Der Schlangenmensch
dazu, so schnell und so
kaltblütig zu handeln.“
Tarzan überbrückte seine
Verlegenheit, indem er sich mit fünf Fingern durchs Haar strubbelte.
„Halb so schlimm“, meinte er.
„Ohne den Farbeimer hätte ich nichts machen können. Es hätte schon ein Wunder
geschehen müssen. Zum Beispiel, wenn die Taube, die Klößchens Fahrradsattel
als... Abort benutzt hat, gekommen wäre — mit 500 Artgenossen. Und wenn die
alle gleichzeitig auf die Windschutzscheibe... Also, das hätte dieselbe Wirkung
gehabt. Aber solche großen Wunder gibt’s nur im Märchen. Daß der Eimer
griffbereit war, ist schon ein kleines. Wunder, meine ich.“
Frau Glöckner lachte mit den
Kindern. Dann stand sie auf: „Jetzt bringe ich euch Torte und Tee.“
Gaby half. Ihre Mutter setzte
sich nicht mehr zu ihnen. Obwohl es Sonntag war, hatte sie unten im Laden zu
tun. Mit Buchführung und Bestell-Listen, wofür wochentags oft keine Zeit blieb.
Klößchen wurde von Gaby gleich
mit zwei Riesenstücken bedient und war so hingerissen, daß er völlig vergaß, wo
Anke der Schuh drückte.
Doch kaum waren die Kinder
allein, sagte sie: „Sicherlich wundert ihr euch, daß ich nochmal gekommen bin.
Ich habe lange nachgedacht, ob ich überhaupt darüber sprechen sollte. Ich
stecke richtig in einem Zwiespalt. Und ich weiß nicht... Aber zu euch habe ich
Vertrauen. Was die TKKG-Bande schon alles fertiggebracht hat, weiß ja an der
Schule — und darüber hinaus — jeder. Aber ihr müßt mir versprechen, niemandem
ein Sterbenswörtchen zu sagen.“
Klößchen hob seinen Kuchenlöffel.
„Das wird ehrenwörtlich und eidesstattlich versichert.“
„Denn wenn zum Beispiel die
Polizei was erfährt“, fuhr Anke fort, „würden die beiden Verbrecher meinem Vati
die Schuld geben. Und er müßte ihre Rache oder die der Komplicen befürchten. Sie
haben auch gedroht, daß meiner Mutti, mir oder meinen Geschwistern ein Unfall
zustoßen könnte. Die sind ja so furchtbar gemein.“
Tarzan setzte sich steil auf,
nahm die Schultern zurück und legte die Fäuste rechts und links neben den
Teller. „Anke, das hört sich ja schlimm an.“
„Es ist auch schlimm“, nickte
sie, „aber es muß unter uns bleiben. Nicht mal ihrem Vater darf Gaby was
sagen.“
„Das fällt mir schwer“, sagte
Gaby. „Vor meinen Eltern habe ich nämlich keine Geheimnisse.“
Für einen Moment entstand Stille.
„Bitte, Gaby!“ sagte Anke.
„Also, gut!“ lenkte Gaby ein.
„Aber es muß sich mit unserem Verantwortungsgefühl in Einklang bringen lassen.“
Anke erzählte. Fast wörtlich wiederholte sie, was Malowitz gesagt hatte.
„Aber trotz der Drohung ist
mein Vati standhaft geblieben“, sagte sie stolz. „Verzwickt ist nur, daß wir
jetzt von einem geplanten Verbrechen wissen. Von einem - sicherlich
bedeutungsvollen — Einbruch. Um meinen Vati nicht schrecklicher Rache
auszusetzen, dürfen wir nichts unternehmen. Andererseits... also, ich weiß
nicht, was ich tun soll! Deshalb komme ich zu euch.“
Tarzan sagte: „Es gibt keinen
Zweifel. Das ist ein Fall für uns. Malowitz heißt also der eine, Herbert der andere.
Sicherlich ist das der Vorname. Wer die beiden sind, kriegen wir raus. Wir
beobachten sie. Sobald sie was anstellen, greifen wir zu. Scheinbar zufällig
sind wir dahintergekommen. Pech für die beiden. Deinem Vater, Anke, können sie
das niemals anlasten. Auf die Idee werden sie auch gar nicht kommen. Denn was
würde dein Vater tun, wollte er den beiden schaden? Er würde die Polizei
verständigen, aber ganz bestimmt nicht vier 13jährige Schüler, darunter ein
zartes, hübsches Mädchen... äh... ich meine... also, es ist unser Vorteil, daß
wir so jung sind.“
Wiedermal vergaloppiert, dachte
er. Da ist mir ein Kompliment rausgerutscht, und ich wollte das gar nicht. Gaby
kriegt schon ganz blanke Augen, und ich werde gleich rot. Mist, verdammter!
Karl grinste in seine
Papierserviette.
Klößchen ging mit dem Löffel
das dritte Stück Torte an.
Anke war zu sehr mit ihren
Gedanken beschäftigt, als daß sie was bemerkt hätte.
Tarzan wich Gabys Blick aus,
schielte dann aber doch zu ihr hin und erntete ein reizendes Lächeln.
„Ich glaube, du hast recht“,
sagte Anke.
Tarzan lockerte seine Fäuste.
„Hoffentlich steht Malowitz im Telefonbuch.“
„Vorsichtshalber“, sagte Anke,
„habe ich mir die Autonummer gemerkt.“
Es war ein hiesiges Kennzeichen
und endete auf...7777.
„Nanu?“ sagte Karl. „Das kommt
mir bekannt vor. Handelt
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