Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der schlaue Pate

Der schlaue Pate

Titel: Der schlaue Pate Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Volker Schnell
Vom Netzwerk:
untergejubelt, woraufhin der damals erst achtzehnjährige Prinz ihr kühl mitteilte, dass er weder sie noch das Kind je im Leben sehen wolle – bis Desirée eines Tages auf dem Gut auftauchte, um Geld zu erbetteln. Sie studierte Geschichte an der Kasseler Uni. Prinz hatte sie auf Hintergrundrecherchen angesetzt, und zu seiner Überraschung hatte sie sich als richtiger Glückstreffer erwiesen. Sie war es, die bei den Fällen, die nach dem ersten Triumph an das Unternehmen herangetragen worden waren, sehr schnell festgestellt hatte, dass die Knackis doch schuldig waren. Ebenfalls zu seiner Überraschung hatte er sie sehr ins Herz geschlossen. Inzwischen wohnte sie nicht mehr bei ihrer Mutter, sondern hier.
    »Na schön«, sagte er. »Dann lasst uns erst mal hören, was Desirée und unser Russe hier alles über den schlauen Paten herausgefunden haben.«
    Desirée hatte den flachsblonden Jungen als »meinen neuen Freund Nikolaj Nikitin« vorgestellt, worauf Ollie grinsend meinte: »Ich wette, alle nennen dich dauernd Nikilij Nikotin, Kumpel«, und sich eine seiner billigen kroatischen Zigaretten ansteckte, die er und Anja immer aus dem Jahresurlaub mitbrachten.
    »Das tun nur ganz wenige«, hatte der junge Mann höflich erwidert; er heiße Niki. Wie gründlich Ollie ihn in den folgenden Tagen überprüfte und abhörte, hatte er nicht mitbekommen.
    Desirée hatte langes braunes Haar, einen kleinen Kussmund und genauso fast schwarze Augen wie Prinz. Für eine feminine Figur war sie ein bisschen zu dünn, wenn auch nicht so dürr wie ihre Mutter; sie hatte nie Schminke im Gesicht, keine Tattoos und keine Piercings, ihrer Kleidung sah man an, dass ihr Klamotten nicht sonderlich wichtig waren. Trotzdem himmelte Niki sie unübersehbar an; er hatte vor Kurzem, verblüfft und entzückt, entdecken dürfen, dass Desirée sogar noch Schamhaar besaß, nur ein klein wenig gestutzt. Er selbst war natürlich rasiert gewesen, ließ es aber jetzt wieder wachsen, weshalb es ihn dort ständig juckte.
    »Er heißt Simeon Yurewitsch Shnaider«, sagte Desirée und warf das Foto eines bullig wirkenden Mannes mit Glatze an die Wand, der einen schlecht sitzenden Anzug trug und von drei Muskelmännern mit Sonnenbrillen umgeben war. »Er soll geniale Tricks erfunden haben. Auf der Ten-Most-Wanted-Liste des   FBI   steht er auf Platz sieben. Bevor sie Osama bin Laden kriegten, war er Nummer acht.«
    »Ein Jude?«, fragte Prinz überrascht.
    »Das könnte problematisch werden«, sagte Andreas. »In diesem Land erntet man mit Grund hochgezogene Augenbrauen, wenn man gegen Juden vorgehen will.«
    Es war Samstagnachmittag, es regnete, und draußen würde es bald dunkel werden. Sie hatten die Stühle wie für ein Publikum um Desirée und den jungen Deutschrussen herumgruppiert. Jeder hatte eine Kaffeetasse in der Hand oder neben sich auf dem Boden stehen, nur die von Desirée und Niki standen auf einem kleinen Tisch.
    »Er muss nicht unbedingt Jude sein«, warf Niki nun ein. »Unter Gorbatschow durften Juden zum ersten Mal in großer Zahl nach Israel ausreisen. Da sind viele plötzlich zu Juden geworden.«
    Er warf ein überraschend sympathisches Grinsen in die Runde. Niemand lächelte zurück. Er studierte Betriebswirtschaft, war aber davon gelangweilt. Ihn faszinierte das alles hier unendlich; er schien noch gar nicht realisiert zu haben, dass auch er und seine neue Freundin in Gefahr geraten könnten.
    »Außerdem scheint Tatsache zu sein«, sagte Desirée, »dass der   KGB   einige seiner Leute mit neuen Identitäten ausgestattet hat und über Israel in den Westen schleuste. Dieser Shnaider soll einer davon sein.«
    » Das   KGB «, verbesserte Niki automatisch und kratzte sich zwischen den Beinen.
    »Es heißt nicht   der   KGB ?«, fragte Andreas.
    »Komitet Gosudarstvennoj Bezopasnosti«,   erklärte Niki. » Das   Komitee für Staatssicherheit.«
    In den nächsten Stunden trug Desirée, gelegentlich bei den russischen Begriffen von Niki unterstützt, vor, was sie über den schlauen Paten herausgefunden hatte. Bei vielem, musste sie einräumen, handelte es sich nur um Gerüchte. Shnaider könnte eigentlich Yuri Izgilov heißen und in den 1980er Jahren als   KGB -Resident in Dresden stationiert gewesen sein – dort wäre er der Vorgesetzte von Vladimir Putin gewesen, dem ehemaligen und zukünftigen Präsidenten Russlands. Kaum in Israel angekommen, baute er seine Organisation auf, die noch immer   Choroschevskaja   heißen soll, was

Weitere Kostenlose Bücher