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Der schlaue Pate

Der schlaue Pate

Titel: Der schlaue Pate Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Volker Schnell
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»die Gute« bedeutet. Er schmuggelte Kunst, Schmuck und andere Wertgegenstände für die emigrierten Juden aus der Sowjetunion heraus. Dabei ging vieles »verloren«, das er an reiche Sammler verkaufte. Trotzdem rührte daher der Name seiner Organisation, die angeblich Wohltätiges bewirkte. Er schmuggelte Heroin aus Afghanistan über die Sowjetunion nach Israel und von dort weiter nach Europa. Er erpresste Schutzgeld von den Unternehmen, die russische Juden in Israel und im Westen gründeten, kontrollierte große Teile der Prostitution, war eine große Nummer im Menschenhandel. Die Israelis kannten organisierte Kriminalität bis dahin kaum, weshalb es eine Weile dauerte, bis sie merkten, was lief. Inzwischen wurde Shnaider aber dort gesucht und konnte das Land nicht mehr betreten.
    »Egal ob er nun als Jude geboren wurde oder nicht, es dürfte für uns kein Problem sein, denn die Israelis sind selber hinter ihm her«, sagte Desirée.
    Prinz nickte.
    Neben einer unbekannten Zahl illegaler Identitäten besaß er auf den Namen Shnaider einen russischen, einen ukrainischen und einen ungarischen Pass. Nachdem die Sowjetunion zusammengebrochen war, stieg er in den   GUS -Ländern ganz groß in alles ein, wo er reinkommen konnte: Banken, Immobilien, Baufirmen, Öl und Gas, Medien, Waffen, Speditionen. Seine illegalen Aktivitäten konzentrierte er inzwischen auf Westeuropa, seine legalen auf den Osten, den er den anderen elf großen Dachorganisationen überlassen hatte. In Russland galt er als angesehener Oligarch. Wenn er nicht dort war, lebte er in Frankreich, das wie Russland kein Auslieferungsabkommen mit den   USA   hat. Die Geldwäsche im großen Stil lief über mehrere von ihm kontrollierte russische und ukrainische Banken, dann floss das Geld auf Banken in Liechtenstein und der Schweiz, wo in Genf sozusagen die Mutterfirma seines Mischkonzerns saß: Envision Ventures S.A., ein Unternehmen, das in unzählige andere Firmen investierte.
    »Das gibt’s nicht«, staunte Andreas. »Sein legales Aushängeschild ist ausgerechnet   Efim Laskin ?«
    Desirée nickte. »Einer der großen Stars der internationalen Finanzmärkte«, erklärte sie den anderen und warf Titelseiten von Wirtschaftsmagazinen an die Wand, auf denen ein gut aussehender Mann um die fünfzig zuversichtlich lächelte. »Er besitzt die geheimnisvolle Gabe, ständig neues Geld auftreiben zu können. Nach dem großen Crash vor ein paar Jahren war er fast der Einzige, der das noch konnte. Natürlich hat Envision Ventures offiziell nichts mit Shnaider zu tun.«
    Prinz schüttelte den Kopf. »Sogar ich habe da Anlagen.«
    »Ich auch«, pflichtete ihm Andreas bei.
    »Aus dem Kleinkram«, fuhr Desirée fort, »hält Shnaider sich inzwischen heraus, bekommt aber natürlich seinen Anteil aus den Geschäften der   Bratvas , der Banden, die unter seinem   Kryscha , seinem Dach, Schutz finden.«
    »Bruderschaft«, berichtigte Niki und kratzte sich zwischen den Beinen.
    Als Shnaider in den 1990ern auch in den amerikanischen Markt wollte, berichtete Desirée weiter, traf er sich mit den dortigen Mafiafamilien. Doch er unterschätzte das   FBI . Einer seiner Gesprächspartner, die er natürlich beeindrucken wollte, war ein verwanzter V-Mann. So kam heraus, was er eigentlich für Geschäfte machte. Er konnte gerade noch entkommen und machte seither einen Bogen um die   USA .
    Auch diese regionalen Bruderschaften hatten ein legales Aushängeschild. Erich konnte die russischen Schlägertypen zu einem Wachdienst verfolgen, der einem gewissen Boris Tews gehörte.
    »Ausgerechnet eins der angesehensten Mitglieder der russischen Gemeinde hier«, sagte Niki kopfschüttelnd, »ist sein   Aferist . Das heißt ›Betrüger‹. So nennen sie ihre legalen Geschäftsleute. Efim Laskin ist der große globale   Aferist , Boris Tews der kleine lokale.«
    »Ich weiß, wer er ist, Niki«, sagte Prinz. »Dieses russische Restaurant in Wilhelmshöhe, wo deine Leute immer feiern, und Speditionen, oder?«
    »Drei insgesamt«, trug Desirée vor. »Er lächelt oft in den Klatschspalten von   HNA   und   EXTRA   TIP   und wird dort immer als Spediteur bezeichnet.« Die Hessisch-Niedersächsische Allgemeine war die regionale Tageszeitung, der   EXTRA   TIP   ein boulevardeskes Anzeigenblatt.
    Desirée warf entsprechende Artikel an die Wand: Boris Tews, umgeben von anderer lokaler Prominenz. »Groß geworden damit, weil seit dem Zusammenbruch der Sowjetunion die Post in den

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