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Der schlaue Pate

Der schlaue Pate

Titel: Der schlaue Pate Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Volker Schnell
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bleichen Weißhaarigen. In der nächsten Straße hielt ein zweiter Golf mit Wolfsburger Nummer, wo der schmale Pfad begann, der durch hohe Hecken zu Baginskis Garten führte. In beiden Wagen saß nur der Fahrer. Niemand stieg aus. Drei weitere Männer in Sportjacken tauchten auf. Sie waren alle groß und kräftig, zwischen dreißig und vierzig, die Jacken weit genug, um Waffen zu verbergen, sie schienen manchmal in Kragenmikros zu sprechen. Sie sahen sich sorgfältig um, dann stieg je einer in die beiden Wagen, setzte sich auf den Beifahrersitz. Der dritte postierte sich draußen, wo das Tannenwäldchen begann.
    22.31   Uhr: Ein deutlich älterer Mann in Hut und Mantel, der bullig wirkte, schlenderte unter einem Regenschirm zu dem Pfad. Einmal blickte er kurz hoch, zu dem Sendemast. Er trug eine Sonnenbrille, obwohl es schüttete. Dann lief er den Pfad entlang, stieg die Treppe zu Baginskis Garten hoch, ging durch das Tor über die Wiese zur Tür, die von innen geöffnet wurde. Der Mann klappte den Schirm zusammen und betrat das Haus.
    Ollie drückte auf schnellen Vorlauf.
    23.47   Uhr: Nach über einer Stunde kam er auf demselben Weg wieder hinaus, klappte den Schirm auf, blickte noch mal hoch zum Sendemast, schlenderte aus dem Bild.
    Ollie ließ zurücklaufen und fror das Bild ein, als er nach oben blickte. Ollie ließ die Maus mehrmals klicken, das Bild lief auf einem anderen Monitor weiter, wo die beiden Leibwächter aus dem Wagen stiegen, der aus dem Tannenwäldchen zu ihnen aufschloss, und die beiden Wagen wegfuhren; die Fotos, die Desirée von Simeon Yurewitsch Shnaider oder Yuri Izgilov aufgetrieben hatte, erschienen auf einem dritten Monitor.
    »Meinst du, das ist er?«, fragte Ollie.
    »Er ist es«, sagte Prinz. »Ich weiß es. Wer sonst würde sich von fünf Muskelmännern absichern lassen? Und wir waren beim Essen und haben nichts davon mitgekriegt. Scheiße.« Er sprach leise, wie immer, und ohne Vorwurf. »Ich gäbe sonst was drum, wenn ich wüsste, was die beiden da beredet haben.«
    »Warum haben wir nicht daran gedacht, sein ganzes Haus zu verwanzen?«
    »Er ist unser Klient, nicht unser Verdächtiger. Außerdem habe ich nicht damit gerechnet, dass der schlaue Pate zu ihm kommt. Ich dachte, er würde zu mir kommen.«
    Ollie klickte auf schnellen Vorlauf. Kurz nach Mitternacht schlich sich Baginski über den Garten aus dem Haus. Fünf Minuten später tauchte der Renault Kangoo auf, das Garagentor schwang auf, Baginski setzte den Wagen rückwärts hinein, das Garagentor ging wieder runter.
    Über eine Stunde später, gegen halb zwei, hob sich das Garagentor erneut, der Kangoo fuhr weg, es klappte wieder zu. Ollie klickte, auf einem vierten Monitor konnten sie verfolgen, wohin der Wagen fuhr, den Ollie mit einem   GPS -Positionsmelder versehen hatte.
    »Wo will er denn jetzt hin?«, fragte Prinz. »Er hat mit der Fußfessel doch kaum Bewegungsfreiheit.«
    »Bis jetzt ist er im grünen Bereich.«
    Baginski fuhr auf der Kölnischen Straße zum Hauptbahnhof, runter zur Wolfhager Straße und bog am Holländischen Platz in die Holländische Straße nach Norden.
    »Er will zu uns?«, sagte Prinz.
    »Aber er ist nicht hier gewesen.«
    »Zumindest hat er nicht geklingelt. Er wollte uns erzählen, was für Besuch er bekommen hat, aber er hat es sich anders überlegt.«
    Baginski fuhr in gleichmäßigem Tempo durch die Nordstadt, dann schneller auf der breiten Umgehungsstraße an der Stadt Vellmar vorbei, durch Calden – und hielt in Höhe der Baustelle des Flughafens Kassel-Calden, der im nächsten Jahr eröffnet werden sollte.
    »Das ist dieser neue Kreisel da«, sagte Ollie.
    Der Wagen blieb kaum zwei Minuten stehen. Dann rollte er einmal um den Kreisel herum und fuhr dieselbe Strecke wieder zurück. Um kurz nach zwei schlich sich Baginski, der den Kangoo offenbar wie üblich ein paar Straßen weiter geparkt hatte, wieder in sein Haus.
    »Kapierst du das?«, fragte Ollie. »Warum hat er den Wagen erst in die Garage gefahren? Über eine Stunde lang.«
    »Er muss irgendwas eingeladen haben. Hat ihm der schlaue Pate was gegeben, was er uns bringen wollte?«
    »Der hatte nichts dabei, was so groß ist, dass Baginski es nicht zum Wagen hätte tragen können.«
    Prinz nickte. »Die andere Möglichkeit ist, er hat etwas übergeben. An dem Kreisel. Um die Zeit ist es da völlig finster, keine Häuser in der Nähe außer der Baustelle, Verkehr dürfte es auch keinen gegeben haben. Man ist da unbeobachtet.«
    »Tja.

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