Der schlaue Pate
Ihre Bewegungen auch nachvollziehen. Ich erwarte eine Erklärung.«
Baginski nickte und blies Rauch nach oben. »Ich wollte Ihnen hier sofort alles erzählen, was passiert war. Aber ich hatte getrunken, war eigentlich gar nicht fahrtüchtig. Als ich schon im Wagen saß, fiel mir ein, dass es zu riskant sein könnte. Deshalb habe ich ihn erst mal in die Garage gefahren, habe eine Kanne starken Kaffee gekocht und etwas gegessen. Dann bin ich doch losgefahren. Auf die Uhr habe ich erst gesehen, als ich schon an dem Kreisel war. Viertel vor zwei morgens. Außerdem hatte ich die Fotos und den Vertrag noch nicht. Ich habe beschlossen, Sie nicht mitten in der Nacht aus dem Bett zu klingeln.«
Alle musterten ihn.
Er lächelte. »Mehr war da nicht.«
»Gut«, beendete Andreas das Schweigen. »Herr Baginski, wir fahren jetzt zurück in die Kanzlei, um mit Björn Spohr über Ihre Vernehmung morgen zu beraten. Und an welchem Punkt es unumgänglich werden könnte, diese Dokumente dem Gericht vorzulegen und einzuräumen, dass Sie einer Erpressung nachgegeben haben. Was vermutlich Ihre Karriere bei der Staatsanwaltschaft beenden würde. Von dem, was wir da gerade hören mussten, sagen Sie zu niemandem ein Wort.«
Baginski nickte. »Für das Verfahren sicher der beste Weg. Wenn es weiter so gut läuft, müssen wir dieses ganze Thema vielleicht gar nicht anschneiden. Aber ich will unbedingt wissen, wer Ellen das angetan hat.« Er sah Prinz in die Augen.
Der reagierte nicht. Desirée, Ollie und Ingrid kapierten die Botschaft und schwiegen ebenfalls. Andreas steckte die Fotos und die Papiere ein, er und Baginski erhoben sich und gingen.
Nachdem der Porsche losgefahren war, fragte Desirée: »Glaubst du ihm?«
»Baginski? Ich weiß nicht. Es klingt schlüssig, was er sagt.«
»Natürlich, aber ich meinte den schlauen Paten.«
»Das ist die entscheidende Frage«, bemerkte Ingrid.
Prinz wechselte einen Blick mit Ollie. Dann sah er Ingrid an. »Der Punkt ist, dass er nicht den geringsten Grund hat, etwas abzustreiten, für das er mir gleichzeitig gerichtsverwertbare Beweise übergeben hat.«
Ingrid ließ Luft ab und schüttelte den Kopf. »Dann stehen wir wieder ganz am Anfang. Wir haben keine Ahnung, was da eigentlich gelaufen ist. Dass es Baginski doch selber war, will mir einfach nicht in den Kopf. Aber ich glaube diesem schlauen Paten auch.«
Ollie nickte nur.
»Ich auch«, sagte Desirée. »Wir werden uns doch die Familie und die Exmänner vornehmen müssen, aber an die kommen wir nicht ran.«
»Vielleicht doch«, sagte Prinz.
Am nächsten Nachmittag begann der zweite Verhandlungstag, der wieder nur zwei Stunden dauerte, die von der Vernehmung des Angeklagten eingenommen wurden.
Alles lief genauso ab wie vor einer Woche. Desirée und Ingrid saßen in der ersten Reihe, der Autor ganz hinten rechts. Diesmal hatten die Simoneits Karten bekommen, saßen aber auch weit hinten.
Während alle warteten, dass erst die Prozessbeteiligten, dann die Richter hereinkamen, flüsterte Desirée Ingrid zu: »Ollie ist problemlos in den Server der Zulassungsstelle des Landkreises Anhalt-Bitterfeld gekommen, von dem Köthen die Kreisstadt ist. Aber Bratislava scheiterte am Sprachproblem. Niki meint, die slawischen Sprachen seien sich ähnlicher als die germanischen, aber sein Russisch reiche nicht, um sich in einen slowakischen Server zu hacken.«
Ingrid lächelte. »Wie läuft’s denn mit Niki?«
»Na ja. Ich bin froh, dass ich ihn nicht mehr unbedingt ›bei der Stange halten‹ muss, wie er sagte. Aber der Hammer kommt jetzt. Diese Jana, auf die der Wagen gemeldet war, heißt wie ich Müller, dreiundvierzig Jahre alt, und wie ihr ziemlich verzweifelt klingender Mann sagte, ist sie seit fast vier Jahren verschwunden.«
»Verschwunden?«
»Es kam ein Brief von ihr, sie wolle mit einem neuen Mann im Ausland ein neues Leben beginnen, man solle nicht nach ihr suchen, deshalb hat die Polizei gar nicht nach ihr gesucht, aber jetzt würde sich das BKA für den Fall interessieren. Der Mann sagte, sie hätten eine super Ehe geführt, sie hätte ihn niemals verlassen.«
Ingrid seufzte. »Männer merken immer erst, dass etwas nicht stimmt, wenn ihre Frau sich von ihnen trennen will. Wer weiß, wie lange sie schon im Internet unterwegs war.«
»Gar nicht, behauptet ihr Mann.«
»Das wird sie dem nicht auf die Nase gebunden haben.«
Dann ertönte der Gong, alle erhoben sich, als das Gericht hereinkam, und wurden von der
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