Der Schlangenmensch
dauernd
Knatsch mit der Kirche. Hat ständig Reibereien. Hat sogar schon prozessiert.
Aber verloren. Ich wette, seine wurmstichigen Säulenheiligen kriegt er nie zurück.
Aber sie sollen sehr wertvoll sein.“
„Wie bitte?“
Tarzan schnappte nach der
Neuigkeit wie Oskar nach einer Wurstpelle.
„Das hat eine Vorgeschichte“,
erläuterte Detlef. „Die liegt so ungefähr 300 Jahre zurück. Damals gab’s einen
Landadeligen Karpf, der seine Knochen kaum noch bewegen konnte. Muß wohl Rheuma
gewesen sein, weil er sich zuviel im Freien rumtrieb. Wahrscheinlich ging er
auch bei Regen zur Jagd. Aber ohne Schirm, und Lodenmäntel gab’s damals noch
nicht. Als es dem so richtig mies ging, haben die Mönche der Birnbacher
Klosterkirche eines heißen Sommers für ihn gebetet. Ein Wunder geschah. Das
Rheuma besserte sich. Der alte Karpf konnte wieder aufs Pferd und zur Jagd.“
„Dann war’s kein richtiges
Rheuma“, meinte Karl. „Allenfalls Hexenschuß.“
„Die Geschichte geht weiter“,
lächelte Detlef. „Der Karpf besaß allerlei zusammengeräuberte Schätze in seinem
Herrenhaus. Darunter auch eine ganze Galerie mittelalterlicher Heiligenfiguren.
Holzgeschnitzt, wurmstichig, verstaubt. Die stammten natürlich auch aus
irgendwelchen Klöstern, die frühere Karpfs auf Beutezügen ausgeplündert hatten.
Der vom Rheuma Geheilte zeigte sich jedenfalls dankbar und gottesfürchtig. Als
Honorar für die wirksamen Gebete überließ er den Birnbacher Mönchen seine
Heiligenfiguren, für die er sowieso keine Antenne hatte. Er war mehr der Typ,
der Weiber, Spanferkel am Spieß und süffiges Bier schätzte.“
Die Jungs grinsten.
Gaby sagte: „Deshalb hatte er
auch Rheuma.“
„Das hatte er nicht mehr. Er
konnte sogar seiner neuentdeckten Leidenschaft frönen. Dem Baden. Aber nicht in
der Wanne, sondern im Teich. Und jetzt komme ich zum Kern der Geschichte. In
jenem heißen Sommer, da sein Rheuma ihn verließ, war er erstmals in einen
bestimmten Tümpel gestiegen. Aus Instinkt wohl — setzte er dort die Badekur
fort. Und heute weiß man: Eben jener Teich enthält ungewöhnlich heilkräftiges
Moorwasser: ein Labsal für Rheumatiker.“
„Aha!“ sagte Tarzan. Sein
wacher Verstand bildete bereits den richtigen Zusammenhang.
„Eine Bädergesellschaft hat
jetzt den Daumen drauf“, fuhr Detlef fort. „Auf dem Teich, meine ich. Die
ziehen die Brühe auf Flaschen und machen das große Geschäft. Tja, und der
,streitbare Otto’ ist auf einen besonderen Dreh verfallen.“
„Laß mich raten!“ sagte Tarzan.
„Er will die geschenkten Heiligen zurück.“
„Stimmt. Sie sind vielbestaunte
Attraktionen in unserer Wallfahrtskirche. Aber er fordert sie zurück.“
„Weil er die Mönche von damals
für Betrüger hält?“
„So drückt er’s zwar nicht aus.
Aber er bestreitet die Rechtmäßigkeit der damaligen Schenkung. Den Alten hätten
nicht die Gebete geheilt, sondern das Moorwasser.“
„Womit er zweifellos recht
hat.“
„Aber geschenkt ist geschenkt“,
sagte Karl. „Der kann nicht nach 300 Jahren die Heiligen zurückfordern. Das ist
ja völlig behämmert.“
„Er hat sich in die Idee
verbissen“, sagte Detlef. „Die Zänkerei geht schon seit Jahren. Und immer wenn
Karpf betrunken im Wirtshaus sitzt, gröhlt er, eines Tages werde er es den
Pfaffen noch zeigen. Er kriege seine Holzheiligen schon zurück — so oder so.“
„Detlef!“ sagte Tarzan. „Deine
Auskunft ist Gold wert! Vielen Dank!“
Detlef strahlte.
*
Während der großen Pause zogen
die TKKG-Freunde sich in einen Winkel des Schulhofs zurück.
„Wir haben Durchblick“, stellte
Tarzan fest. „Zumindest wissen wir zweierlei mit — wie sagen da die Herren
Rechtsverdreher...“
„...mit an Sicherheit
grenzender Wahrscheinlichkeit“, ergänzte Karl.
„Richtig. Wir wissen nämlich: Jeske
braucht die beiden Ganoven, damit sie für ihn die kleinen ägyptischen Götter
und ähnliche Kunst- und Kultgegenstände klauen. Nehmen wir mal an — aus dem
Ägyptischen Museum.“
„Und?“ fragte Klößchen, der
abwechselnd in eine Buttersemmel und eine Schokoladentafel biß.
„Und der ,streitbare Otto’
braucht dieselben Handlanger, weil er nicht mal vor Kirchendiebstahl
zurückscheut. Malowitz und Gerlich sollen die Heiligenfiguren aus der
Wallfahrtskirche stehlen.“
„Ungeheuerlich!“ empörte sich
Gaby.
„Jetzt müßten wir nur noch
feststellen“, meinte Klößchen, „was dieser Graf Frankenstein
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