehst, aber wieso willst du das tun?«
    Davina wandte sich mit trauriger Miene ab. »Was soll ich denn sonst tun? Du liegst völlig richtig – ich kann nicht nach Ravenwood zurück, außerdem waren unsere Tage dort ohnehin gezählt. Deshalb dachte ich, es wäre vielleicht gut, das Zünglein an der Waage zu sein. Sollte Charles Dickens tatsächlich recht haben, werde ich eine verdammt lange Kette durch die Ewigkeit zerren müssen.«
    April blieb stehen. Der Friedhof, der während des Begräbnisses noch so friedlich und sonnig gewirkt hatte, machte sie nun plötzlich nervös. Lag es an den Blättern? Waren sie hier oben dichter? Wo war die Sonne? In diesem Moment fiel der Groschen. Sie standen vor dem Schlafenden Engel, jenem Grabmal, von dem Chessy ihr erzählt hatte, es sei in ihrem Gedenken errichtet worden. April blieb stehen und sah Davina an.
    »Wolltest du mich hierher führen?«
    Davina nickte.
    »Was ist passiert? Mit Chessy, meine ich?«
    »Oh, eigentlich brauchte ich gar nicht mehr viel zu tun. Das Gröbste hattest du ja schon für mich erledigt.«
    April kniff die Augen zu.
    »Nicht«, sagte sie. »Das wollte ich nicht.«
    Als hättest du Davinas Bruder nicht töten wollen , sagte die Stimme in ihrem Kopf. Wieso erzählst du ihr nicht auch davon?
    Unwillig schüttelte sie den Kopf. Nach den dramatischen Ereignissen in Ravenwood war es April gelungen, ihren erbitterten Kampf mit Chessy in den hintersten Winkel ihres Gedächtnisses zu verbannen, aber ab und zu kam trotzdem alles wieder hoch – die schwarzen Tentakeln, die sich an ihren Armen emporgeschlängelt hatten, das Entsetzen auf ihren Zügen, als sie begriffen hatte, was mit ihr passierte.
    »Du brauchst kein schlechtes Gewissen zu haben, Süße«, erklärte Davina. »Sie war ein ganz mieses Stück, schon vergessen? Denk bloß an die Schweinerei vor dem Haus deines Großvaters und all das.«
    April wollte nicht an die Leiche auf Grandpas Gartentor denken – genauso wenig wie an Grandpa selbst. Dafür war später noch Zeit genug.
    »Aber was ist mit ihr passiert? Mit dem, was noch von ihr übrig war, meine ich.«
    »Oh, ich dachte, das läge auf der Hand«, sagte Davina. »Ich habe sie dorthin geschafft, wo sie die ganze Zeit schon hingehört hätte.« Sie hob eine Braue und nickte in Richtung des steinernen Engels.
    »Du hast sie da hineingelegt?«, fragte April fassungslos.
    Davina spannte ihren schlanken Arm an. »Ich habe eine Menge Kraft, wenn ich wütend bin. Außerdem fand ich es irgendwie poetisch.«
    April runzelte die Stirn. »Wieso hat sie versucht, mich umzubringen, was glaubst du? Ich meine, sie hat immer wieder Andeutungen gemacht, sie wüsste, wer der König ist. Aber wenn das stimmt, weshalb hätte sie das Risiko eingehen sollen, mich zu töten?«
    »Sie war verrückt, Süße, hast du das nicht gemerkt?«
    »Ja, schon, aber trotzdem. Ihr Wahnsinn hatte irgendwie trotzdem Methode.«
    »Ja, Chessy hat ständig irgendwelche Spielchen gespielt, aber sie war auch Expertin darin, sich die Hände nicht schmutzig zu machen. Denk bloß an den Vandalismus hier und bei Redfearne’s … dafür hatte sie garantiert irgendeinen Handlanger. Und deshalb sah es auch so aus, als wäre Ling auf dem Weg, die Nummer eins zu werden, nachdem ich abgemeldet war. Chessy hat im Hintergrund die Strippen gezogen, und die arme Ling war das Aushängeschild – und der Sündenbock, falls irgendetwas schieflief. Wenn sie mitbekommen hätte, dass dein Großvater wegen der Sache mit Calvin sauer ist, hätte sie bestimmt eine Möglichkeit gefunden, den Mord an ihm mir in die Schuhe zu schieben.«
    Wieder dachte April an die Leiche des Jungen am Zaun und die riesige Blutlache zu seinen Füßen und schlang sich die Arme um den Oberkörper. »Können wir jetzt gehen?«
    Sie gingen den Hügel wieder hinunter, bis sie im Hof neben der Kapelle standen. Als sie durch die Friedhofstore traten, fiel April auf, dass Miss Leicester sich abgewandt

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