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Der Schlangenmensch

Der Schlangenmensch

Titel: Der Schlangenmensch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Wolf
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mir
was Neues suchen. Aber dann habe ich ja Geld. Ein Luxus-Apartment miete ich
mir. Den dämlichen Job bei der Stadt gebe ich auf. Und vor allem verschrotte
ich endlich den Kombi. Wenn ich nur wüßte, verdammt nochmal, was für einen
Wagen ich mir dann kaufe. Mir gefallen so viele!“
    „Dir wird schon was einfallen.“
    Malowitz stellte seinen Koffer
auf den Boden, hatte keinen Blick mehr für die schäbige Einrichtung, zündete
sich eine Zigarette an und trat ans Fenster.

    Der Garten draußen gab sich
alle Mühe, endlich zum Dschungel zu werden. Eigentlich fehlten nur noch
Papageien und Affen. Büsche, Sträucher, Farne, Gräser und Kräuter — alles
wucherte im Übermaß. Obwohl zu dieser Jahreszeit noch nichts in Blüte stand,
quoll der Garten über.
    „Was arbeitest du eigentlich?“
fragte Malowitz.
    „Ich gehöre zur Stadtgärtnerei.
Ich pflege die Parks und Anlagen.“
    „Offenbar ist das dein Hobby“,
bemerkte Malowitz ironisch. Er öffnete das Fenster und schnippte die kaum
angerauchte Zigarette hinaus.
    Wegen der warmen Sonne und weil
das Fenster südseitig lag, ließ er es offen.
    Das Telefon stand auf einem Wandbord.
Er griff zum Hörer.
    „Bevor ich meinen Koffer
auspacke“, sagte er zu Gerlich, „rufe ich erst mal diesen Jeske an — unseren
reichen Freund alter ägyptischer Kunst.“
    Er zog einen Zettel aus der
Brieftasche, rief sich die Telefonnummer in Erinnerung und wählte.
    Nach dem dritten Läuten wurde
abgehoben.
    „Waaalter Jessske“, meldete
sich eine affektierte ( gezierte ) Stimme. Der Mann sprach seinen Namen
aus wie ein Weihnachtsgedicht.
    „Ich heiße Malowitz“, sagte
Malowitz. „Wir kennen uns noch nicht, lieber Herr Jeske. Ich melde mich auf
Empfehlung von Engelbert Müller. Der... äh... ist Ihnen sicherlich ein Begriff.
Zwar mußte er dringend, wie Sie wissen... äh... verreisen. Aber er hat mir Ihr
Problem am... äh... Urlaubsort geschildert und nachdrücklich ans Herz gelegt,
daß ich mich um Sie kümmere. Ich bin also sozusagen Müllers Nachfolger oder
Stellvertreter. Sie können vollstes Vertrauen zu mir haben. Im übrigen verfüge
ich über ausgezeichnete Referenzen ( Empfehlungen ), was meine
Arbeitsweise betrifft.“
    „Oh!“ rief Jeske. „Ein
Sonnenstrahl dringt in das Schattenreich meines Gemüts. Ich war schon völlig
verzweifelt. Wie froh war ich, in dem lieben Herrn Müller endlich jemand
gefunden zu haben, der meine unerträgliche Lage versteht. Und dann dieser
Schicksalsschlag — als sich herausstellte, daß er für längere Zeit abwesend
sein wird. Ich sah mich ins Nichts zurückgeworfen, was meine Passion (Leidenschaft) betrifft. Und jetzt... Sie also... Sie meinen, Sie könnten... Wenn Sie bitte
verstehen, worauf ich anspiele!“
    „Ich verstehe vollkommen. Und
ich bin jederzeit bereit. Alles übrige bliebe einem persönlichen Gespräch
vorbehalten.“
    „Natürlich! Gern! Wann, bitte?
Wenn es Ihr... äh... Arbeitsrhythmus zuläßt, käme ich am liebsten sofort.“
    „Ich stehe zu Ihrer Verfügung,
Herr Jeske. Treffen wir uns bei meinem Freund — Herrn Gerlich der mir bei der
Arbeit unentbehrlich ist. Auch er verdient Ihr vollstes Vertrauen. Sie finden
uns in der Hinter-den-Gärten-Straße, Numero...“, er deckte eine Hand über die
Sprechmuschel, „welche Nummer, Herbert?“
    „Zwölf, glaube ich. Aber es
steht keine Nummer dran“, sagte Gerlich. „Er soll hinter meinem Kombi halten.“
    „Sie können uns gar nicht
verfehlen“, sagte Malowitz in den Hörer. „Vor dem Haus — Nr. 12 — parkt ein
weinroter Kombi mit hellblauer Hecktür und... gelber Seitentür. Mein Freund —
hahahah — liebt es gern bunt.“
    „Wie originell! Dann werde ich
also meinen Nachmittags-Cocktail aufschieben und gleich zu Ihnen kommen.“
    „Wir erwarten Sie. Bitte,
bringen Sie auch gleich Ihre Wunschliste mit. Und damit wir Sie rechtzeitig
bemerken - Sie kommen im eigenen Wagen?“
    „Jaaah. In einem
schwalbenbrustblauen Rolls-Royce. Leider noch das Vorjahrsmodell. Die
Lieferzeiten, die Lieferzeiten! Aber man muß sich bescheiden. Anpassung, pflege
ich zu sagen, ist das halbe Leben. Im übrigen chauffiere ich persönlich.“
    „Da tun Sie recht.“ Malowitz’
Zähne ließen die Unterlippe los. „Also, bis gleich.“ Er legte auf.
    „Nu?“ fragte Gerlich.
    Malowitz drehte seine
Kalbsaugen zum Himmel.
    „Er kommt in einem
schwalbenbrustblauen Rolls-Royce und chauffiert persönlich.“
    „Häh?“
    „Ich vermute, er parfümiert
sich. Und

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