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Der schlaue Pate

Der schlaue Pate

Titel: Der schlaue Pate Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Volker Schnell
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ohne sich zu erheben. Die Sonnenbrille hatte er abgelegt. Seine winzigen Augen schienen fast über den feisten Backen zu verschwinden. Seine Glatze glänzte. Er trug einen schlecht sitzenden Anzug, aufgeknöpft, ein enormer Wanst quoll über den Gürtel, den der Mantel ganz gut kaschiert hatte.
    »Ich hatte Sie bereits gestern erwartet«, sagte er, ganz ohne Akzent, aber mit leicht sächsischem Tonfall. Vermutlich stimmte sogar die Geschichte, dass er in den Achtzigern   KGB -Resident in Dresden und somit der Vorgesetzte von Vladimir Putin gewesen war. »Aber bei Ihrem festlichen Abendmahl sind Sie wohl erst heute dazu gekommen, sich die Bilder der Kamera an diesem Sendemast anzusehen.«
    Sarnizyna und ein Leibwächter sanken in ein Sofa an der gegenüberliegenden Wand, in dem großzügigen Wohnzimmer war es fast zehn Meter entfernt.
    Prinz setzte sich in den Sessel, die Ellbogen auf den Knien, und betrachtete den Mann, ohne eine Regung zu zeigen. Der schien sich unter seinem Blick vor Behagen zu sonnen; er legte die Füße auf einem niedrigen Hocker übereinander.
    »Keine Sorge, Sie standen nur unter einer lockeren Beobachtung, die Irina gerade wieder abgezogen hat. Ich habe natürlich das Buch gelesen. Als ich den Sendemast sah, wusste ich sofort, was für eine Idee Ihr Freund, Ollie der Techniker, gehabt hatte.«
    Ein Leibwächter stellte eisgekühlten Wodka und zwei Gläser auf den Tisch und verschwand. Der schlaue Pate langte hinüber und goss ein, aber nicht zu voll.
    »Ich quäle Sie nicht mit einem Glas bis zum Rand, aber anstoßen müssen wir.   Na sdorowje. «
    Prinz hob sein Glas, stieß mit ihm an, nippte. »Wie muss ich Sie anreden?«
    »Bleiben wir doch bei dem, wie wir voneinander denken. Ich nenne Sie Prinz, Sie nennen mich Pate.« Er kippte den Wodka, seufzte behaglich, goss nach. »Meinen wirklichen Namen könnten Sie sowieso nicht aussprechen.« Also war er wohl auch kein Jude. »Schöne Grüße übrigens von Igor.« Prinz hob die Brauen. »Für einen Dieb im Gesetz ist das Gefängnis die Heimat. Er ist zu Hause. Ihm geht’s gut.«
    »Sie waren etwas nachlässig, als Sie Ihre Leute Baginskis Haus nicht auf Wanzen absuchen ließen.«
    Der Pate lachte schallend. »Hübscher Bluff, aber Sie rechneten damit, dass ich zu Ihnen komme, nicht zu ihm. Doch zur Sicherheit hat Irina dieses hübsche Gerät von unseren Freunden vom   FSB   besorgt.« So nannte sich inzwischen der russische Geheimdienst.
    Er holte etwas aus einer Tasche, das ein bisschen wie ein   USB -Stick aussah und kaum größer war; oben leuchtete ein rotes Lämpchen.
    »Ein Detektor. Ganz neue Entwicklung. Das Licht leuchtet wegen des Mikros unter Ihrem Kragen. Wollen Sie nicht die Jacke ablegen? Hier ist doch gut geheizt.«
    Nach kurzem Zögern zog Prinz die Jacke aus und legte sie über einen anderen Sessel. Er unternahm keinen Versuch, die Waffe zu verbergen.
    Der Pate nickte beifällig. »Und nun erklären Sie mir mal, wie Sie das geschafft haben, diesen Tews und Igor und die ganze   Bratva   hochgehen zu lassen. Dafür haben wir immer noch keine Erklärung. Irina und ich sind sehr gespannt.«
    Prinz lehnte sich zurück, schlug die Beine übereinander und lächelte. »Igor hatte nicht so einen Detektor. Und Tews hat seine Frau vernachlässigt.«
    Der Pate kniff seine winzigen Augen zusammen. »Igor versichert, Sie hätten das Mikro ausgemacht.«
    »Es war noch eins in dem Feuerzeug, das ich ihm dagelassen habe. Igor hat das Buch nicht gelesen. Wir haben das Telefonat zwischen ihm und Irina mitgehört und übersetzen lassen.«
    Der Pate blickte zu seiner Sicherheitschefin, die ärgerlich den Kopf schüttelte. »Und deshalb haben Sie nicht getan, wozu ich Sie bringen wollte.«
    »Ich würde gern noch ein wenig am Leben bleiben. Aber wir haben auch ein Gespräch zwischen Tews und Igor aufgenommen, bei dem nicht nur über die Weihnachtsfeier im Kalinka geredet wurde. Tews erwähnte einen Professor Dr.   Magnus Egmont Krähfuß, den wir uns daraufhin mal angesehen haben.«
    Prinz sah aus den Augenwinkeln, dass die Sarnizyna jetzt kalte Wut in den Augen hatte. Der Pate starrte ihn einen Moment an; dann brach er in sein kollerndes Lachen aus.
    »Diese Gegend hier ist zu klein für Sie und mich. Der Professor mit dem seltsamen Namen hat bisher nur einen Vertrag unterschrieben, der mir sein Schweigen garantiert. Losgehen sollte es erst nächstes Jahr, wenn der neue Flughafen eröffnet wird. Ich werde mir für die Lebern einen anderen

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