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Der Schlangenmensch

Der Schlangenmensch

Titel: Der Schlangenmensch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Wolf
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es sich vielleicht um einen Kombi?“
    „Ja, ein Kombi“, rief Anke.
    „Dunkelrot. Das heißt, meistens
dreckig. Linke Tür ist gelb lackiert — vermutlich bei einem abgewrackten Wagen
des gleichen Modells entliehen. Und die Hecktür ist hellblau.“
    „Stimmt!“ rief Anke verblüfft.
    „Das Auto ist wohl ‘ne
Clown-Nummer“, sagte Tarzan.
    „Jedenfalls kenne ich’s“, sagte
Karl.
    Er nahm seine Nickelbrille ab.
Mit der Serviette polierte er die Gläser. Aber er hatte übersehen, daß sich mehrere,
nicht unbeträchtliche Schokoladenkrümel in der Serviette befanden.
    Als er die Brille aufsetzen
wollte, begannen die Mädchen zu kichern.
    Klößchen verschluckte sich und
gackerte dann wie ein eierlegender Hahn.
    „Woher hast du die
Sonnenbrille?“ prustete Tarzan. „Das ist wohl das Neueste: ein Nasenfahrrad mit
Kakao.“
    „Albernes Volk“, meinte Karl.
Aber dann lachte auch er. Mit einer sauberen Serviette machte er sich an die
Reinigung. Doch das gelang erst, als er im Bad Wasser und Seife dazu nahm.
    Für die andern hieß es
inzwischen: Abwarten und Tee trinken. Den hatte Gaby aufgebrüht.
    „Seit wir in der Lindenallee
wohnen“, sagte Karl, als er mit blanken Gläsern zurück war, „habe ich ja einen
anderen Schulweg. Ich mußte mehrere ausprobieren. Inzwischen kenne ich den
kürzesten. Er führt nicht durch die feinste Gegend. Aber ich gewinne sieben
Minuten.“
    „Auf einer Tour?“ wollte
Klößchen wissen, „oder bei Hin- und Rückfahrt insgesamt?“
    „Auf dem Weg zur Penne“,
erklärte Karl. „Zurück nehme ich meistens einen andern — weil ich dann mit Gaby
fahre.“
    „Wo steht der Kombi?“ lenkte
Tarzan auf das Thema zurück.
    „Die Straße heißt
‚hinter-den-Gärten’. Gärten gibt’s da massenhaft. Ist aber nichts Besonderes. Vergammelte
Schrebergärten — würde ich sagen. Warum diese Straße nun ,Hinter-den-Gärten’
heißt, wo sie eigentlich mittendrin liegt oder genau so gut davor — ich weiß es
nicht.“
    „Der Kombi!“ erinnerte Tarzan.
    „Der steht jeden Morgen vor
einer verwahrlosten Bude. Weil er so scheckig ist, fiel er mir auf. Und
natürlich das 7er-Nummernschild. Mittags habe ich den Wagen noch nie gesehen.
Könnte also sein, daß der Besitzer dann irgendwo zur Arbeit ist.“
    „Hast du ihn schon gesehen?“
    Karl schüttelte den Kopf.
    Anke sagte: „Ich habe die
beiden Verbrecher natürlich beobachtet. Als sie weggingen und in den Kombi
stiegen. Der Blonde fuhr. Es ist ein grober, gewöhnlicher Kerl. Der andere hat
rote Haare und einen dicken Kopf.“
    Tarzan stand auf. „Sonntags
wird nicht gearbeitet. Sicherlich steht der Kombi jetzt auf seinem angestammten
Platz. Worauf warten wir?“
    „Jetzt willst du hin?“ fragte
Klößchen. Nur mühsam riß er den Blick von der Tortenplatte los.
    „Nein“, sagte Tarzan.
„Übernächste Woche. Dann ist ja immer noch Zeit. Los, Willi, beweg dich!“
    Anke stand schon neben ihrem
Stuhl.
    „Aber du kannst nicht mit“,
sagte Tarzan.
    „Nein?“ Aus großen Rehaugen sah
sie ihn an. „Ich dachte... Ich weiß, ich gehöre nicht zur TKKG-Bande, aber...“
    „Anke“, sagte Tarzan. „Das hat
doch damit nichts zu tun. Aber überleg mal. Malowitz und Herbert könnten dich
sehen — könnten rein zufällig sehen, wie du mit uns zusammen bist. Und ebenso
zufällig könnten sie feststellen, daß du die Tochter deines Vaters bist. Und
dann? Dann hätten wir genau das erreicht, was wir unbedingt vermeiden wollen.
Dann wäre nämlich der Zusammenhang hergestellt zwischen deinem Vater und uns.“
    „O Gott!“ Anke wurde blaß. „Wie
konnte ich das übersehen!“
    Oskar blieb zuhause. Er lag
zusammengerollt auf seinem Schaffell und schlief. Denn schließlich war er heute
schon kilometerweit gelaufen.
    Die Kinder gingen hinunter in
den Laden und bedankten sich bei Gabys Mutter für die Bewirtung.
    Anke radelte nach Hause, obwohl
sie vor Spannung fieberte.
    Die TKKG-Freunde aber fuhren
durch den sonnigen Nachmittag, von Karl geführt, in Richtung
,Hinter-den-Gärten’.

9. Die kleinen, ägyptischen Götter
     
    Es gab keinen Teppich. Der
Boden bestand aus rissigen Holzdielen.
    Malowitz blieb in der Mitte des
Raumes stehen. Der Blick aus seinen Kalbsaugen wanderte umher.
    „Naja, Herbert! Nicht gerade
komfortabel.“
    „Aber billig.“ Gerlich grinste.
„Was ich an Miete zahle, ist nicht der Rede wert. Das Haus gehört der Stadt.
Leider wird es demnächst abgerissen — wegen Einsturzgefahr. Dann muß ich

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