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Der Schlangenmensch

Der Schlangenmensch

Titel: Der Schlangenmensch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Wolf
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sonnenlose —
Tageslicht. Ein frischer, klarer Morgen! Ein schöner Tag — egal, ob es regnet —
ein Tag meines Lebens, dachte er. Und den nutze ich aus. Was daraus wird, liegt
ausschließlich an mir. Also ran an den Speck! Schließlich wollen wir heute
erfahren, was dieser Karpf für ein Fisch ist! Hoffentlich kennt Detlef Becker
ihn.
    Klößchen schnarchte.
    Tarzan beobachtete, wie drüben
beim Pauker-Silo, wo die ledigen Lehrer ihre Appartements hatten, ein Fenster
geöffnet wurde.
    Fräulein Reuschke, die als
Referendarin erst seit zwei Wochen an der Schule war, machte ihre
Morgengymnastik im blütenweißen Trainingsanzug.
    Rumpfbeugen! Und strecken!
Rumpfbeugen! Und...
    „Nicht so lahm!“ sagte Tarzan.
„Mal ein bißchen Einsatz, Fräulein Reuschke! Das bringt ja sonst nichts.“
    Er sprang aus dem Bett und
machte eine Unzahl von Liegestützen, bis ihm die Arme wegrutschten.
    Als es um 6.30 Uhr zum Wecken
bimmelte, kam er geduscht aus dem Waschsaal zurück.
    Klößchen blieb mit
geschlossenen Augen liegen.
    Weinerlich sagte er: „Ich habe
geträumt, Gaby hätte mir meinen ganzen Schokoladenvorrat geklaut — und an Hunde
verfüttert.“
    „Keine Sorge. Das macht sie
nicht. Sie ist auf Wiener Würstchen spezialisiert.“
    Klößchen wälzte sich aus dem
Bett und schlurfte zur Tür.
    „Eines Tages“, sagte er, „werde
ich mir Freunde suchen, die gern essen.“
    „Ich esse auch gern“, lachte
Tarzan. „Aber eine halbe Portion schmeckt genauso gut wie eine doppelte. Und du
futterst grundsätzlich mindestens drei.“
    Beim Frühstück wollte Klößchen
wissen, welche ,wirklich gute’ Idee Tarzan gestern abend noch gehabt hätte,
aber Dr. Böckler geriet dazwischen.
    „Carsten“, meinte er giftig.
„Habe eben mit Kommissar Glöckner telefoniert. Scheint zu stimmen, was du
sagst. Naja!“
    „Es scheint?“ fragte Tarzan —
mit gespieltem Erstaunen. „Wollen Sie damit andeuten, daß Sie der Information
von Herrn Glöckner mit Vorbehalt begegnen?“
    „Nein, nein!“ zischte Böckler.
„Dreh mir das Wort nicht im Mund rum. Es ist alles in Ordnung.“

    Als er gegangen war, sagte
Klößchen: „Alt wird der hier nicht.“
    „Er ist Beamter. Denen kann man
nicht einfach kündigen.“
    „Aber man kann sie versetzen.“ Klößchen
griente. „Manche sagen auch ,umbetten’ statt versetzen. Wegen des
Arbeitseifers.“
    „Als Pauschalurteil wäre das
ungerecht“, erwiderte Tarzan. „Die meisten unserer Pauker sind emsig und nett
und einsatzfreudig und immer für uns da.“
    „Selbst Böckler ist fleißig“,
nickte Klößchen, „wenn es darum geht, einen — der größer ist als er — in die
Pfanne zu hauen.“
    Sie gingen rechtzeitig in ihre
Klasse, die 9b.
    Von einem Mitschüler, der
unweit von Anke Dürrmeier wohnte, hörten sie, das Mädchen sei gestern abend
ganz plötzlich erkrankt.
    „Sie hat Fieber und hustet.
Eine verspätete Grippe, sagte Herr Dürrmeier“, berichtete der Junge.
    Er war zu Anke gegangen, um die
englische Übersetzung abzuschreiben, durfte aber wegen Ansteckungsgefahr nicht
zu ihr rein.
    Die Übersetzung hatte er dann
doch selber machen müssen.
    „Auch das jetzt noch!“ meinte
Klößchen zu Tarzan. „Die Familie ist wirklich vom Pech verfolgt.“
    „Besuchen können wir Anke
leider nicht. Aber wir werden sie anrufen.“
    Gaby und Karl kamen heute mit
dem Schulbus.
    Karl sah aus wie immer, aber
Gaby war eine Augenweide.
    Um Millimeter hatte sie ihre
Ponyfransen wieder mal verkürzt, wodurch die dunklen Wimpern ihrer Blauaugen
noch stärker auffielen.
    Den weißen Pulli, den sie heute
zum blauen Faltenrock trug, hatte Tarzan noch nie an ihr gesehen.
    Um ihren Hals schmiegte sich
ein Kettchen, das er ihr kürzlich als Freundschaftsbeweis geschenkt hatte.
    Sie und Karl erfuhren gleich
von Tarzan und Klößchen, wie es um Anke stand.
    „Hoffentlich ist es wirklich
eine Grippe“, sagte Gaby besorgt.
    „Wie meinst du das?“ wollte
Klößchen wissen.
    „Es könnte doch sein, daß die
Aufregung zu viel für sie war. Auch davon kriegt man Fieber.“
    „Aber im allgemeinen keinen
Husten“, meinte Karl.
    „Jedenfalls müssen wir sie
nachher anrufen“, sagte Tarzan. „Damit sie endlich erfährt, was wir bei
Malowitz und Gerlich rausgefunden haben.“
    Während der ersten Stunde war
Mathe.
    Der Lehrer wiederholte einen
Stoff, bei dem Tarzan sich zu Tode langweilte. Das verschaffte Gelegenheit zum
Nachdenken.
    Sonderbar, dachte er, daß ich
an jedem Schultag gern und

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